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Internationale Sammler-Zeitung
Nr. 2
erwähnten Parodi’schen Figuren waren von wandhohen
Vitrinen so sehr verdeckt, daß sie gegen 1890 erst
wieder entdeckt werden mußten. Der Zustand der Am-
braser-Sammlung in jener Periode ist durch eine lange
Reihe von Aquarellen Karl Goebl’s im Bilde festgehalten,
die eine Zeit lang im zweiten Stockwerk des neuen
Hofmuseums ausgestellt waren.
Im Gegensatz zu der alten, magazinsartigen Raum
füllung, mit Dingen, die keinen rechten inneren und
äußeren Zusammenhang hatten, finden wir im neuen
Barockmuseum etwas Einheitliches,. wohl geord
netes vor. Die vielen Sachen und Sächelchen aus der
„Ambraser-Sammlung“ sind längst alle ins neue kunst
geschichtliche Hofmuseum geschafft worden und die
„Moderne Galerie“, die jahrelang im unteren Belvedere
ein sehr wechselvolles Dasein geführt hat, ist nun ent
fernt. Sie soll, wie es heißt, im oberen Belvedere ihre
Auferstehung feiern. Sie ist jetzt im unteren Schloß
durchs Barockmuseum abgelöst worden. Dieses hat, aus
dem Bestand des Hofmuseums, aus allerlei neueren An
käufen, Leihgaben und Geschenken zusammengesetzt,
die Aufgabe, eine Art Ueberblick über die heimische
Kunst des 18. Jahrhunderts zu bieten. So weit es die
Anpassung an die Räume gestattet, ist alles mit Geschick
und oft mit feinem Verständnis aufgestellt. Obwohl nun
an eine Vollständigkeit einer Uebersicht über die Hun
derte von österreichischen Barockmeistern von vorn
herein nicht zu denken war, sind doch viele durch gute
Beispiele vertreten, so der schulbildende Hofmaler M.
Meytens (sein Gefolge kann einigermaßen an den viel-
figurigen großen Leinwänden im Schönbrunner Schloß
studiert werden), so eine Reihe österreichischer Kirchen
maler, wie der grobkörnige Troger, der leichtsinnig, mit
ungeheurer Virtuosität hinfegende Maulpertsch, der frucht
bare erfindungsreiche Joh. Mart. Schmidt, weniger der
faustfertige Mart. Altomonte, den man ja besser in vielen
österreichischen Kirchen kennen lernen kann, andeu
tungsweise Michael Rottmayr und einige andere. Auch
die Landschafter Hartmann, Schinnagl, Faistenberger,
Joh. Christ. Brand und der geschickte Figurenmaler Joh.
Vikt. Platzer (sein Hauptwerk: Simsons Rache ist durch
Herrn K.R. Jos: Silier dem Museum geschenkt worden)
finden Beachtung. Unsere Pastellisten der Theresianischen
Zeit werden vermißt, was ja wohl noch ohne Schwierig
keiten nachzuholen ist. Bei einer Farbenskizze (Nr. 175),
die wohl vom älteren (d. i. Jos. Georg) Schmidt her
rührt und die Taufe Christi im Jordan darstellt, hege
ich die Vermutung, daß sie zu dem großen Altarbild
in der Wiener Malteserkirche gehört, das man der
düsteren Beleuchtung wegen nicht recht zu Gesicht
bekommt. Ueberprüfung durch junge, frische Augen
erbeten. Die flüssig gemalte Skizze wurde als Leihgabe
aus dem Johanneum in Graz beigestellt und ist Eigen
tum des Grafen Edmund Attems. Aus Graz wurde auch
eine Skizze zu Altomontes Auferweckung des Jünglings
zu Naim in der Wiener Karlskirche ausgeliehen. Klaus
hat das Bild in seinem Altomontebuch besprochen, was
auch im neuesten Katalog der Grazer Galerie von
W. Suida erwähnt ist. Besondere Neuigkeiten werdeu
in großen Altalbildern geboten, welche, dank dem Ent
gegenkommen des Wiener Schottenstiftes, aus der Wiener
St. Ulrichskirche ins Barockmuseum gelangt sind. Ich
fand diese Bilder vor Jahren eingerollt und in einem
wahrhaft kläglichem Zustand auf dem Dachboden der
Kirche. Man hat sich nun dieser Leinwänden ange
nommen und sie wieder hersteilen lassen. Nach Angabe
Fr. H. Böckh’s (1821) seien diese Bilder von Paul
Troger (hiezu „Studien nach Skizzen zur Gemäldekunde"
Bd. VI „Bemerkenswerte Gemälde in den Wiener
