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Internationale Sammler-Zeitung
Nr. 16
dann würde man von dem Kanzleibeamten angeschnauzt
und schließlich müsse man auf das Geld fünf Monate
warten. Der Mann hatte nicht ganz unrecht. Aber ich
wollte die Sammlung haben. So versicherte ich ihn,
daß ich alle Wege selber machen werde und er dabei
nichts zu tun haben werde, eventuell würde ich das
Konvolut selbt abholen. Es war alles umsonst. Der
Mann hatte solchen Respekt, ja, Widerwillen für alles
Bürokratische, daß er nicht zu überreden war. Na,
macht nichts, dachte ich bei mir, mit einem Blick auf
das Paket, du entgehst mir doch nicht. Zuerst wandte
ich mich an unseren Rechnungsbeamten, mit dem ich
gut stand, ob er mir den Betrag nicht kurz aus der
Handkasse freimachen könne. Nein, das ginge nur mit
Kenntnisnahme der Oberbehörde. Auf zur Oberbehörde,
wo ein Hofrat seinen Schatz hütete. Lange Unterredung.
Im Meritorischen gesiegt. Die Sammlung sei zu erwerben.
Aber das Haupthindernis, der Antiquar. Da gab’s kein
Mittel. Leider. Keine Möglichkeit. Im Sinne der Vor
schriften u. s. f. Das sagt man einem Bibliothekar, der
auf eine Erwerbung aus ist! Ich suchte eine Hilfe. Wie
wäre es, wenn ich das Konvolut für mich erwürbe und
es dann um den gleichen Betrag der Bibliothek abträte
oder wenn man mir den Betrag einhändigte, den ich
dem widerborstigen Antiquar in seinem Geschäfte
übergebe und gleich das Paket abtransportieren lasse?
Ach, es wäre zu einfach gewesen! Sehen Sie, das alles
war ganz und gar unmöglich. Zwei Gründe. Erstens
war so etwas noch nie dagewesen, was das Todesurteil
für meine Vorschläge bedeutete, und zweitens könnte
am Ende ein Mißgünstiger munkeln, ich hätte bei der
Erwerbung etwas verdient! Das erste war nicht zu um
gehen, das wußte ich. Ein Beamter etwas tun, was
noch nie ein anderer vor ihm getan hat — ausgeschlossen.
Ich suchte gleich auf das Zweite abzulenken und er
widerte, daß mir niemand Zutrauen würde, ich hätte bei
der Angelegenheit wegen eines „Gewinnes“ von einigen
Groschen meine Pflicht verletzt, schimpfliche Entlassung,
ja gerichtliche Abstrafung riskiert. Und ich würde mir
übrigens im Interesse der Erwerbung selbst das Raunen
einiger Dummköpfe gefallen lassen, obwohl ich selbst
den dümmsten Dummkopf nicht für so dumm hielte.
Die Geschichte hat weiter keine Pointe und sie ist
damit aus. Die Sammlung konnte nicht erworben werden.
Ich habe mir einige Stücke privat für mich selbst gekauft,
weil mir für das ganze Paket leider zuhause der
Platz fehlte.
* *
*
Das sind einige Erinnerungen meines Bekannten.
Vielleicht kann ich später noch einige erzählen, da er
sie mir mit einigen wehmütigen Worten zur Veröffent
lichung freigegeben hat.
In Utopien kam es später übrigens zu großen Um
wälzungen. Das Reich zerfiel. Die herrschende Dynastie
wurde vertrieben und die Republik erklärt. Das betraf
aber wirklich nur die Form des Gemeinwesens. Im
Innern blieb alles genau so, wie es war. Personen
stürzten, aber der Geist, der alle beherrschte, behielt
seine Macht, als wäre gar nichts geschehen und wäre
das Gestern so wie das Heute. So kann man den
Erinnerungen meines Freundes nicht die schönen
Märchenworte: „Es war einmal“ vorsetzen. Denn es
ist in Utopien noch immer so.... Es ist ja der Geist
des Landes, der das Hauptwort spricht. Alles übrige
ist nur Beiwort, Hilfswort...
