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Internationale Sammler-Zeitung
Nr. 17
BILDER.
(Ein unbekannter Dürer?) Nach der „Wiener
Sonn- und Montags-Zeitung“ hat die österreichische Staatsgaleris
ein prachtvolles Gemälde von Albrecht Dürer erworben. Es ist
A. D. signiert und trägt die Jahreszahl 1508, ein Jahr, von dem
man bisher annahm, daß darin kein Werk Dürers entstanden ist.
Derzeit wird das Bild restauriert, um demnächst der Oeffent-
lichkeit zugänglich gemacht zu werden.
(Die b e i d e n L i o n a r d o s.) Ein interessantes Kunst
problem ist in Paris aufgetaucht. Dort hängt im Louvre eines
der berühmtesten Bilder Lionardo da Vincis, „La belle Ferro-
ni£re“. Auf einmal hat sich nun eine Mrs. Hahn gemeldet, die
behauptet, s i e hätte bei sich in Kansas City das Original
des Mcisterbildes. Mr. Hahn ist die Frau eines amerikanischen
Offiziers, aber eine geborene Französin, die Tochter des Marquis
de Chambure, und nach deren Angaben ist das Bild seit 150 Jahren
in ihrer Familie gewesen. Sie wollte es unlängst dem Museum
von Kansas City verkaufen, und ein englischer Kunstgelehrter,
Sir Joseph Duveen, als Experte befragt, sprach sich gegen
die Echtheit des Bildes aus. Frau Hahn hat ihn nun, da der
Verkauf nicht zustande kam, auf Schadenersatz geklagt; sie will
von ihm eine halbe Million Franken haben. Um den Beweis für
die Echtheit des Bildes zu führen, wird sie es im September
nach Paris bringen; dort soll es neben das Bild im Louvre
gehängt werden, und die besten Kunstsachverständigen sollen
entscheiden, welches von beiden das Original ist, oder ob
vielleicht Lionardo, der auch die „Gioconda“ und andere Bilder
je zweimal gemalt hat, selbst beide schuf.
NUMISMATIK.
(Notgeld.) Der infolge der Geldentwertung eingetretene
Mangel an Zahlungsmitteln hat eine wahre Hochflut von Not
geldscheinen in Deutschland hervorgerufen. Den Anfang machte
die von den Franzosen besetzte Stadt Essen im Ruhrgebiet,
es folgten dann andere Städte im besetzten Gebiete und nun
auch eine Reihe von Städten in den unbesetzten Teilen Deutsch
lands. Wir werden in einer der nächsten Nummern eine Zu
sammenstellung der Orte bringen, die Notgeld ausgegeben haben.
(Münzfund.) Bei Arbeiten zu einem Neubaue in Sankt
Pölten wurde ein Topf gefunden, der 1364 Pfennige, meist
österreichischer Herkunft, aus der ersten Hälfte des 13. Jahr
hunderts enthielt. Der Fund wurde der Bundessammlung von
Medaillen, modernen Münzen und Geldzeichen übergeben.
(Eine neue Goethe-Gedenkmünze.) Die Stadt
Pößneck in Thüringen begeht am 8. und 9. September eine
Goethe-Gedenkfeier, da der Dichter diese Stadt öfters auf seinen
Reisen nach den böhmischen Ländern berührte und es heuer
gerade hundert Jahre sind, daß er zum letztenmale in ihr weilte.
Aus diesem Anlasse hat Seffner eine Goethe-Gedenkmünze
geschaffen, deren Avers Goethe im Profil zeigt. Die Reversseite
enthält Goethes Verse aus dem Monolog der Epimellia in
„Pandora“:
„Ach! Warum ihr Götter ist unendlich
Alles, alles, endlich unser Glück nur!“
PHILATELIE.
(Neuheiten.) Aus Anlaß der Postgebührenerhöhung in
Oesterreich werden neue Briefmarken zu 1000, 1200, 1600, 2000,
3000 und 5000 Kronen ausgegeben. Die neuen Briefmarken zu
1000,1200, 1600 und 2000 Kronen, mit dem Markenbilde „Hammer
und Zange“, werden in Buchdruck, die Marken zu 3000 und 5000
Kronen, mit dem Markenbilde „Kunst und Wissenschaft“, in
Kupferdruck hergestellt.
VERSCHIEDENES.
(Reichskanzler Dr. Stresemann als Sammler.) Der
neue deutsche Reichskanzler Dr. S t r e s e m a n n ist ein passi
onierter Sammler. Sein Spezialgebiet sind Napoleonica. Er
sammelte seit vielen Jahren alles auf den ersten Napoleon
Bezügliche und hat bereits eine ganz ansehnliche Napoleon-
Sammlung zusammengebracht. Man sieht ihn häufig bei Auk
tionen, an denen er sich lebhaft beteiligt. Erst jüngst hat er
bei der Henrici-Versteigerung mehrere Napoleon-Autographen
erworben.
(Ausstellung deutscher Künstler in Wien.)
Die Galerie Flechtheim in Berlin hat mit der Kunsthand
lung W ü r t h 1 e & Sohn Nachf. in Wien ein Uebereinkommen
getroffen, wonach diese ihre Vertretung und die ihrer Künstler
für Oesterreich übernimmt. Geplant sind Ausstellungen deutscher
Künstler in Wien. Den Anfang wird schon im September eine
Ausstellung von Werken Karl Hofers machen, der sich später
Ausstellungen von Werken Rudolf L e d y s, Georges Groß,
von Nauen u. a. anschließen werden.
(Die Metzer Bürgermeisterkette gestohlen.)
