MAK
Seite 122 
Internationale Sammler-Zeitung 
Nr. 16 
dann würde man von dem Kanzleibeamten angeschnauzt 
und schließlich müsse man auf das Geld fünf Monate 
warten. Der Mann hatte nicht ganz unrecht. Aber ich 
wollte die Sammlung haben. So versicherte ich ihn, 
daß ich alle Wege selber machen werde und er dabei 
nichts zu tun haben werde, eventuell würde ich das 
Konvolut selbt abholen. Es war alles umsonst. Der 
Mann hatte solchen Respekt, ja, Widerwillen für alles 
Bürokratische, daß er nicht zu überreden war. Na, 
macht nichts, dachte ich bei mir, mit einem Blick auf 
das Paket, du entgehst mir doch nicht. Zuerst wandte 
ich mich an unseren Rechnungsbeamten, mit dem ich 
gut stand, ob er mir den Betrag nicht kurz aus der 
Handkasse freimachen könne. Nein, das ginge nur mit 
Kenntnisnahme der Oberbehörde. Auf zur Oberbehörde, 
wo ein Hofrat seinen Schatz hütete. Lange Unterredung. 
Im Meritorischen gesiegt. Die Sammlung sei zu erwerben. 
Aber das Haupthindernis, der Antiquar. Da gab’s kein 
Mittel. Leider. Keine Möglichkeit. Im Sinne der Vor 
schriften u. s. f. Das sagt man einem Bibliothekar, der 
auf eine Erwerbung aus ist! Ich suchte eine Hilfe. Wie 
wäre es, wenn ich das Konvolut für mich erwürbe und 
es dann um den gleichen Betrag der Bibliothek abträte 
oder wenn man mir den Betrag einhändigte, den ich 
dem widerborstigen Antiquar in seinem Geschäfte 
übergebe und gleich das Paket abtransportieren lasse? 
Ach, es wäre zu einfach gewesen! Sehen Sie, das alles 
war ganz und gar unmöglich. Zwei Gründe. Erstens 
war so etwas noch nie dagewesen, was das Todesurteil 
für meine Vorschläge bedeutete, und zweitens könnte 
am Ende ein Mißgünstiger munkeln, ich hätte bei der 
Erwerbung etwas verdient! Das erste war nicht zu um 
gehen, das wußte ich. Ein Beamter etwas tun, was 
noch nie ein anderer vor ihm getan hat — ausgeschlossen. 
Ich suchte gleich auf das Zweite abzulenken und er 
widerte, daß mir niemand Zutrauen würde, ich hätte bei 
der Angelegenheit wegen eines „Gewinnes“ von einigen 
Groschen meine Pflicht verletzt, schimpfliche Entlassung, 
ja gerichtliche Abstrafung riskiert. Und ich würde mir 
übrigens im Interesse der Erwerbung selbst das Raunen 
einiger Dummköpfe gefallen lassen, obwohl ich selbst 
den dümmsten Dummkopf nicht für so dumm hielte. 
Die Geschichte hat weiter keine Pointe und sie ist 
damit aus. Die Sammlung konnte nicht erworben werden. 
Ich habe mir einige Stücke privat für mich selbst gekauft, 
weil mir für das ganze Paket leider zuhause der 
Platz fehlte. 
* * 
* 
Das sind einige Erinnerungen meines Bekannten. 
Vielleicht kann ich später noch einige erzählen, da er 
sie mir mit einigen wehmütigen Worten zur Veröffent 
lichung freigegeben hat. 
In Utopien kam es später übrigens zu großen Um 
wälzungen. Das Reich zerfiel. Die herrschende Dynastie 
wurde vertrieben und die Republik erklärt. Das betraf 
aber wirklich nur die Form des Gemeinwesens. Im 
Innern blieb alles genau so, wie es war. Personen 
stürzten, aber der Geist, der alle beherrschte, behielt 
seine Macht, als wäre gar nichts geschehen und wäre 
das Gestern so wie das Heute. So kann man den 
Erinnerungen meines Freundes nicht die schönen 
Märchenworte: „Es war einmal“ vorsetzen. Denn es 
ist in Utopien noch immer so.... Es ist ja der Geist 
des Landes, der das Hauptwort spricht. Alles übrige 
ist nur Beiwort, Hilfswort... 
