MAK
Nr. 22 
Internationale Sammler-Zeitung 
Seite 157 
Schlosse des Grafen U w a r o f f. Der Name erinnert daran, 
dass Goethe Anfang 1811 den Brief eines jungen, reichen, russ. 
Gutsherrn und Liebhabers der Wissenschaft, Uwaroff, erhielt, 
der in Kiew eine Asiatische Akademie zu gründen beschloss. 
Goethe sollte zu Rate und zu Pate stehen. Es entwickelte sich 
aus diesem Anstoss ein über zwei Jahrzehnte währender Brief 
wechsel; auch kam Uwaroff selbst nach Weimar und wurde 
freudig willkommen geheissen. Das neue russische Kunstamt 
kam auf seinen Streifzügen jetzt auch nach dem Schlosse der 
Grafen Uwaroff; und der Führer dieser Kommission, mit 
deutscher Kultur wohl vertraut, entdeckte das Bild mit Goethes 
Zügen. Die Echtheit ist unzweifelhaft; auf der Rückseite steht: 
„Goeth^, gemalt von Jagemann 1818“, und in dem Katalog, den 
der erste Graf Uwaroff, Goethes Freund, noch selbst drucken 
liess, ist das Bild ebenso bezeichnet. Wahrscheinlich auf seine 
Bestellung also hat Jagemann das Bild geschaffen. Es ist ein 
Brustbild, das anscheinend viel stärker und feiner ist als die 
bisher gekannte schlechte Kopie. Auf der Höhe der berühmten 
Jagemann’schcn Kreidezeichnung von 1817 (scharfes Profil) steht 
es nicht. Der bleiche, leidende Zug mit den grossen, suchenden 
Augen, wie sie das grosse Kniestück von 1818 zeigt, kommt 
auch hier zum Ausdruck. Den Kenner der Seele Goethe muss 
der Anblick dieses von den Zeichen des Hofmannes nur lose 
umgehängten, unsäglich einsamen Menschen als ein neues Do 
kument jener Epoche ergreifen. 
HANDSCHRIFTEN. 
(Ein Sommer-Tagebuch mit Goethe.) Goethes 
Hausgenosse Friedrich Wilhelm Riemer, Philologe und mannig 
fach der Mitarbeiter des Meisters, hat Tagebücher hinterlassen, 
die unserer Kenntnis von Goethes Leben schon viel Neues ge 
boten haben. Weitere Teile dieser wertvollen Quelle veröffent 
licht das neue Heft des „Inselschiffes“. Es sind Aufzeichnungen 
Riemers vom Mai und Juni 1814. Sie erfüllen ein kurzes Kapitel 
Goethischen Lebens, den Aufenthalt in Berka im Frühsommer 
1814, mit lebendigem Detail. Goethe arbeitet in der ländlichen 
Abgeschiedenheit am „Berliner Vorspiel“, dem „Epimenides“. 
Die Vollendung des gleichzeitig unternommenen „Hallischen 
Vorspie's“ („Was wir bringen Nr. 2“) überträgt er Riemer, der 
seine Pfingstferien in Berka verlebt und sich in sehnsüchtiger 
Liebe zu Karoline Ulrich, der Gesellschafterin Christianens, ver 
zehrt. Freunde von Weimar kommen und gehen. Die „Assessor- 
ische Geschichte“, der Ehrenhandel zwischen dem „Assessor“, 
Goethes Sohn August und dem Rittmeister von Werthern, wirft 
einen Schatten in das sommerliche Idyll, der aber bald vergeht. 
Es wird viel gesungen und musiziert, der „Sumpfkönig“, der 
Organist und Badedirektor Schütz, spielt Bach und Mozart. 
Schließlich erscheint noch Friedrich August Wolf, der große 
Philologe, und macht sich geltend in seiner ungestümen, wider 
spruchsvollen Art. 