Kirchen“). Nach der Restaurierung wurde eine Urntaufe
vorgenommen. Den Namen Troger hat man nur für die
Himmelfahrt des Johannes Nepomuk beibehalten. Das
Martyrium Thaddäi bekam mit Recht die Benennung:
Maulpertsch. Den Abschied Petri und Pauli verzeichnet
man als Werk von Jos. Jgn. Mildorfer, wie .es scheint
nach urkundlicher Erwähnung. Zu dem Martyrium
Thaddäi von Maulpertsch v/ird im üppig ausgestatteten
großen Katalog des Barockmuseums die Bemerkung ge
macht, daß die Zuschreibung an Maulpertsch durch einen
bestimmten Zusammenhang gesichert ist, und zwar durch
eine Zeichnung, welche nach dem großen Gemälde her
gestellt ist und die Inschrift aufweist „Ant. Maulpertsch
In: et Pinxit Viennae“. Diese Zeichnung, die von Wagen
schön gefertigt zu sein scheint, kam durch Herrn Kunst
händler Dominik Artaria als Widmung in’s Barock
museum. Maulpertsch, unser Wiener Tiepolo, ist im
neuen Barockmuseum besonders angesehen. Man hat
ihm ein eigenes Kabinett eingeräumt, wo sich viele
Entwürfe finden, die kühn, keck, nahezu frech den
Schnellmaler verkünden. Der Heilige Narcissus hat in
der Eile der Himmelfahrt einen Kopf wie von einem
aufgeregten Cochinchina—Hahn bekommen. Die ver
bogenen Schädel und Gesichter der Maulpertsch’schen
Figuren sind allbekannt, und doch spricht ein großes
Können, eine ungeheuere Kraft aus seinen Entwürfen
und gar aus den großen Leinwänden und Fresken. —
Man möge noch die kreisrunde Skizze von Vinzenz
Fischer zum Deckenbild im Dianatempel des Laxen-
burger Parkes beachten. Vor etwa fünfzig Jahren wurde
sie vom Wiener Juwelier und Sammler Klinkosch er
worben. Bei der Versteigerung Klinkosch yon 1889
kam das wertvolle Stück (um 20 Gulden!) an Kustos
Ed. Gerisch, bei dem es lange verblieb. Dann wanderte
es in’s Hofmuseum und von dort ins untere Belvedere.
Mit solchen Andeutungen mag es |vorläufig sein Be
wenden haben, bis sich Gelegenheit zu größeren Studien
ergibt.
Die neue Schöpfung des Barockmuseums als Ganzes
ist eine freundliche Neuerscheinung im Wiener Kunst
leben und sei von uns mit Wärme begrüßt.
2)/e c ÜDawra-3luRtion.
Bei der W a w r a-Auktion* erzielten weiters
(in Millionen Krone n):
Gemälde alter Meister.
Nr. 174 A s h f o r d, Landschaft 8'5. Nr.;i75 Joh. Chr. Brand,
Winterlandschaft 11. Nr. 176 Deutsch, 18. Jahrh. Die Flucht
in Aegypten 1'2. Nr. 177 Desgl., Der Zinsgroschen 2'8. Nr. 178
Hendrik D u b b e 1 s, Winterlandschaft 5 2. Nr. 179 Cornelius
Dusart, Holland. Wirtshausszene 35. Nr. 180 Fontana,
Grablegung Christi. Nr. 181 Frans Franken, Anbetung der
Hirten 11'5. Nr. 182 Willem Claesz-He da, Stilleben 14'5.
Nr. 183 Italien, um 1600, Himmelfahrt Marie 3'2. Nr. 184 Italien.
17. Jahrh., Die heilige Magdalena in der Buße 5'8. Nr. 185
Kupetzky, Kaiser Josef I. 14. Nr. 186 Jan Miel, Die Karten-
*), Siehe Nr. 1 der „Internationalen Sammlerzeitung“.
Spieler 2'4. Nr. 187 Jehan M o n i n k s, Tobias und der Engel
L 2, Nrt 188 Nordvenezian. um 1600, Himmelfahrt Christi 8'5,
Nr. J89 Ad I ,aen van Ost ade, Ein holländischer Bauer 30.
Peeters, Kirmes 34. Nr. 191 Reiner,Der verliebte
t u , 2 j 6 -^ r -„ 192 Rombouts, Gegend in Holland 12. Nr. 192a
Joh. Martin Schmidt, Dreieinigkeit 5. Nr. 193 Pieter Snayers,
*V eb i e n! al i 9 ' 5 ' Nr - 194 Süddeutsch um 1780, Kalvarienberg
nkxT David Ten iers jun., zugeschr., Die Kartenspieler
10-5. Nr. 19b Van der Venne, Landschaft mit Tieren und
Fruchten 4.
Aquarelle.
Nr. 197 John Quincy Adams, Frauenbildnis 2 2 Nr 198
Agricola, Raphael Sanzio 4'4. Nr. 199 Theodor Al phons
N U %n, ee n nSt f in / 4 - u Nr ‘ 200 Franz A1 i> Der Graben 3f>.
Nr. 201 Desgl., Ansicht aus einer italien. Stadt 12 Nr 202
Desgl., Inneres einer Kirche in Rothenburg a. d. T. 3 4. Nr. 203