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Internationale Sammler-Zeitung
Nr. 14
Ausfuhrgebühren; 2. Verhandlungen mit der Steuer
behörde bezüglich Aufhebung der ungerechtfertigten, den
Kaufmannsstand sehr bedrückenden Vorauszahlungen;
3. Entfaltung einer wirksamen Propaganda. Bei diesem
Punkte hob der Redner hervor, wie wenig noch in weiten
Kreisen der innere Wert der Antiquitäten ins Kalkül gezogen
werde. Diesen dem Publikum zum Bewußtsein zu bringen,
müßte der vornehmste Zweck einer geschickten Propaganda
sein; 4. Veranstaltung von Verkaufsausstellungen.
Herr Walter E p h r o n kam auf seine Lieblingsidee, die
Errichtung eines Auktionsinstitutes zu sprechen, das von
der Vereinigung in eigener Regie zu führen wäre. Er verspricht
sich von einem solchen Institut große Vorteile für die Mitglieder
der Vereinigung.
Der nächste Redner, Herr Albert Ken de, replizierte auf
die Ausführungen des Vorredners. Er betonte, daß auch die
Versteigerungen in der letzten Zeit zurückgegangen seien. Ueber-
haupt seien Auktionen jetzt mit großen Risiko verbunden, da
die Lasten den Gewinn aufwiegen. Sollte aber die Vereinigung
nichtsdestoweniger Versteigerungen abhalten wollen, so stelle
ersieh gerne mit seinen Erfahrungen zur Disposition. Auch mache
er sich erbötig, in der geschäftsstillen Zeit seine Auktionsräume
in der Kärntnerstraße für diesen Zweck zur Verfügung zu stellen.
Herr Brey er führte Klage über die hohen Gemeinde
abgaben, die das größte Hemmnis für die Entwicklung des
Fremdenverkehrs bilden. Er beantragte, daß mit Stadtrat
Breitner Verhandlungen wegen Herabsetzung der Abgaben
eingeleitet werden.
Frau Wehle machte den Vorschlag,dieSteuerzahlungen
überhaupt einzustellen.
Herr Förster sprach über die Ein- und Ausfuhr
gebühren, deren Aufhebung mit allen Mitteln anzustreben
wäre. Bei den Steuerbehörden möchte in dem Sinne interveniert
werden, daß individuellen Ansuchen größtes Entgegenkommen
zuteil werde. Redner wünschte weiters Herabsetzung der
Auktionsgebühren, Herabminderung des Zinsfußes und
Schaffung einer Kreditorganisation.
Herr Schwörer unterstützte wärmstens den Antrag auf
Entfaltung einer regen Propaganda, deren Wert er darlegte.
Herr Reitzner schlug für den Fall, als das Projekt der
Errichtung eines Auktionsinstitutes realisiert würde, vor, gleich
dem Dorotheum eine Pauschalierung der Abgaben anzu
streben, um bei Rückkäufen die Abgaben zu vermeiden.
Herr Kr etschmann, der ebenfalls der Errichtung eines
Auktionsinstitutes das Wort redete, wünschte, daß nach Schaf
fung dieses Institutes die übrigen Auktionatoren ihre Betriebe
a u f 1 a s s e n sollen.
Herr K o h n wies darauf hin, daß schon bei Gründung der
Vereinigung die Idee der Errichtung eines Auktionshauses be
standen habe, die Durchführung sei aber an den ganz enormen
Kosten gescheitert. Er möchte aber darum nicht, daß der Plan
fallen gelassen werde. Dem Vorstande sei es nahezulegen, die
Kostenberechnungen anzustellen und sie dem Plenum vorzulegen.
Die Errichtung eines eigenen Auktionsinstituts setze aber zwei
Dinge voraus: Vollste Aufrichtigkeit und Einigkeit. Als sehr
wichtig bezeichnete der Redner, auch die Frage der Exper
tisen; der möchte die Vereinigung ihr Augenmerk zuwenden,
damit verhütet werde, daß der Antiquitätenhandel durch falsche
Gutachten in seinem Ansehen geschädigt werde.
Herr S. Glückselig resümierte die vorgebrachten Vor
schläge und Wünsche und bat um Formulierung konkreter Anträge.
Herr S c h i d 1 o f sprach über die Wirtschaftskrise im
Allgemeinen, in der die der Antiquitätenhändler ein winziges Glied
darstelle. Er beantragte das Gremium der Wiener Kaufmann
schaft aufzufordern, Delegierte aller Branchen zu nominieren,
die gemeinsam beraten sollen, wie die Wirtschaftskrise
behoben werden könnte.
Herr E p h r o n stellte den Antrag, die Versammlung möge
einen Herrn wählen, der einen wohldurchdachten Plan über
die Errichtung eines Auktionsinstitutes ausarbeiten und der Ver
einigung vorlegen solle.
