MAK
Nr. 16 
Internationale Sammler-Zeitung 
Seite 125 
sie komplett zusammenzubringen vermag. Der Biblio 
graph Artur Dinaux, der sein langes Leben darauf 
verwendete, ein Lexikon aller „Soci£t6s badines" zu 
verfassen, kannte von den Heften der „Soci6t£ litteraire 
de Bordeaux“ nur fünf. Das Reglement der Gesellschaft 
bestand in 17 gereimten Artikeln. Ein berühmter Advokat 
von Bordeaux, Ferrere, war Präsident, ein gewisser 
Martignac Sekretär-Redakteur. Die meisten Mitglieder 
waren junge und alte Advokaten, von denen einige in 
ganz Frankreich berühmt wurden, wie Ernezigon, 
L a i n £, Peyronnet, Die von den Mitgliedern ver 
faßten bacchischen Stanzen aber waren herzlich schlecht. 
Eine andere, ebenfalls meist aus Advokaten be 
stehende ähnliche jokose Gesellschaft im Bordeaux der 
Revolutionszeit nannte sich „Cercle des Chansonniers de 
Bordeaux". Zu den Mitgliedern dieses Cercle gehörten 
von Berühmtheiten der Juristenwelt Duranteau, ein 
großer Argumentator, B u h a n, einer der Autoren der 
berühmten „Revue de l’ati VII", und Baren n es, ein 
feiner Schriftsteller. Auch Martignac, den Sekretär 
der anderen Gesellschaft, treffen wir hier wieder. 
ln der Epoche des Directoire wurde in Bordeaux 
ein „Comit6 litteraire" gegründet, das sehr lange be 
stand. In einer der Dienstagsitzungen dieses Komitees 
las der berühmte Advokat Albert Saget seine indische 
Erzählung „Mahmoud et Zerdoust" vor, in der er in der 
Manier Voltaires für die Toleranz plädierte. 
Ferner gab es in Bordeaux ein „Comit6 de quatre“, 
bestehend aus den Schriftstellern Vergniaud, Du cot, 
Fonfrede und Furtado, die in den Stürmen der 
Revolution Zeit und Muße fanden zu pikanten litera 
rischen Scherzen und unter Todesgefahren pünktlich 
zusammenkamen, um an fröhlicher Tafel zu pokulieren 
und erotische Schwänke auszukratnen. 
Auch in neuerer Zeit gründeten sich in Bordeaux 
derartige Gesellschaften. So konstituierte sich hier um 
die Mitte des 19. Jahrhunderts die „Acaddmie des Six“. 
Zu den sechs „Akademikern“ gehörte der Kaufmann 
Duffour-Dubergier, Maire von Bordeaux, der ver 
fängliche „Chroniken“ für seinen Kreis schrieb, die bloß 
in einigen Exemplaren gedruckt wurden und die heute 
zu den fast unauffindbaren Raritäten des Genres zählen. 
Ein anderer der Sechs, ebenfalls ein Kaufmann, Mon 
sieur B i a r n e z, verfaßte ein jokoses Gedicht, betitelt 
stil- und ordnungsgemäß „Les grands Vins de Bor 
deaux*. Die Sechs kamen in jedem Monat einmal zu 
sammen. Ihren Hauptzweck sah diese Bibliophilengesell- 
schaft in. einem exquisiten Diner erfüllt, bei dem natür 
lich die feinsten Weine der Weinhauptstadt der Welt 
nicht fehlen durften. Freunde der Gastronomie und der 
Galanterie wurden zu den Zusammenkünften geladen, 
und die Witze, Gedichte und Erzählungen, die es dabei 
gab, wurden gesammelt und gedruckt. 
Schließlich will ich erwähnen, daß in Bordeaux im 
Jahre 1857 auch noch eine „Soci6t£ des Treize" ge 
gründet wurde, eigens deshalb, um dem Aberglauben 
bezüglich der Zahl 13 entgegenzuarbeiten. Die Dreizehn 
hielten, um ihre Furchtlosigkeit noch stärker zu betonen, 
ihre Bankette stets an einem Freitag ab. Die Mitglieder 
der Gesellschaft verpflichteten sich, alle ihre Unterneh 
mungen nur an einem Freitag zu beginnen und als Tag 
des Antrittes einer Reise den Freitag allen anderen 
Tagen vorzuziehen. Das Ordensfest feierten sie am 13. 
