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Internationale Sammler-Zeitung
Nr. 4
ein hübsches von der Gräfin Aug. St. Genois ge
maltes Porträt eines Ritters. Von den Skulpturen
fällt Kassins markante Porträtbüste des Freiherrn von
Lasser auf. Eine aus Holz geschnitzte und bemalte
Heiligenstatue interessiert durch ihre profane Auf
fassung. Alte deutsche und italienische Waffen, eine
wertvolle Kölner Pinte (aus der Zeit des Wieder
aufbaues des Domes), Pokale, schöne Majoliken,
Schnitzereien und eine Sanduhr schmücken die Wände
und Schränke. Ein Nachtlicht (Barock), welches durch
den Ölverbrauch die Stunden anzeigt, ist eine zier
liche Spielerei.
Vom Spielzimmer gelangt man in das größere
Schreibzimmer mit Alkoven, dessen Ausstattung eben
falls im Renaissancestil gehalten ist. Dem Eingänge
gegenüber steht ein umfangreicher weißblauer Ofen
mit symbolischer Darstellung der Monate und alten
Wappenbildern. Ein großer Ulmer Schrank, pracht
voll gearbeitet, birgt die zahlreichen Ehrendiplome
und Sympathiekundgebungen, welche Freiherr von
Lasser während seiner Beamtenlaufbahn zuteil ge
worden sind.
Unter den Bildern fällt die „büßende Magdalena"
von Neugebauer auf. Der Luster des Alkovens
stammt aus dem Jahre 1756 und befand sich früher
wahrscheinlich in dem Würzburger Schlosse. Er be
steht aus Steinbockhorn mit geschnitzten, sinnigen
Jagdszenen und ist mit Bronzeeinlagen, Wappen und
Gehängen verziert. Der Ofen aus Südtirol ist 1718
errichtet worden. Auf ihm steht die „heilige Anna mit
Familie“, eine hervorragend schöne Holzgruppe in
alter Fassung bemalt. In den Quasten einer ver
witterten Fahne sind elektrische Beleuchtungskörper
untergebracht. Bemerkenswert ist die außerordent
liche Sammlung von Zunft Zeichen, die an Decke und
Wänden angebracht ist. Von diesen Objekten, die ein
Spezialstudium erfordern würden, soll nur die Zunft
truhe der Badner Müllerinnung aus dem Jahre 1700
erwähnt werden, die sich früher in Guttenbrunn be
fand.
Wir beschließen den Rundgang in der Bibliothek
Lassers, die von dem Wissensdrang ihres Besitzers
schönstes Zeugnis gibt. Die Weltgeschichte und Volks
kunde sind ebenso reichlich vertreten, wie die Spezial
fächer der Kultur und Kunst. Einen der großen Schränke
füllen ausschließlich Werke über Kostümkunde.
Sand Lucas~Ver Steigerungen in Wien.
Die erste der Versteigerungen, mit der die Galerie
Sanct Lucas in Wien auf den Kunstmarkt tritt, ist für den
4. und 5. März festgesetzt woruen.
Der mit Geschmack ausgestattete Katalog, der nun vor-
liegt, ermöglicht einen Überblick über den Umfang der Ver
steigerung, der man in Sammlerkreisen mit Spannung ent
gegensieht. Statt jedes ruhmredigen Vorwortes ist der Beschrei
bung der Objekte nur die schlichte Beme±kung vo angestellt:
„Die wissenschaftliche Bearbeitung und fachmännische Begut
achtung der Gemälde wdrde von Herrn Dr. Gustav Glück
überprüft, die der Plastik und des Kunstgewerbes vom Diiektor
der Wilczekschen Kunstsammlungen, Herrn Alfred Walcher-
Moltheim, verfaßt."
Sapienti sat! Oder müssen wir wirklich unseren Lesern
erst sagen, welche hohe Achtung in der wissenschaftlichen Welt
dem Urteile des Direktors der Gemäldegalerie des ehemaligen
Kaiseihauses Dr. Glück entgegen gebracht wird, wie Direktor
Walchcr, der Verfasser des bekannten Werkes „Die Hafner
keramik des 17. und 18. Jahrhunderts" und der Beiater des
Grafen Wilczek in allen Kunstfiagen geschätzt wird. Wii
glauben, das eiübrigt sich und wollen nun auf den Katalog
näher eingehen, der sich in zwei Abteilungen gliedert.
