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Internationale Sammler-Zeitung.
Nr. 10
Tinte geschrieben, wie sie mir in Lutherautographen
häufig auffiel, überhaupt war das Ensemble so täuschend,
dass selbst gewiegte Kenner unter den Archivvorständen
und Bibliotheksdirektoren für die Echtheit der Stücke
eintraten. Und dennoch stellten sie sich schliesslich als
(allerdings sehr geschickte) Fälschungen eines gewissen
Kyrieleis heraus.
Noch eine Abart von Fälschungen darf ich nicht
unerwähnt lassen, die der Herkunft. Ein Buch, das
aus der Bibliothek Fran z'I. von Frankreich, vorf Gro-
lier, Maioli, von Marie Antoinette oder aus der
Sammlung einer anderen weltberühmten Persönlichkeit
herrührt, ist natürlich viel wertvoller und kostbarer als
ein Exemplar des gleichen Werkes von unbekannter
Provenienz. Nur einen Fall will ich hier anführen, da
ich bei Behandlung der Bucheinbände ohnedies noch
einmal auf die Sache zurückkommen muss.
ln der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erschien
von dem gelehrten Mailänder Antiquar Luigi Arrigoni
eine interessante Abhandlung über etwa 25, meist aus
dem 13. und 14. Jahrhundert stammende Handschriften
aus der Bibliothek Petrarcas. Alle diese Codices ent
hielten ein etwa aus dem Ende des 16. Jahrhunderts
stammendes Exlibris, das besagte, dass das Buch aus
der Bibliothek des grossen Italieners stamme. Nach ein
gehender Untersuchung stellte es sich jedoch heraus,
dass die Handschriften selbst zwar alle tadellos echt
waren, dass dagegen die Herkunft aus dem Besitze
Petrarcas nicht nachzuweisen war.
Fälschungen gedruckter Bücher sind schon ihres
Umfangs halber glücklicherweise viel seltener. Doch
sind Werkelten kleineren Umfangs, wie der berühmte
spanische Kolumbusbrief, sowie die lateinische Aus
gabe desselben Büchleins vom Jahre 1493 und andere
kleine Kostbarkeiten geschickt gefälscht worden.
Nicht unterlassen will ich, auf eine andere Täu
schung aufmerksam zu machen. Es sind mir Bücher
vorgekommen, an denen ganze Bogen gefehlt haben.
Später traf ich dieselben Exemplare, angeblich komplett.
Nach genauer Untersuchung stellte sich heraus, dass
die einst gefehlten Bogen zwar die Kustoden der De
fekte trugen, aber aus ganz anderen Büchern, allerdings
mit denselben oder ganz ähnlichen Lettern hergestellt,
stammten.
Auch beim Ankauf von Holzschnittbüchern
muss man die Augen hübsch offen halten. Schlechte
Abdrücke der Holzschnitte wurden nicht selten mit der
Feder nachgezogen und so aufgefrischt, dass sie das
Aussehen der ersten Abdrücke bekommen sollten.
Zum Schluss sei mir gestattet, noch einiges über
Kunst-Bucheinbände zu sagen.
Dieselben scheinen für Fälscher von jeher einen
ganz besonderen Reiz ausgeübt zu haben, denn die
Fälschungen oder „Umarbeitungen“ sind überaus zahl
reich.
Die herrlichen Arbeiten von fast anderthalbtausend
Jahren in Metall, Elfenbein, Leder, Stickerei usw., die
wir in öffentlichen Bibliotheken und Museen so sehr
bewundern, boten den Nachahmern willkommene Muster.
Bei ganz frühen Einbänden fand ich häufig echte
Stücke, z. B. ein Stück Elfenbein als Mittelstück, während
die Zutaten alle oder zum Teile gefälscht waren, oder
umgekehrt das Mittelstück aus Metall oder Elfenbein
stammte von ca. 1840, während die Zutaten echt waren.
Selbst in Museen und Bibliotheken sind durchaus tadel
lose Stücke aus so früher Zeit recht selten.