Siusdrucfisräume. 
Zur Neu-Ordnung des hannoversdien Provinzial-Museums. 
Von Dr. Fritz Wedekind, Hannover. 
Die Veränderungen des hannoverschen Provinzial- 
Museums, die in der Schaffung der modernen Galerie 
unter der Leitung von Dr. D o r n e r, dem jetzigen 
Leiter der Kunstsammlungen, ihren Anfang genommen 
hatten, sind weiter fortgesetzt worden und haben in 
diesen Tagen durch die Eröffnung der Säle, die die 
mittelalterliche Kunst enthalten, einen allerdings nur 
vorläufigen Abschluß erfahren. Wer den früheren Zustand 
des Provinzial-Museums gekannt hat, wo die Kunst 
werke in den unteren Sälen eine höchst gedrängte und 
zusammenhanglose Schau darboten, die dem Fachmann 
wenig behagte und,, dem größeren Publikum gar nichts 
sagte, wird der jetzigen Anordnung in den Sälen des 
Obergeschosses die Anerkennung nicht versagen können. 
Es wird immer eine der schwierigsten Fragen 
der Museumstechnik sein, wie für die Kunstwerke des 
Mittelalters in einem modernen Museumsbau, für den 
sie doch niemals geschaffen worden sind, eine ästhetisch 
befriedigende und den historischen Anforderungen gerecht 
werdende Aufstellung zu erreichen ist. In Hannover 
lagen die Dinge noch ganz besonders schwierig, denn 
das Provinzial-Museum stellt alles andere als einen 
vorbildlichen Museumsbau dar; nach aussen eine höchst 
bedenkliche Fassade im Stile der Vorkriegszeit zeigend, 
bietet der Bau im Innern wohl technisch gut durdi- 
gebildete Räume, die aber kalt und wenig anheimelnd 
erscheinen und naturgemäß einer harmonischen Auf 
stellung gerade der mittelalterlichen Kunstwerke große 
Schwierigkeiten bereiten mußten. Hier setzt nun die 
Arbeit von Dr. Dorner ein, der sozusagen aus der Not 
eine Tugend machtetund in dem Verzicht auf kost 
spieligen Umbauten doch ganz bewußt zu einem neuen 
Typus des Museums gekommen ist. War man in den 
früheren Museumsbauten, wenigstens bei den besseren 
ihrer Art, ängstlich darauf bedacht, das Museum in 
seiner körperlichen Erscheinung zurücktreten zu lassen 
und nur den einzelnen Gegenstand mit möglichster 
Akzentuierung zu dem Beschauer sprechen zu lassen, 
so wird jetzt hier im Provinzial-Museum zu Hannover 
wohl zum ersten Male versucht, das Museum als solches 
aktiv wirken zu lassen. Dadurch, daß die Möglichkeit 
gegeben wird, intuitiv an einem ganzen Komplex von 
Kunstwerken eine Periode zu erfassen, ist es gelungen, 
eine gefühlsmäßige Entwicklungsgeschichte der Kunst 
zu geben, an Hand der ausgestellten Kunstwerke. Boten 
die bisherigen Museumsbauten ein mehr oder weniger 
geschmackvolles Reservoire für die Kunstwerke, so ist 
man jetzt in Hannover dazu übergegangen, „Aus 
drucksräume“ zu bilden, die gleichzeitig den 
Stimmungsgehalt einer ganzen Epoche widerspiegeln 
sollen. Erreicht ist dies hauptsächlich durch eine ge 
schickte Anwendung der Farbe, die rein stimmungs 
gemäß verwandt worden ist. So hat der romanische 
Saal eine kühle, fast sachlich erscheinende Bemalung 
in braun erhalten, der gotische Saal gibt sich in 
leuchtendem Violett, die Decke erscheint in einem tief 
dunklen Blau, die Zeit des Ueberganges vom 15. zum 
16. Jahrhundert wird durch eine Tönung in einem 
kräftigen Blau und Grün gegeben, während der Schluß 
raum dieser Abteilung in einem prachtvollen Rot mit 
einer weißen Decke erscheint.
	        
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