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Internationale 
^ammler^eifunj 
Zentralblatt für Sammler, Liebhaber und Kunstfreunde, 
Herausgeber: Norbert Ehrlich. 
15. Jahrgang. Wien, 15. Jänner 1923. Nr. 2. 
SKämtner Sammlungen. 
Von Michelangelo Baron Zois (Klagenfurt). 
I. 
Die Kenntnis und der Besuch von Sammlungen, 
die sich in der Provinz befinden, ist auch für den Fach 
mann, der sich in irgend einem europäischen Kultur 
zentrum aufhält, nicht nur interessant, sondern auch 
lehrreich und nutzbringend. Denn in den Zentren lernt 
man nur die Gipfelpunkte der Kunst und des Sammel 
wesens kennen, so daß man sich wohl ein Bild der 
Höchstleistungen bilden kann; doch fehlen dem oft der 
Mittel- und der Hintergrund, fehlen oft verbindende 
Fäden zwischen den verschiedenen Erscheinungen, die 
nun infolgedessen gleich erratischen Blöcken in dem 
Getriebe der Zeit dastehen. 
Auch den Lokalsammlungen fehlen derlei Abson 
derlichkeiten nicht, doch wird es sich meistenteils um 
sozusagen abgesprengte Stücke fremden Kulturgutes 
handeln. Und es gewährt einen gewissen Reiz, ihrer 
Geschichte nachzugehen, zu erforschen, wie sie ihren 
Weg hieher fanden, ob und wie sie sich lokal aus 
wirkten, wie sie sich der allgemeinen Entwicklung ein- 
fiigen. Der eigentliche Wert der Lokalmusecn liegt aber 
auf einem anderen Gebiete. Sie entspringen zumeist der 
Initiative eines Einzelnen, spiegeln daher in erster Linie 
seinen Geist wieder, sind ein Denkmal der Interessen, 
die ihn bewegten. Doch wäre der Wille eines Einzelnen 
zumeist unzureichend. Er findet Helfer in mehr oder 
weniger weiten Kreisen und so entsteht ein Etwas, 
welches den Einblick in die Kultur eines Ortes zu einer 
gewissen Zeit gestattet; gleichzeitig erlauben diese Lokal 
sammlungen auch einen Rückschluß darauf, was zur 
Zeit ihrer Gründung als entbehrliches Gut betrachtet 
und daher dem Friedhofe der Kunst, dem Museum, über 
antwortet wurde. Es ist ein bedauerliches Zeichen der 
Zeit, daß so viele den Familienbesitz erst dann für 
gesichert erachteten, wenn sie ihn den pietätlosen 
Händen des Nachfahren entrissen und ihn der Obhut 
des Museums anvertraut wußten. 
ln diesen Zeilen ist auch meine Ansicht über die 
Museen niedergelegt, welche zumeist von Sam rnlungen 
zu bloßen Speichern von Kulturgut wurden. 
Wenn man von den Kärntner Sammlungen schreiben 
will, so muß man mit jenen des Historischen Vereines 
für Kärnten in Klagenfurt beginnen, der, zentral ge 
legen und gut geleitet, eine zeitlang seine Bestände aus 
ganz Kärnten erhielt und so einen raschen und um 
fassenden Ueberblick über das menschliche Schaffen im 
Lande ermöglicht. 
Die Vorgeschichte ist in Kärnten nur spärlich ver 
treten und bietet nur die eine Merkwürdigkeit, daß in 
F r ö g g kleine Bleifiguren zu Hunderten ausgegraben 
wurden. Es scheint, daß die prähistorische Forschung 
für Kärnten noch iu den Windeln liegt. Von einem 
System konnte ich überhaupt nichts merken. Man hofft 
auf den Zufall und wenn der ausbleibt, so ist eben nichts. 
Zwar ist die römische Abteilung sehr umfangreich, 
doch wenn man genauer zusieht, ist man hier nicht viel 
weiter gekommen als in der Ausbeutung der Ruinen 
von Virunum, welches etwa 8 Kilometer nördlich von 
Klagenfurt, am Westrande des Zollfeldes, sich erstreckt, 
Dieser kleine, aber anscheinend reiche römische Ort 
hat bis nun schon zwei der erwähnten erratischen 
Blöcke geliefert, nämlich zwei griechische Plastiken, die 
sich beide im kunsthistorischen Nationalmuseum in Wien 
(dem früheren Hofmuseum) befinden. Es sind dies der 
Ephebe von Virunum (eine Bronzestatue eines olym 
pischen Siegers) und eine verwundete Amazone aus 
Marmor. Die Sammlung besitzt leider nur die Gips 
abgüsse der Werke. Ansonsten enthält diese Abteilung 
den gewöhnlichen Bestand. Unzweifelhaft echt ist eine 
sehr gute kleine Bronze einer sitzenden Stadtgöttin, 
zwei Tuben und eine Reihe von Wandmalereien und 
Wandverzierungen aus Stuck, von denen eine, eine etwa 
spannhohe Tänzerin in Hochrelief, besonders hervor 
gehoben zu werden verdient. Sie hat nämlich Qualität 
und ist vielleicht mit der Tänzerin vom Triklinium in 
Pompei (siehe Ahrem, Das Weib in der antiken Kunst 
Abb. 231) in Verbindung zu bringen. Einige Tongefäße 
zeigen schöne und originelle Formen. 
Neben Virunum kommen die anderen Fundorte 
kaum in Betracht, da auch hier systematische Grabungen 
gänzlich fehlen. Derselbe Umstand bringt es mit sich, 
daß das frühe Mittelalter sehr schlecht vertreten ist. 
Ein reicherer Zufluß tritt erst aus der Zeit um 1500 
herum ein. Da begegnet uns wieder ein solches fremd 
artiges Ding, welches in seiner verblichenen Pracht, der 
Herbheit seiner Frührennaissancelinien, sich ganz son 
derbar von seiner Umgebung abhebt und ein Schau 
stück ist, welches die größte Beachtung verdient, trotz 
dem es im Lande vereinzelt blieb.
	        
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