Siusdrucfisräume.
Zur Neu-Ordnung des hannoversdien Provinzial-Museums.
Von Dr. Fritz Wedekind, Hannover.
Die Veränderungen des hannoverschen Provinzial-
Museums, die in der Schaffung der modernen Galerie
unter der Leitung von Dr. D o r n e r, dem jetzigen
Leiter der Kunstsammlungen, ihren Anfang genommen
hatten, sind weiter fortgesetzt worden und haben in
diesen Tagen durch die Eröffnung der Säle, die die
mittelalterliche Kunst enthalten, einen allerdings nur
vorläufigen Abschluß erfahren. Wer den früheren Zustand
des Provinzial-Museums gekannt hat, wo die Kunst
werke in den unteren Sälen eine höchst gedrängte und
zusammenhanglose Schau darboten, die dem Fachmann
wenig behagte und,, dem größeren Publikum gar nichts
sagte, wird der jetzigen Anordnung in den Sälen des
Obergeschosses die Anerkennung nicht versagen können.
Es wird immer eine der schwierigsten Fragen
der Museumstechnik sein, wie für die Kunstwerke des
Mittelalters in einem modernen Museumsbau, für den
sie doch niemals geschaffen worden sind, eine ästhetisch
befriedigende und den historischen Anforderungen gerecht
werdende Aufstellung zu erreichen ist. In Hannover
lagen die Dinge noch ganz besonders schwierig, denn
das Provinzial-Museum stellt alles andere als einen
vorbildlichen Museumsbau dar; nach aussen eine höchst
bedenkliche Fassade im Stile der Vorkriegszeit zeigend,
bietet der Bau im Innern wohl technisch gut durdi-
gebildete Räume, die aber kalt und wenig anheimelnd
erscheinen und naturgemäß einer harmonischen Auf
stellung gerade der mittelalterlichen Kunstwerke große
Schwierigkeiten bereiten mußten. Hier setzt nun die
Arbeit von Dr. Dorner ein, der sozusagen aus der Not
eine Tugend machtetund in dem Verzicht auf kost
spieligen Umbauten doch ganz bewußt zu einem neuen
Typus des Museums gekommen ist. War man in den
früheren Museumsbauten, wenigstens bei den besseren
ihrer Art, ängstlich darauf bedacht, das Museum in
seiner körperlichen Erscheinung zurücktreten zu lassen
und nur den einzelnen Gegenstand mit möglichster
Akzentuierung zu dem Beschauer sprechen zu lassen,
so wird jetzt hier im Provinzial-Museum zu Hannover
wohl zum ersten Male versucht, das Museum als solches
aktiv wirken zu lassen. Dadurch, daß die Möglichkeit
gegeben wird, intuitiv an einem ganzen Komplex von
Kunstwerken eine Periode zu erfassen, ist es gelungen,
eine gefühlsmäßige Entwicklungsgeschichte der Kunst
zu geben, an Hand der ausgestellten Kunstwerke. Boten
die bisherigen Museumsbauten ein mehr oder weniger
geschmackvolles Reservoire für die Kunstwerke, so ist
man jetzt in Hannover dazu übergegangen, „Aus
drucksräume“ zu bilden, die gleichzeitig den
Stimmungsgehalt einer ganzen Epoche widerspiegeln
sollen. Erreicht ist dies hauptsächlich durch eine ge
schickte Anwendung der Farbe, die rein stimmungs
gemäß verwandt worden ist. So hat der romanische
Saal eine kühle, fast sachlich erscheinende Bemalung
in braun erhalten, der gotische Saal gibt sich in
leuchtendem Violett, die Decke erscheint in einem tief
dunklen Blau, die Zeit des Ueberganges vom 15. zum
16. Jahrhundert wird durch eine Tönung in einem
kräftigen Blau und Grün gegeben, während der Schluß
raum dieser Abteilung in einem prachtvollen Rot mit
einer weißen Decke erscheint.