MAK
Internationale Sammler-Zeitung 
Nr. 10 
Seite 77 
Qfironik. 
AUTOGRAPHEN. 
'(Briefe von Hugo Wolf.) Das Wiener Dorotheum 
bringt im Rahmen einer Bücherauktion am 22. Mai auch Auto 
graphen zur Versteigerung. Es befinden sich darunter 4 Briefe 
von Hugo Wolf und das Manuskript seines Liedes „Die'Geister 
am Mummelsee“, Gedicht von Eduard Mörike. (Schätzungspreis 
800.000 Kronen.) 
(Versteigerung der Manuskripte d’Annunzios.) Wie 
aus London gemeldet wird, ist dort Marquis Boltini mit sämt 
lichen Originalmanuskripten der Theaterstücke d’Annunzios 
angekommen, um sie versteigern zu lassen. Mit dem Erlös des 
Verkaufes beabsichtigt d’Annunzio, ein Monument für Eleonore 
Düse zu errichten. Ein amerikanischer Sammler hatte früher 
bereits 200.000 Dollar für die Manuskripte geboten, doch lehnte 
d’Annunzio das Angebot ab. 
BIBLIOPHILIE. 
(Versteigerung der Bibliothek Prof. Richard M. 
Meyer.) Unter der Leitung von Emil Hirsch findet am 26. und 
27. Mai in München die Versteigerung der Bibliothek des Prof. 
Richard M. Meyer statt. Es handelt sich um eine hervorragende 
Berliner Bibliothek und die Versteigerung hätte auch in Berlin 
stattfinden sollen, doch entschied sich Herr Hirsch für München, 
weil ihm, wie er in einem Vorworte zum Katalog des Näheren 
ausführt, das Berliner Polizeipräsidium und der Verein der Ber 
liner Buch- und Kunstantiquare Schwierigkeiten in den Weg 
legten. Die Bibliothek Meyers weist 1177 Nummern auf, ln ihrer 
ersten Abteilung „Germanistik und deutsche Literatur bis 1750“ 
ist das bedeutendste Stück die ÖObändige Bibliothek des Litera 
rischen Vereines in Stuttgart (Taxe: 425 Mark), die zweite Ab 
teilung „Deutsche Literatur von 1750 bis 1890“ bringt in der 
Goethe-Abteilung eine Handzeichnung, die der Dichter seinem 
Sekretär Kräuter geschenkt hatte (Taxe: 250 Mark), dann die 
Sophien-Ausgabe 1887 bis 1914 (Taxe: 500 Mark). Die dritte 
Abteilung gilt der modernen deutschen Dichtung. Professor 
Meyer hatte als Literarhistoriker zahlreiche Widmungsexemplare 
erhalten. So ist hier der „Teppich des Lebens“ von Stefan 
George mit dem Buchschmuck von Melchior Lechter das am 
höchsten bewertete Stück der gesamten Bibliothek (800 M) 
und der Band „Blätter für die Kunst“ das am zweithöchsten 
taxierte Exemplar (750 M)> Das vollständige Exemplar aus „Pan“ 
ist auf 600 Mark geschätzt. Die vierte Abteilung der „Meyer- 
schen Bibliothek enthält illustrierte Bücher des 19. Jahrhunderts, 
darunter die Erstausgabe von Menzel-Kuglers „Geschichte Fried 
richs des Großen“ (350 Mark). 
(Die Frankfurter Büchermesse.) Aus Frankfurt a.M. 
wird gemeldet: Die'Büchermesse verlief wohl am wenigsten 
befriedigend von arten Gruppen der diesmaligen Messe. Hier 
mag wohl doch die Kantatenmesse von Leipzig, die demnächst 
vor sich geht, aber auch der Geldmangel und manches andere 
mitgespielt haben. Die Beschickung der Messe war recht gut, 
und man konnte zahlreiche Neuerscheinungen sehen. Aber der 
Sortimentsbuchhandel konnte offensichtlich hier nichts Neues in 
größerem Umfange aufnehmen, weil sein Geschäft im allge 
meinen notleidend geworden ist. 
(Unveröffentlichte Werke von Kant.) Im Zu 
sammenhang mit der Kantfeier dieses Jahres werden zwei bisher 
noch unveröffentlichte Werke des großen Philosophen zum ersten 
Male ans Licht treten; die Kant-Gesellschaft bereitet die Her 
ausgabe einer unbekannten Vorlesung durch Professor Menzer 
vor, ferner soll die Kant-Ausgabe der Berliner Akademie der 
Wissenschaft erweitert werden. Die Kant-Kommission hat sich 
nämlich entschlossen, auch das von ihm unvollendet hinterlassene 
Werk, das sogenannte Opus postumum, in die Ausgabe aufzu 
nehmen. Die Handschrift Kants ist im Besitze der Familie 
Krause und das Veröffentlichungsrecht ist von dieser erwor 
ben worden. Denn es hat sich herausgestellt, dass diese letzte 
Arbeit Kants, die bis jetzt noch nicht vollständig gedruckt worden 
ist, nicht einfach, wie man bisher zu tun pflegte, als greisenhaft 
außer Betracht gelassen werden kann. Sie ist nicht bloß für die 
naturphilosophischen, sondern auch für die erkenntnistheoretisch 
metaphysischen Anschauungen Kants, wie sie sich in seiner 
letzten Lebensperiode gestaltet haben, überaus bedeutsam. 
