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Internationale Sammler-Zeitung
Nr. 17
ausgerufen werden muß. Beides ist unzweckmäßig und
steht mit den Usancen der Versteigerungen im Auslande
in vollstem Widerspruch. Man kann dem Besitzer hoch
wertiger Kunstwerke unmöglich zumuten, daß er dieselben
um jeden Preis abgibt, da ja infolge von Zufällen
— beispielsweise politischen Unruhen am Tage der
Versteigerung — der beste Gegenstand weit unter
seinem wahren Werte verkauft werden könnte. Es bliebe
daher auch nichts anderes übrig, als den Ausrufpreis
dem Werte des Gegenstandes anzupassen. Dies wider
spricht aber dem Wesen der Auktion, denn das psycho
logische Moment, welches den Erfolg ausmacht, besteht
darin, daß jeder Kauflustige zum Bieten animiert wird,
wenn er sieht, daß auch andere den Gegenstand be
gehren. Das System der Ausrufpreise existiert nirgends
im Auslande. Das einzige Auktionshaus der Welt, welches
jahrelang trotz der schlechtesten Erfahrungen mit Ausrufs
preisen arbeitete, war das Dorotheum in Wien, welches
übrigens auch schon vor etlichen Jahren von diesem System
abgekommen ist. Das Dorotheum bildete ein lebendiges
Beispiel für die Unzweckmäßigkeit der Ausrufspreise. Es
bildete geradezu die Regel, daß ein Gegenstand, der
beispielsweise mit K 1000.— ausgerufen wurde und ohne
Angebot zurückging, bei der sogenannten Relizitation, bei
welcher mit jedem aus dem Publikum erfolgenden Angebot
begonnen wurde, einige Tausend Kronen erzielte. Aber bei
uns wird man durch Schaden nicht klug. Die beabsichtigte
Beschränkung bedeutet nicht nur eine Schädigung des
versteigernden Publikums und der Auktionatoren, son
dern auch des Staates, respektive der Gemeinde, welchen
auf diese Weise gewaltige Beträge entgehen, auch macht
eine derartige Bestimmung das Versteigern wirklich
hochwertiger Gegenstände unmöglich.
Am schönsten ist jedoch der § 12: „Aufträge für
Käufe dürfen durch den Versteigerer nicht übernommen
werden. Hiezu sind nur jene Personen befugt, die sich
mit einer behördlichen Bewilligung ausweisen können.“
Daß man dem Auktionator verbieten will, Kaufaufträge
entgegenzunehmen, ist wohl das Unsinnigste, was büro
kratische Unkenntnis hervorgebracht hat. An wenn soll
sich nach Ansicht des Verfassers dieser Verordnung
der ausländische Sammler oder Händler wenden, der
laut Katalog einen Gegenstand erwerben will? In strenger
Befolgung dieses Punktes dürfte ein Käufer sich nicht
einmal durch seinen Bruder oder seine Gattin bei einer
Auktion vertreten lassen, da letztere „hiezu nicht befugt
sind und sich mit keiner behördlichen Bewilligung aus-
weisen können.“ Ueberhaupt bedeutet dieser Paragraph
eine Aenderung des bürgerlichen Gesetzbuches, da er
den Kreis jener Personen einschränkt, welche berech
tigt sind, bei einer öffentlichen Auktion mitzubieten.
Diese Blütenauslese dürfte genügen. Sie beweist
deutlich, wie zwecklos und schädlich es ist, wenn Be
hörden sich in Angelegenheiten mischen, die rein privat
rechtlicher Natur sind und infolge ihrer Verschieden
artigkeit nur von Fall zu Fall durch Verträge geregelt
werden können. Weder das Publikum noch die Aukti
onatoren brauchen eine Bevormundung — ähnliches
existiert auch nirgends im Auslande. Es wäre hoch an
der Zeit, daß bei der Ausarbeitung derartiger Verord
nungen Vertreter der betreffenden Interessentenkreise
herangezogen würden, welche die nötigen Aufklärungen
geben könnten. Aber trotz zahlreicher, gegenteiliger
Erfahrungen hält man sich bei uns noch immer an das
alte Sprichwort: „Wem Gott ein Amt gibt, dem gibt
er auch den Verstand.“
£rfös: Gießer eine JTlittiarde.
