MAK
Zentraiblatt für Sammler, Liebhaber und Kunstfreunde, 
Herausgeber: Norbert Ehrlich. 
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14. Jahrgang. Wien, 1. November 1922. Nr. 17. 
2)ze "Dußfetten der fMfßertina. 
Ein mit verschwenderischer Pracht ausgestatteter 
Katalog gewährt einen Ueberblick über die Partie aus 
den Dubletten der Wiener Albertina, die in den näch 
sten Tagen bei C. G. Boerner in Leipzig zur Ver 
steigerung gelangt. Es ist eine ganz ungewöhnlich reich 
haltige Kollektion, die durch das Zusammenlegen zweier 
Sammlungen entstanden ist, von denen jede Weltgeltung 
besass. 
Nach dem Umsturz verfügte nämlich der öster 
reichische Staat, wie Professor Alfred Stix in dem Vor 
wort des Näheren ausführt, über zwei grosse graphische 
Sammlungen — die Kupferstich-Sammlung der ehe 
maligen Hofbibliothek mit einem Bestände von ungefähr 
500.000 Blättern und die ehemalige erzherzogliche Kunst 
sammlung Albertina, welche ausser ihrem berühmten 
Stock an Zeichnungen ungefähr 300.000 graphische 
Blätter enthielt, die ebenso wie bei der Hofsammlung 
in eine geschlossene, historische Sammlung formuliert 
waren, und die ausserordentlich reich an Seltenheiten 
ist. Da es für den österreichischen Staat zwecklos und 
unmöglich war, .zwei derartige Sammlungen nebenein 
ander bestehen zu lassen, so wurden beide zusammen 
gelegt, worauf eine graphische Sammlung von einer 
Vollständigkeit erzielt wurde, wie sie kaum sonst noch 
zu finden sein dürfte. 
Die Wurzeln beider alten Kabinette reichen weit 
ins 18. Jahrhundert zurück. Es war das Kabinett des 
Prinzen Eugen von Savoyen, das der grosse Kunst 
freund sich durch den französischen Händler und 
Sammler M a r i e 11 e zusammenstellen Hess und das 
Kaiser Karl VI. erwarb und seiner Hofbibliothek zuwies. 
Die Blätter des früheren 18. Jahrhunderts, soweit sie, 
was meist der Fall ist, aus der alten Hofbibliothek her 
rühren, stammen noch durchwegs aus der alten Eugen- 
schen Sammlung. Ein zweiter grosser Schub von An 
käufen erfolgte gegen das Ende des 18. Jahrhunderts 
durch den damaligen Leiter der Sammlung, Adam von 
Bartsch, der auf einer Reise, die er 1783 nach Paris 
unternommen hat, und späterhin auf Grund der damals 
angeknüpften Verbindungen alles, was seit -dem Tode 
des Prinzen Eugen in Frankreich geschaffen worden 
war und von Bedeutung erschien, anschaffte. Bartsch 
hat von fast allen französischen Händlern, auch von 
Privaten und in Auktionen gekauft, am meisten jedoch 
von B a s a n, von dem eine ganze Reihe kompletter 
Werke verschiedener französischer Werke herrühren. 
Die Zeit, in der dies geschah, nämlich die letzten zwei 
Jahrzehnte des 18. Jahrhunderts, bedeuteten für Wien 
eine Hochblüte graphischer Sammeltätigkeit. Eine ganze 
Reihe von aristokratischen Amateuren, wie der Fürst 
Liechtenstein, die Grafen Paar, Fries und andere 
stellten damals ihre Kabinette zusammen. Unter diesen 
befand sich auch der Schwiegersohn Maria Theresias, 
der Herzog Al brecht von Sachsen-Teschen, der für 
eine intensive Sammeltätigkeit die nötigen Voraus 
setzungen besass: Enthusiasmus, Geschmack, Kenntnisse 
und nicht am wenigsten ausserordentlich reiche Mittel, 
die er mit der Zeit in immer steigendem Masse zu 
gunsten der Albertina verausgabte. Auch Herzog Albrecht 
hat seine Blätter von den besten Quellen erworben. Er 
war lange Zeit Statthalter der Niederlande und hat 
dadurch Gelegenheit gehabt, auf dem Pariser Kunst 
markt fortwährend das Beste zu entnehmen. Da die 
deutsche Hocharistokratie damals ihrer Geschmacks 
richtung nach vollständig französisch orientiert war, so 
kam eine wundervoll ausgewählte Kollektion gerade 
auch der Meister des 18. Jahrhunderts zustande, zu der 
hier, wie auch in der Hofbibliothek, später nur ganz 
weniges hinzugefügt zu werden brauchte, so dass auch 
fast alle Dubletten aus den Ankäufen jener Zeit stammen. 
Obwohl bei der Auswahl alle Verschiedenheiten zugun 
sten der Sammlung zurückbehalten worden sind, so ist 
doch eine so reiche und mannigfaltige Kollektion' zu 
standegekommen, wie sie nur ganz selten in den Handel 
gelangt. 
Gilles Demarteau ist fast mit seinem ganzen 
Oeuvre vertreten. Desgleichen finden wir die ganze 
Serie- der berühmten Blätter nach Watteau und 
Boucher, Chardin, Fragonard und Greuze. Durch 
Prachtblätter sind weiters repräsentiert: B a r t o 1 o z z i 
(2 Bl. Vertumne and Pomone) und (Zephire and Flore), 
Baudouin (La couchd de la Mariee), Beauvarlet, Ber 
thault, Michel Dossier, Claude und Pierre Drevet, Dupuis. 
Gaspard Francois Edelinck, Huet, Janinet, Nicolas Lan- 
cret (4 Bl. Die Elemente), Liotard, Marelnay de Ghuy, 
Moreau le Jeune, Nattier, J. B. M. Pierre, Hyancinthe 
Rigaud, Israel Silvestre, Simoneau, Cornelis Martin Ver- 
meulen, Johann Georg Wille und viele andere. 
An die Versteigerung der Dubletten schliesst sich 
die Auktion einer Sammlung kostbarer Aquarelle von 
Rudolf Alt, die aus nicht näher bezeichnetem fürst 
lichem Besitze stammt.
	        
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