Die Versammlung stimmte diesen Anträgen zu und be
traute Herrn E p h r o n mit der Ausarbeitung des Planes für ein
eigenes Auktionsinstitut.
Wie wir hören, hat sich die Vereinigung der
Antiquitäten - und Kunsthändler Wiens seitdem
in einer Vorstandssitzung mit den Anregungen in der
Versammlung beschäftigt und in Erwägung gezogen, ob
nicht während des Sommers eine Kunstversteigerung
in dem von Fremden stark besuchten Bad Ischl ver
anstaltet werden sollte. Ein Beschluß ist jedoch noch
nicht gefaßt worden.
Falls die Auktion noch beschlossen werden sollte,
würde sie um die Mitte August stattfinden.
‘Mmsferdamer Auktionen.
Aus Amsterdam wird uns berichtet:
Gegenüber den sehr beträchtlichen Preisergeb
nissen der Auktion Goldschmidt-Przibram*
brachten die kurz darauf folgenden Auktionen der
Sammlungen Louis F o u r n i e r (Paris) und des Groß
herzogs von Oldenburg (zweiter Teil), beide gleich
falls bei Frederik Müller, einen weit geringeren Umsatz.
Die Bieterschaft war weniger zahlreich zur Stelle und
die erzielten Preise bewegten sich mit spärlichen Aus
nahmen nicht über die Grenzen des jeweils Normalen
hinaus. Es scheint, daß auch auf dem internationalen
Platz Amsterdam die rückläufige Bewegung einzusetzen
beginnt.
Zur Kennzeichnung der Situation seien die fol
genden Ergebnisse mitgeteilt: Rembrandts „Taufe des
Mohren“, deren Echtheit allerdings zweifelhaft ist,
brachte es auf nicht mehr als 4700 Gulden, „Tobias
und der Engel“ aus dem Atelier Rembrandt auf 1000
Gulden. Im übrigen notierten: Allessandro Allori,
Porträt der Bianca Capello 3400 Gulden, Cor regio
„Johannes der Täufer“, 1787, (von Tischbein in Neapel
gekauft) 2400 Gulden, Dosso D o s s i „Heilige Familie“
2000 Gulden, Defendete de Ferrari „Jungfrau, Kind
und Sankt Anna“ (gezeichnet 1528) 5300 Gulden, Luca
Giordano „Venus und Aeneas“ 825 Gulden, Gio
vanni Battista Moroni „Männliches Bildnis“ 2300
Gulden, Bonifacio de Pitati „Heilige Familie mit
*) Siehe den Bericht in Nr, 13 der „Internationalen Sammler-
Zeitung“.
Kirchenvätern“ 2900 Gulden, Abraham van Dyck,
Alter Mann (signiert) 1450 Gulden, Anton van Dyck,
„Bereuende Magdalena“ 1400 Gulden, Nicolaes Eliasz
„Bildnis eines vornehmen Mannes“ 4900 Gulden, Willem
C. Heda „Stilleben“ (datiert 1633) 5500 Gulden,
Cornelius de H e e m „Stilleben“ (signiert) 1275 Gulden,
Melchior d’Hondecoeter „Unerwartete Gäste“ 4500
Gulden, Gerard von Hont hörst, „Das Konzert“ 1300
Gulden, Michel J. Miereveit „Bildnis eines jungen
Mannes“ 875 Gulden, P. P. Rubens „Der gefesselte
Promotheus“ 1650 Gulden, Frans S n y d e r s „Stilleben“
850 Gulden, David T e n i e r s „Inneres einer Herberge“
(signiert, datiert 1649) 925 Gulden, Vallerant Vaillant
„Bildnis eines französischen Edelmannes“ 1500 Gulden.
In der aus etwa hundert Gemälden bestehenden
Sammlung Louis F o ur n i e r brachte das interessanteste
Stück, ein fünfteiliges Altargemälde von Nicolas F r o-
ment (15. Jahrhundert), das ursprünglich in der Abtei
von Bompas bei Avignon aufgestellt war, 72.000 Gulden.
Die sehr schöne Heilige Familie von Giovanni Bellini
oder aus dessen Schule ging für 6000 Gulden fort.
Andere Preise für Gemälde aus dem 15. Jahrhundert
waren: Die Heilige Ursula, Brügger Schule, 6900 Guld.,
Domenico P u 1 i g o „Heilige Familie“ 1350 Gulden,
Bartolomeo V i v a r i n i (?) „Der heilige Franziskus“
6400 Gulden. Von den Franzosen aus dem 16. bis 18.
Jahrhundert waren bewertet. D. Dumoustier „Bär
tiger Mann“ 340 Gulden, Lag ne au „Männerkopf“,
225 Gulden, L. B o i 11 y „Häusliche Szene“ 7500, Fran
cois Boucher „Venus und Satir“ 13.100, H. P.
D a n 1 o u r „Bildnis einer vornehmen Dame“ 1500 Guld.,