Die erste Abteilung, Gemälde alter und neuerer
Meister umfassend, beginnt mit zwei Bildein Altomontes
„Anbetung der heiligen drei Könige“ und „Drei Heilige zu
Füßen des Kruzifixes", die zu den besten dieses Künstlers ge
hören. Ein wirkungsvolles Gemälde aus der Richtung des
Dominichirio ist der „Heilige Hieronymus ‘ (Nr. 8). Dr. Theo
dor Frimmel weist dieses Bild übiigens Gerard Honthorst
zu. Die „Bekehrung Paul “ (Nr. 12) bezeichnet Direktor Glück
als eine eigenhändige Komposition Calvaerts, genannt
Flammingo, des seltenen, in Italien tätig gewesenen Meisters.
Auf den Garofalo und Cranach haben wir bereits in der
voiigen Nummer hingewiesen; Dr. Glück hat dei Feststellung
der Echtheit nichts beizufügen. Von Jakob van der Do es
rührt die „Reitende Hirtin“ her, von Drochsloot stammen
die „Kegelspielenden Bauern". Eine „Doifstiaße mit spielen
den Bauern“ (Nr. 74) wurde früher Drochsloot zugeschrieben,
doch zeigt das Bild im Landschaftlichen wie im figuralen Teil
die Hand Klaes M.olenaers. Eine Waldlandschaft mit einem
„Jäger im Vordergründe" (Nr. 70) weist auf Jan Lievens hin,
was uns umso bemerkenswerter erscheint, als bisher ein ein
ziges Landscbaftsbild dieses Künstlers sichergestellt ist. Es
befindet sich im Berliner Museum, Der Frühzeit des Luca
Giordano sehr nahe steht der „Archimedes von den Kriegern
gestört" (Nr. 49). Die Gebirgslandschaft (Nr. 93) glaubt
Dr. Glück dem Roland Roghman zuschreiben zu können,
während Hofsteede de Groot,wie Glück gewissenhaft bemerkt,
sie für ein Werk Jan Lootens hält, was auch keine schlechte
Marke wäre. Eine der letzten Arbeiten Francesco Casanovas
ist in der staffierten „Landschaft mit der Burg am Meere" zu
sehen; Gonzalo Coques wieder ist durch ein Bild repräsentiert,
das den Zorn symbolisiert. Man geht wohl kaum fehl, wenn
man das ausdrucksvolle Bild in die Folge der „Sieben Tod
sünden" einreiht, die ähnlich der Serie ßer „Fünf Sinne"
(in der Londoner Nationalgalerie) zu denken wäre. Der
Kremser-Schmidt ist mit einei der bewegtesten Profan
kompositionen veitreten, der „Ermoidung Juliu., Casars", die
er 1789 ausgefühlt hat. Von Johann Alexander Thiele finden
wir zwei reizende kleine Landschaften, von der Mannheimer
Hofmalerin Katharina Treu ein selten schönes Frachtstück.
Beim Waldmüller lüftet der Katalog ein wenig das
Inkognito der porträtierten Dame. Bildnis der Gräfin A. K.
heißt es da. Wer seinen Waldmüller kennt, wird sich den
Namen leicht 1 ergänzen. Es ist Gräfin Anna Kinsky, geborene
Gräfin Zichy. In den „Schwestern“ Hans Makarts werden
die Wiener auf dexi ersten Blick die einst gefeierten Fräulein
von Klinkosch erkennen, von denen die eine jetzt als Prin
zessin Hanna von und zu Liechtenstein in dei Gesellschaft
bekannt ist.
Den Gemälden reihen sich einige Miniaturen an, da
runter ein prächtiger Daffinger.
Der zweite Teil der Sammlung, den Direktor Walcher
expeitisiert hat, enthält eine Reihe hervorragender Bild
werke aus Holz und Ton, Bronzen und andere Metall
arbeiten, Keramik und Mobilar. Hervorheben möchten
wir besonders eine voizügliche, vermutlich von einem ferare-
sischen Meister beeinflußte österreichische Holzplastik des
16. Jahrhunderts, einen stehenden Engel darstellend (Nr. 126),
eine Bleiplakette Heinrichs IV. von Frankreich und seiner
Gemahlin Maria von der Meisterhand Dupres und eine Büste
aus gebranntem Ton aus der Werkstatt des Andrea dei
Verrochio- Ein Kunstwerk par excellence ist eine Tischuhr,
die die Stadt Lyon dem ersten Napoleon anläßlich dei Geburt