Die neuzeitlichen Nachahmungen und Fälschungen
von Einbänden dürften in den Siebzigerjahren des
XIX. Jahrhunderts mit besonderer Wucht eingesetzt haben.
Der grosse Pariser Sammler M. A. Firmin-Didot
Hess in dieser Zeit durch seinen Buchbinder Hague
eine Menge Werke nach alten Mustern binden, die
heute noch zuweilen auf den Markt kommen. Obschon
es sich hier nicht um eigentliche Fälschungen handelt,
wollte ich trotzdem davon sprechen, um beim Vor
kommen die Herren Kollegen zur Vorsicht zu mahnen.
Das Hauptfälschernest zu Beginn der achtziger
Jahre des vorigen Jahrhunderts befand sich in Bologna.
Etwa 1883, also zu einer Zeit, zu der man in Deutsch
land noch wenig von gefälschten Bucheinbänden wusste,
brachte ein Bologneser Antiquar eine Auswahl hervor
ragender Stücke zum Verkauf nach München. Sie stamm
ten meist aus illustrem Besitze: Maioli, Grober, Cane-
vari, Francois 1., Frangois II., Henri II., Diane de Poitiers
usw. usw. Selbstverständlich hat schon die grosse
Menge misstrauisch gemacht und ich habe deshalb nur
ein einziges Stück, und zwar des Inhalts wegen erwor
ben, nämlich einen Maioli, der das berühmte Vene
zianer Holzschnittbuch, den Poliphil, enthielt. Im Gegen
satz zu Hague, der den ganzen Einband mit neuem
Material herstcllte, benützten die Bologneser nur echte,
alte Einbände, die von ihnen alsdann mit Wappen,
Devisen, Initialen usw. versehen wurden. Es liegt mir
zufällig solch ein Stück vor, das mit dem französischen
Wappen, den fleurs de lys, den Initialen HH und DD,
sowie mit den Croissants der Diane de Poitiers ver
sehen wurde. Für das geübte Auge ist es nicht allzu
schwer, die Zutaten, trotz des Raffinements, mit dem sie
angebracht wurden, zu erkennen. Für solche Herren
jedoch, die sich nur wenig mit dieser Materie beschäf
tigen, ist die Gefahr der Täuschung eine ausserordent
lich grosse.
Ein distinguierter Pariser Sammler zeigte mir vor
etwa 20 Jahren triumphierend seine neueste Erwerbung,
einen gemalten Sienesischen Einband. Auf meine Be
merkung. daß ich in der letzten Zeit öfter solche an
getroffen hätte, die ich jedoch sämtlich für Imitation
hielte, antwortete mir mein Klient, daß diese alle falsch
sein könnten, der seinige sei aber sicher echt. Nach
einigen Monaten mußte er jedoch zugeben, daß auch
er bitter getäuscht worden ist.
Vor dem Kriege fand ich, besonders in Paris, nicht
selten Maroquinbände und Lederkästchen mit dem
Wappen der Marie Antoinette. Diesen muß man
gleichfalls sehr skeptisch gegenüberstehen, da auch hier
die Wappen später angebracht wurden.
Sehr wünschenswert wäre es, wenn andere Kollegen
ihr diesbezügliches Wissen und ihre Erfahrungen in
unserer Zeitschrift bekanntgeben würden, damit wir
möglichst viel von den Schlichen und Praktiken der
Zunft der Fälscher erfahren und uns dadurch vor
Schaden möglichst bewahren können.
ÜKoovers SKriegsßidfiotfiek.
Wenn irgendjemand eine Geschichte des Welt
krieges schreiben will* so muss er auch eine zeitlang
die Sammlung von Büchern, Flugschriften und Doku
menten benützen, die Herbert H o o v e r der Leland
Stanford-Universität, an der er 1895 graduiert wurde,
zum Geschenk gemacht hat.
Ueber diese Sammlung schreibt man uns aus New
York: Es handelt sich um eine der grössten Biblio
theken der Welt über den grossen Krieg, die sich dem
königlich britischen Kriegsmuseum in London und der
Leblanc-Sammlung in Paris würdig an die Seite stellen
kann. Sie enthält 70.000 bis 80.000 Einzelstücke aus