(Das Haushaltungsbuch der Königin Elisa 
beth.) Bei der Versteigerung einer Büchersammlung durch 
Hodgson in London wurde auch ein seltenes Manuskript ver 
äußert. Es ist das Haushaltungstagebuch, das die 
Prinzessin Elisabeth, die nachmalige große Königin, in den 
Jahren 1551 und 1552, als sie auf dem Schloß Hatfield lebte, 
anlegte. Es enthält auf 13 Folioseiten die sorgfältig eingetragenen 
Haushaltungsposten, laufend vom 1. Oktober 1551 bis zum 20. 
September 1552. Jede Seite ist von der Prinzessin eigenhändig 
unterschrieben und gezeichnet, und ebenso ist jede gegengezeichnet 
von Sir Walter Buckler, ihrem damaligen Vormund. Das Ma 
nuskript kam dem Käufer, die Buchhandlung Francis Edwards, 
auf 300 Pfd. Sterl. zu stehen. 
NUMISMATIK. 
(Münzenfund.) Bei Parma hat ein Bauer beim Um- 
graben eines Baumes eine eiserne Kiste gefunden, die mit Gold 
münzen im Werte von drei Millionen Lire gefüllt war. 
VERSCHIEDENES. 
(Herzog Ernst August vonCumberland.) Dem 
am 14. November in Gmunden verstorbenen Herzog Ernst 
August von Cumberland wird Kunstinteresse und Kunstver 
ständnis nachgerühmt. Weltbekannt ist sein Wel.fehschatz, 
der trotz aller Ableugungen in den nächsten Tagen bei Chrich- 
ton in London, Old Bond Street 22, unter den Hammer 
kommt. Berühmt war auch dieMünzensammlungdes Herzogs 
und auch seine Bibliothek enthält Kostbarkeiten, die jedes 
Bibliophilenherz höher schlagen lassen. 
(Robert Weise.) In Starnberg ist dieser Tage der 
Münchener Maler Robert Weise gestorben. Der aus Württem 
berg stammende Künstler machte sich weitesten Kreisen durch 
seine echt süddeutsch empfundenen, farbenfrischen und stim 
mungsvollen Figuren- und Landschaftsbilder bekannt. Die ersten 
Sammlungen Deutschlands, darunter die Münchener Pinakothek 
und die Berliner Nationalgalerie, sind im Besitz seiner besten 
Arbeiten. Mit Erler und Münzer war der Verstorbene auch an 
der künstlerischen Ausschmückung des Wiesbadener Kurhauses 
beteiligt. 
KDDStbanioD Oeorg n. flermaon Froime, Wien I. 
Stallburggasse Nr. 2. Fernruf-Stelle: 78.035. 
Gemälile moderner Meister (18.111) 
Angebote aus Privatbesitz erbeten. 
MUSEEN. 
(Neue Erwerbungen des Goethe-Schiller- 
Archivs.) In letzter Zeit hat das Archiv drei Briefe des jungen 
Goethe an Kätchen Schönkopf erhalten. Es war Gefahr vor 
handen, daß diese wertvollen Stücke ins Ausland verkauft wur 
den. Frau Else Wild ha gen (Leipzig) und Professor Dr. A. 
Kippenberg (Leipzig) ist es zu danken, daß sie Deutschland 
erhalten und dem Archiv geschenkt werden konnten; beide haben 
durch eifrige Sammlung die zum Ankauf der Briefe nötige Summe 
aufgebracht. Eine zweite Schenkung besteht in einem Blatt des 
Briefes von Schiller an Goethe vom 31. August 1798, von dem 
die andere Hälfte bereits im Besitze des Archivs war. Karl 
Ernst Henrici in Berlin hat im Verein mit einem ungenannt blei 
benden Stifter das kostbare Blatt geschenkt. Dr. Paul Börn 
ste in in Dachau stiftete Briefe von Hebbel. 
VOM KUNSTMARKT. 