Im Historischen Museum in Metz wurde eine Vitrine erbroehen
KunstliiillBiiB Geore o. Henniiiin Fromne, Wien I.
Stallburggasse Nr. 2. Fernruf-Stelle; 78.035.
&Bmälde moderner Meister (18. u. 18.1)
Angebote aus Privatbesitz erbeten.
und daraus jene Kette gestohlen, die W i 1 h e 1 m II. seinerzeit
den Metzer Bürgermeistern geschenkt hat. Bis jetzt fehlt von
dem Diebe jede Spur, doch darf angenommen werden, daß es
sich, da die Kette selbst einen nicht sehr erheblichen Metall
wert besitzt, um einen jener Amateurdiebe handelt, wie sie dan
und wann Museen heimsuchen, um für die eigene Sammlung
wertvolle und seltene Stücke zu „erwerben“.
(Schwarz-Weiß-Ausstellung der Berliner
Akademie der Künste.) Die Akademie der Künste in
Berlin veranstaltet im Herbst in ihren Räumen am Pariser Platz
eine Schwarz-Weiß-Ausstellung, für die außer den Arbeiten der
Mitglieder der Akademie freie Einsendungen Berliner Künstler
zugelassen werden. Aufgenommen werden: Graphik jeder Art,
Zeichnungen, Aquarelle, Gouachen und Pastelle sowie Werke
der Kleinplastik, Medaillen und Plaketten.
(Hans von M ar ö e s-A u s s t e 11 u n g.) Aus München
wird uns geschrieben: Eine große Hans von Marees-
Ausstellung, seit langem vorbereitet, wurde am 16. August in
der Modernen Galerie Thannhauser eröffnet. Die
Galerie Thannhauser hat weder die erheblichen Schwierigkeiten
noch die dafür erforderlichen Aufwendungen gescheut, um diese
für das Kunstleben überaus bedeutsame Veranstaltung zustande
zu bringen. Es ist ihr gelungen, rund 30 Gemälde und 50
Zeichnungen in dieser Ausstellung zu vereinigen, wodurch sich
die seltene Gelegenheit zur Besichtigung einer größeren Anzahl
bedeutender, sonst nicht zugänglicher Werke bietet.
(Die Galerie Hans Goltz) bereitet für den Monat
September eine Ausstellung von H. M. Pechstein vor, welche
über 50 Gemälde aus den Jahren 1910—1921 und eine große
Anzahl von Aquarellen, Zeichnungen u. Graphik enthalten wird.
(Goya vor der Inquisition.) Aus dem Nachlaß des
großen spanischen Malers und Radierers Goya y Lucientes
sind kürzlich einige unbekannte Schriftstücke ans Licht ge
kommen, die den kühnen Schöpfer der „Proverbios“ in einem
Konflikt mit der gefürchteten spanischen Inquisition zeigen. Aus
den Papieren geht hervor, daß am 5. November 1814 auf Grund
einer geheimen Untersuchung durch das heilige Tribunal die
Strafverfolgung Goyas beantragt wurde, und zwar boten den
Anlaß zwei der berühmtesten Bilder des Meisters, die bekleidete
und die unbekleidete Maja, Porträts einer schönen Spanierin,
die man unter den höchsten Damen des Madrider Hofes suchte.
Diese Bilder werden als „unmoralische und verabscheuungs
würdige Werke“ bezeichnet. Tatsächlich aber scheint die Inqui
sition weniger diese beiden Gemälde im Auge gehabt zu haben,
in denen Frauenschönheit mit verführerischer Kraft dargestellt
ist; vielmehr wollte man den Satiriker und Revolutionär Goya
treffen, dessen grosse Radierungsfolgen eine flammende An
klage gegen die kirchlichen, politischen und sozialen Ver
hältnisse seiner Epoche bilden. Am 16. März 1815 erhielt Goya
die Vorladung des Inquisitionsgerichtes, persönlich vor dem
Tribunal zu erscheinen und zu erklären, ob die Bilder wirklich
von ihm stammten, aus welchen Gründen er sie gemalt habe
und auf wessen Rechnung er sie angefertigt habe. Der Maler
wußte ganz genau, was diese Vorladung bedeutete, nämlich
Verhaftung, jahrelange Einkerkerung und vielleicht sogar den
Tod. Er zog es daher vor, die Flucht zu ergreifen, und wandte
sich nach Bordeaux, wo er die letzten 13 Jahre seines
Lebens verbracht hat. Die beiden Bilder, deren Beschlagnahme
drohte, waren glücklicherweise vorher in Sicherheit gebracht
worden, so daß sie heute im Madrider Prado-Museum bewundert
werden können.
MUSEEN.
(EinnazarenischesHauptwerkinderBerliner
National-Galerie.) Aus Berlin wird gemeldet: Im neu
eingerichteten blauen Saal der Nazarener hängt als neue Er
werbung Geh.-Rat J u s t i s das Bild der Religion von Philipp
Veit, mit dem dieser Künstler in der Galerie seiner Vaterstadt
nun auch nach Verdienst vertreten ist. Der Enkel Moses Mendels
sohns, der 1803 mit Mutter und Bruder im Kölner Dom getauft
worden war, war nach den Kriegsjahren, in denen er Soldat
w * e L, n ? ctl ^ om gegangen und C a n o v a, der große Bildhauer,
empfahl ihn dem Vatikan. Dort, wo damals Rafael Stern für die
antiken Sammlungen einen neuen Flügelbau einführte, sieht
man — die meisten Romfahrer pflegen es aber zu übersehen —
in einer Lünette des Museo Chiaramonti das Bild Veits. Von
diesem ist die Berliner Erwerbung eine unmittelbar darauf