BILDER. 
(Ein Porträt Ebcrts von Corinth.) Die Berliner 
Nationaigalerie zeigt als Leihgabe einige neue Arbeiten Lovis 
Corinths, darunter ein wundervolles Rosenstilleben und das 
Vor kurzem vollendete Bildnis des Reichspräsidenten E b e r t. 
Kniiiing tari i Jni Frei«, ln 1. 
Stallburggasse Nr. 2. Fernruf-Stelle: 78.035. 
fiemälile moderner Meister (18. n. 19.1) 
Angebote aus Privatbesitz erbeten. 
-■ J ! - 
HANDSCHRIFTEN. 
(Kant-Handschriften der Münchener Staatsbib 
liothek.) Die Münchener Staatsbibliothek hat für ihre Hand 
schriftenabteilung wertvolle selbstgeschriebene Briefe, Aufsätze 
und Vorlesungsbruchstücke Kants neben anderen aus dem 
Kreise Kants stammenden Schriftstücken durch Kauf aus Privat 
besitz erworben. 
PHILATELIE. 
. * 
(Neuheiten.) Die von uns angekündigten Byron- 
Gedenkmarken sind erschienen. Von der Londoner Firma Brad- 
bury, Wilkinson u. Com. hergestellt, zeigt die 80-Lepta-Marke 
in ultramarinblauer Farbe das Bild Byrons, während der Wert zu 
zwei Drachmen in violetter und schwarzer Farbe die Ankunft 
Byrons auf Mavrogordato darstellt. Die Marken sind sehr schön 
ausgeführt und werden durch vier Monate verkauft. Auch eine 
Nachportomarke zu 80 Lepta, lila, ist neu erschienen. — ln der 
Türkei ist zur kursierenden Serie ein Ergänzungswert, 10 Piaster, 
grau, verausgabt worden. 
VERSCHIEDENES. 
(Eine Thomas Ender Aquarell-Ausstellung 
i n W i e n.) Die Kunsthändler Georg und Hermann From m e, 
die mit dem Lokal in der Stallburggasse auch die schönen 
Traditionen Wawras übernommen haben und stets eine Auswahl 
prachtvoller Bilder und Stiche bieten, lenken jetzt die Aufmerk 
samkeit der Sammler durch eine Thomas Ender-Aus- 
Stellung auf sich, ln hundert mit der Seele eines Natur 
liebhabers gemalten Aquarellen ziehen all die Herrlichkeiten 
unserer Alpenwelt und des ehemals österreichischen Trento an 
uns vorüber, in ihrer Gesamtheit ein Panorama von unvergleich 
licher Wirkung. Nur schade, daß die Blätter bloß kurze Zeit 
vereint sind — am 28. Mai schon wird die Ender-Ausstellung 
geschlossen. Wir wollen aber hoffen, daß der Erfolg dieser 
ersten gelungenen Veranstaltung die Brüder Fromme ermutigen 
werde, uns recht häufig durch Kollektivausstellungen hervor 
ragender Künstler zu erfreuen. 
(Austeilung von Piranesi- Radierungen.) 
Aus B e rl i n wird uns geschrieben: Die Firma Holl stein 
und Puppel, W 15, Meineckestrasse 19, veranstaltet zur Zeit 
eine Ausstellung von Radierungen von Giovanni Battiata 
Piranesi, die namentlich in den Kreisen der Architekten 
grosses Interesse wecken dürfte, zeigt sie doch nicht nur die 
häufiger vorkommenden Blätter des Künstlers, sondern auch 
die selteneren großen Veduten, als da sind: das Kolosseum, 
den Titusbogen, die vollständige Folge der Ansichten von 
Pästum und die Carceri, die in ihrer modernen Auffassung an 
Brangwyn erinnern. Sämtliche ausgestellten Blätter sind in 
seltenen frühen und ersten Zuständen vertreten, wie sie in 
dieser hervorragenden Qualität höchst selten geschlossen gezeigt 
werden. 
(Die Viola Beethovens.) Franz Rieß, einer der 
ältesten und angesehensten Musikverleger Berlins, hat dem 
Bonner Beethoven-Haus ein von seiner Familie seit Generationen 
gehegtes Kleinod, Beethovens Bratsche, zum Geschenk 
gemacht. Das Instrument stammt aus der Zeit, in der Beethooven 
als Bratschist der kurfürstlichen Hofkapelle bei seinem Lehrer 
Franz Rieß spielte. 
(Selbstmord eines Budapester Antiquitätenhänd 
lers.) Aus Budapest wird uns gemeldet: Der Antiquitäten 
händler Karl Ferenczy, ein 39iähriger Mann, hat Selbstmord 
verübt. Er hatte ein blühendes Geschäft, das zur Zeit der gün 
stigen Börsenkonjunktur und der Anhäufung neuer Reichtümer 
sehr in Mode war. Die neuen Schichten der Reichen wandten 
sich mit Vorliebe an Ferenczy, der sich aus den Reihen der alten 
Aristokraten einen Verkäuferkreis zu gewinnen wußte. Später, 
mit der sinkenden Börsenkonjunktur, ist auch dieses Geschäft 
zurilckgegangen, und Ferenczy vermochte sich schließlich nur 
so zu halten, daß er kommissionsweise zum Verkaufe über 
nommene wertvolle Gegenstände versetzte, ln der letzten Zeit
	        
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