(Gemälde,puktion bei C. J. Wawra.) Der am 
28. und 29. November mit großartigem Erfolge durchgefübrten 
Kupferstichauktion läßt C. J. Wawra in Wien wieder eine 
Gemäldeversteigerung folgen. Diese Auktion, die für den 
11. und 12. Dezember festgesetzt ist, wurzelt in den Altwiener 
Meistern, die qualitativ, wie quantitativ glänzend vertreten 
sind, Waldmüller brilliert da mit zwei seiner so geschätzten 
Genreszenen „Doppelte Atzung“ und „Ratzenstadl“, sowie einem 
lieblichen Kinderprorträt, Rudolf v. Alt mit Aquarellen aus 
seiner besten Zeit, wie dem Forum, Varenna, Heiligenkreuz- 
Vaduz etc. In die Frühzeit des Künstlers gehören auch die 
meisterhaften Kopien nach Velasquez, die er nach Originalen 
des Staatsmuseums ausgeführt hat. Wir finden in der Sammlung 
weiters einen ausgezeichneten Gauermann (Schafhirtin mit 
Schafen), ein Hauptbild von Julius B 1 a a s „Feuer im Bauern 
haus“, einen sehr schönen R a n f 11, drei prächtige Petten- 
k o f e n (Die Lauserin, Zigeunermädchen beim Wasserholen und 
Markt in Szolnok), Bilder von Fendi, Amerling u. a. 
S c h ö d 1 ist mit Werken aus verschiedenen Epochen vertreten, 
die in ihrer Gesamtheit ein anschauliches Bild der Entwicklung 
des Künstlers geben. Von neueren Wiener Malern sei Klimt 
hervorgehoben, von dem drei Bilder vorhanden sind : J e 11 e 1 
ist durch einen „Sonnenuntergang in Holland“ vorzüglich reprä 
sentiert. Der Wiener Abteilung ist ein Teil des Nachlasses des 
1880 verstorbenen F. E y b 1 eingegliedert, die den Kiinsler auf 
dem Gebiete'zeigen, auf dem seine Stärke lag, auf dem des 
Porträts. Es sind zumeist Familienporträts mit besonderer 
Liebe für die Lieben gemalt, darunter zwei Porträts seiner 
Tochter, eines seines Bruders und auch zwei Selbstporträts, 
auf die die öffentlichen Sammlungen Wiens besonders aufmerk 
sam gemacht seien. 
Bei der neuen Wawra-Auktion kommen aber nicht nur 
Sammler von Wiener Meistern auf ihre Rechnung, auch für Lieb 
haber deutscher Kunst, Tschechen, Polen, Ungarn ist der Tisch 
reichlich gedeckt. Wir nennen von den Deutschen Achen 
bach und Hugo K a u f f m a n n, von den Söhnen Libussas 
Brozik, Navratil und U p r k a, von den Polen die beiden 
Ajdukiewicz, Kozarkiewicz, Mednyanski, Pio- 
t ro w s k i, von den Ungarn A g g h a z i und M a r g i t a y. 
Von den alten Meistern seien besonders auch A s h f o r d, 
Ostade, Cheniers und Verhulst herausgehoben. Im 
übrigen sei auf den absolut verläßlichen Katalog hingewiesen, 
zu dem Dr. Leo Grün stein ein sehr instruktives Vorwort 
beigesteuert hat. 
(Zwei neue Galerien in Wien.) In den letzten 
Tagen hat Wien zwei neue Galerien erhalten : Die „N e u e 
Galerie“ in der Grünangergasse und die „Ga 1 e r i e Hol 
bein“ auf dem Franz Josef-Kai. Die Frage, ob diese Neuge- 
gründungen einem^Bedürfnisse entsprangen, kann mit „Ja“ be 
antwortet werden."Denn für gute Kunst ist immer Bedarf vor 
handen und die Persönlichkeiten, denen die Galerien ihr Ent 
stehen danken, scheinen uns Bürgschaft dafür, daß hier gute 
Kunst geboten werden wird. Die Wege freilich sind verschiedene. 
Otto N i e re n s t e i n, ein Wegbereiter moderner Kunst, will in der 
Neuen Galerie“ auch weiterhin im Geiste seiner bisherigen- 
Tätigkeit wirken. In dieser Hinsicht bedeutet die Schiele- 
Ausstellung, mit der er die Galerie inauguriert, ein klares 
Programm. Von dem verheißungsvollen Blättchen, mit dem der
	        
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