915.874.000 Kr., beziehungsweise mit dem 25°/ 0 -
igen Aufschläge 1.144,842.000 Kronen, das ist das Er
gebnis der Versteigerung der Sammlungen Julius
Reich und Karl Otto Lederer, welche die Kunst
auktionsfirma C. J. Wawra vom 7.—11. November im
Wiener Künstlerhause durchführte. Eine Milliarde ist
trotz aller Geldentwertung ein imponierender Erlös und
geeignet, die Klagen ad absurdum zu führen, die über
die Stagnation auf dem Wiener Kunstmarkt angestimmt
werden. Gewiss spielt das Gesetz von Ebbe und Flut
auch im Kunsthandel eine Rolle, aber meist ist die
Stagnation mehr auf den Mangel an Qualitätsware, als
auf Geldknappheit zurückzuführen. Man sieht, kaum,
daß zwei gut akkreditierte Sammlungen auf dem Markte
erscheinen, weicht die Stagnation zurück: Kauflustige
drängen sich im Auktionssaal und die Preise erklim
men Höhen, die man nicht für möglich gehalten
hätte. Man denke nur, ein Robert Russ erzielt 20
Millionen, ein Marak 1372 Millionen, ein Schrödl
14 Millionen, von Egger—Lienz nicht zu jeden, für
dessen „Mittagmahl“ 23 Millionen gezahlt wurden. Am
ersten und zweiten Versteigerungstage, wo die Bilder
der Sammlung Reich ausgeboten wurden, dann wieder
am letzten Tage, an dem die Sammlung Lederer an
die Reihe kam, war der Andrang so gross, dass der
geräumige Saal die Besucher nicht zu fassen vermochte
und viele schweren Herzens abziehen mussten. Fremde
waren diesmal wenig zu sehen, doch boten Wiener
Kunsthändler im Aufträge ihrer auswärtigen Kunden
eifrig mit. Wie viele von den Bildern in Wien bleiben,
wie viele ins Ausland wandern, lässt sich daher schwer
sagen. Wie wir hören, gehen einige efer hochbewerteten
Marakbilder nach der Czechoslovakai; ebenso soll der
Brozik, den ein Münchener Kunsthändler erstand, für
einen Prager Sammler bestimmt sein. Erfreulich war,
dass auch unsere Kunstinstitute in Aktion traten. Die
Staatsgalerie sicherte sich das Bildnis des Miniaturen
malers Robert Theer von Amerling, die Albertina be
reicherte ihre Sammlungen durch einige Studienblätter
von P. Fendi.
%
Nachstehend die Ergebnisse der Auktion Reich:
Gemälde moderner und alter Meister.
Nr. 1 Abtshofen, Die Zecher K 700.000, Nr. 2 Aigner,
DSr Gelehrte K 700.000. Nr. 3 Rudolf von A11, Inneres der
Stephanskirche K 2,000.000. Nr. 4 Derselbe, Bei Innsbruck
K 3,600.000. Nr.5 Amerling, Robert Theer Kl 4,200.000. Nr. 5
Ders., Fuhrwerker Franz üuschelbauer K 8,100.000. Nr. 7Dcrs.,
Bildhauer Prof. Barrye K 5,700 000. Nr. 8 A p p i a n i, Graf
Armaroli K 500.000. Nr. 9 Barabas, Ungar. Leibtrabanten-
Offizier K 1,100.000. Nr. 10 Bartels, Kartoffelschälerin
K 3,000.000. Nr. 11 Belgisch um 1870, Schafe K 2,500.000. Nr. 12
Benesch, Donauau K 700.000. Nr. 14 Tina Blau, Aus Volen-
dam K 2,300.000. Nr. 15 Dies., Partie aus der Krieau K 4,000.000.
Nr. 16 Brozik, Im Garten K 11,400.000. Nr. 17 Th. Bruckner,
Im Winter K 250.000. Nr. 18 Leop. Burger, Der Frühling
K 240.000. Nr. 19 Ders., Die drei Lebensalter K 250.000. Nr. 20
Cajetan (Dr. Eifinger), Wahn und Wahrheit K 110.000.
Nr. 20 a Campion, Irischer Hochzeitszug K 1,000.000. Nr. 21
Canon, Schriftsteller Joh. Nordmann K 11,000.000. Nr. 22
Chalon, Herrenporträt K 2,800.000. Nr. 23 Ders, Damenpor
trät K 300.000. Nr. 24 Hugo Charlemont, In der Gärtnerei
K 1,600.000. Nr. 25 Charlet, Invalidcnoffizier K 450.000.
Nr. 25 Hugo Cordignano, Ein Altsteirer K 400.000. Nr. 27
Louis C o r i n t h, Selbstporträt K 17,000.000. Nr. 20 D a n-
h aus er, Trauliche Stunde K 3,000.000, Nr. 29 Ders., Porträt
eines Piaristenpriesters K 5,200.000. Nr. 30 Ders., Studienkopf
K 840.000. Nr. 31 Ders., Vision K 580.000. Nr. 32 Ders., Zwei
männliche Studienköpfe K 600.000. Nr. 33 Ders., Kompositions-
Skizze K 380.000. Nr. 34 Ders., Kopf der jüngeren Tochter und
Nr. 35 Kopf der älteren Tochter des Künstlers K 1,300.000.
Nr. 36 Ders., Die Gratulanten K 7,000.000. Nr. 37 Danhauser
zugeschr., Herrnporträt K 820.000. Nr. 38 Decker, Eugene
Scribe K 620.000. Nr. 39 D i e r, Platz in Sevilla K 2,800.000.
Nr, 40 Ders.-, Das Konzert K 5,100,000. Nr. 41 Ders., 6 Blatt,