Freitag des Jahres. Zu Tische setzten sie sich erst, 
nachdem sie ihre Sessel auf einem Fuße im Kreise her 
umgedreht hatten. Die Gesellschaft hatte auch korre 
spondierende Mitglieder,- die aufgenommen wurden, 
nachdem sie sich als mit dem „bösen Blick“ behaftet 
erwiesen hatten. 
Von allen diesen Gesellschaften sind nur noch ihre 
literarischen Produkte zurückgeblieben, und diese nur 
in Seltenheiten, denen der Sammler nachjagt wie den 
köstlichsten Schätzen der Erde. 
yfDer SJlafäasteri“. 
Artur Rößler hat unter diesem 
Titel eine Sammlung von Aussprüchen 
und Anekdoten aus dem Leben be 
rühmter bildender Künstler im Verlage 
Ernst Peter T a 1 & Co., Wien, heraus 
gegeben. Was ein Künstlerleben treibt 
und bewegt, hindert und hemmt, all 
dies glitzert und gleißt aus den Seiten 
dieses Büchleins, dessen Wert wir am 
besten illustrieren, wenn wir etliche 
dieser Anekdoten wiedergeben. 
Seinesgleichen. 
Eine Dame der Wiener Plutokratie stellte Gustav 
Klimt darüber zur Rede, daß er als gefeierter Künstler 
so wenig acht auf die Wahl seines Umganges gebe 
und mit niedrigem Volk verkehre. Das sei doch nichts 
für ihn. 
„Ah, Sie meinen, gnädige Frau, ich sollte lieber mit 
meinesgleichen verkehren? — Das geht schwer und 
wär’ auch zu fad. Ich kann doch nicht den ganzen Tag 
im Hofmuseum herumlaufen.“ 
* 
Die angenehme Arbeit. 
Oskar Kokoschka, den der Wiener Sammler 
Reichel aufgefordert hatte, sein Porträt zu malen, 
sah den Mann lange und aufmerksam an und schlug 
dann vor: 
„Wissen S’ was, Herr Doktor? — Da mal’ i Ihna 
do liaber a Stilleben!“ 
* 
Warnung. 
Bei Whistler meldet sich ein junges Mädchen 
zum Unterricht. 
„Was malen Sie denn, mein Fräulein?“ fragte 
Whistler harmlos. 
„Ich male, was ich sehe.“ 
„Das ist nicht übel,“ erwiderte Whistler, „aber passen 
Sie auf den Schrecken auf, wenn Sie sehen werden, 
was Sie gemalt haben!“ 
* 
Weisheit des Alters. 
„Lieber Freund“, sagte Trübn er zu Lieber 
mann voll Mitgefühl, „Sie werden auch schon lang 
sam alt.“ 
Liebermann strich sich überden gelichteten Scheitel: 
„Gott si Dank! Wenn ick nu ’ne Dame kennen 
lern« un se is häßlich, atme ick direkt erleichtert auf.“ 
• 
Schlechte Meinung. 
„Die Kunsthistoriker“, meinte Liebermann, „sind 
dazu da, unsere schlechten Bilder nach unserem Tode 
für falsch zu erklären.“ 
* 
Der Hafer. 
„Les danseuses a la barre“ wurden versteigert. Sie 
erzielten eine halbe Million. Degas selbst hatte seiner 
zeit nur ein paar hundert Franken dafür bekommen. 
Als er von der erzielten Summe erfuhr, sagte er 
anerkennend: „Ein guter Preis“. 
Und als man, über so viel Ruhe erstaunt, ihn fragte, 
ob es ihn nicht tief verletze, daß er sich damals mit 
einem so geringen Betrag hatte begnügen müsssen, meinte 
er abwehrend:
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.