Internationale
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Zentralblatt für Sammler, Liebhaber und Kunstfreunde.
Herausgeber: Norbert Ehrlich.
15. Jahrgang. Wien, 1. Mai 1923. Nr. 9.
Eine EFiscfier uon Erfacfi-ERussteffung.
Von Dr. Max Silber, Salzburg.
In Salzburg wo gewissermaßen die Vorstufen
jener großzügigen Fischer’schen Bauformen erstanden,
die in seinen Wiener Schöpfungen zu höchster Vollen
dung gediehen sind, hat die Direktion des Museums
Carolino Augusteum den 200. Gedenktag seines Todes
zum Anlaß genommen, sein Schaffen der Oeffeutlichkeit
in einem geschlossenen Bilde vor Augen zu führen.
Die Ausstellung, in der Galerie über der Residenz mit
den verbindenden Dombögen untergebracht, vereinigt
beinahe lückenlos die zu den Bauwerken Johann Bern
hard Fischer von Erlach bisher nachweisbaren Original
entwürfe, welche zum Teil aus Wiener Kunstsamm
lungen entlehnt werden konnten, zum Teil den Be
ständen des Salzburger Regierungsarchivs und haupt
sächlich des Stadtmuseums entnommen sind.
Den hervorragendsten Platz behaupten darunter
zwei Federzeichnungen Fischers, die den Ausgangs
punkt und Schlußstein seines Schaffens für Wien fest
legen, beide von der „Albertina“ dargeliehen:
das Blatt mit den von ihm entworfenen zwei Ehren
pforten der Stadtgemeinde upd der fremden Kaufleute
zu Wien zum Empfange des jungen Königs Josef I.
(1090), mit denen er seiner und damit deutscher Kunst
den ersten Sieg über die ausländischen Baumeister
errang, und der Fischers unerreichte Meisterschaft in
der Raumgestaltung und Massenbewältigung offen
barende Entwurf zum Neubau der Burg.
Zwischen diesen beiden Schöpfungen liegt Fischers
glanzvoller Aufstieg, der durch eine Fülle prächtiger,
unter seiner Leitung oder nach seinen Plänen ge
schaffenen Kirchen- und Palastbauten gekennzeichnet
ist. Zwei alte Handzeichnungen aus dem Besitze der
Albertina zeigen die Anlage des Schwarzen-
bergschen Stadtpalastes auf dem Mehlmarkt. Von
der Wiener Karlskirche, dieser höchst eigenartigen
Lösung eines Zentralbaues, dem erhabensten Werke
Fischerscher Kirchenkunst, scheinen zwei alte, wenn
auch von dem Meister nicht eigenhändig gezeichnete
Entwürfe aus dem Salzburger Museum auf.
Ein Blatt der Privatsammlung Dr. August Heymanns in
Wien bietet einen Längs- und Querschnitt der kuppel
überdeckten Winterreitschule. Zur Ausführung ist sie
erst durch seinen Sohn Josef Emanuel gekommen und
von diesem rührt auch die aus der Albertina
stammende Sepiazeichnung her, welche, als Dachbe
krönung für die Hofbibliothek gedacht, Minerva über
Neid und Unwissenheit triumphierend zeigt.
Von Entwürfen für Werke außerhalb Wiens, der
Frühzeit von Johann Bernhard Fischers Tätigkeit an
gehörend, verdankt die Ausstellung jenen für den Kraut-
markt-Brunnen in Brünn, sowie Grundriß und Durch
schnitt zu dem Kuppelbau St. Josef zu Prag gleichfalls
der Albertina. Ebenso die Skizze zum Altaraufbau
zu Straßengel, die Julius Lei sc hing wie auch
noch einige andere Blätter in seinem kurzgefaßten,
die einzelnen Stücke der Ausstellung erläuternden
„Führer“ Fischer von Erlach zuschreibt. Ein Beispiel
der Grabmalskunst, in der. erstmalig das Pyramiden
motiv in Erscheinung tritt, veranschaulicht der Entwurf
des älteren Fischers zum Grabdenkmal des Grafen
Wratislaw von Mitrowiz in der Prager Jakobskirche,
gleich dem Schnitt durch eine Kuppelkirche aus
A r t a r i a s Kunstsammlung entlehnt.
Für die Salzburger Bauwerke bringen das Mu
se u m und das Regierungsarchiv in Salzburg
eine Reihe von Handzeichnungen bei: Aufriß der Türme
der Dreifaltigkcits- und der Spitalskirche, Grundriß
der Kollegienkirche und der Kirche vom Sankt
Johanns-Spital, daneben mehrere Einzelentwürfe, so
für einen Altar,. Tabernakel, Kanzel, Türaufsatz mit
plastischem Schmuckwerk, von denen einiges un
mittelbar mit Fischer in Zusammenhang gebracht werden
kann. Von besonderem Interesse der in Aquarellfarben
ausgeführte Entwurf Fischers für den Hochaltar der
Kollegienkirche, dessen bildnerischer Schmuck farbig
gehalten und in den architektonischen Aufbau eingeklebt
ist, und eine Architekturzeichnung, die den Durchblick
auf ein Seitenschiff mit reicher plastischer Verzierung
eröffnet.
Neben diese Originalentwürfe und alte Handzeich
nungen treten die von Fischer in seiner „Historischen
Architektur“ niedergelegten eigenen Entwürfe und zahl
reiche Kupferstiche von Delsenbach und Corvin u. a.,
in welchen seine stattlichen Palastschöpfungen für die
Reichshauptstadt, Neuanlage von Schönbrunn, Ausbau
der Hofburg, Garten- und Stadtpalast Schwarzenberg,
das Liechtenstein’sche Gartenhaus, Prinz Eugen-, Traut
sohn- und Auerspergpalast in der ursprünglichen Aus
führung oder doch dem von Fischer erdachten Bauentwurf
vor unseren Augen erstehen. Das Bild Fischerscher