MAK
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Internationale Sammler-Leitung 
Seite 165 
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schickt. Ich finde unter den Illustrationen Tafel 12 fol 
gendes Bild, das auf Seite 41 so beschrieben wird: 
„Nr. 215 Giovanni Segantini f Pontresina — „Cam- 
p a g n a Romana“, Ausläufer der Toscaner Alpen, 
vom Tibertal aus gesehen. Eine weite Ebene, die durch 
die Bergkette begrenzt wird. Hinter der mit hohem 
Gras bewachsenen Steppe des Vordergrundes ein Streifen 
Feld, auf dem ein pflügender Bauer und zwei Gruppen 
Feldarbeiter. Rückwärts am Fuß der Berge verschiedene 
Dörfer und einzelne Häuser. Gleichmässiger blauer 
Himmel. Leinwand 1.20X2.00. — Mit Gutachten von 
Dr. Servaes, Prof. Mackowsky und Dr. Meier- 
Graefe". Das Bild soll aus der Sammlung „Gemälde 
neuester Meister" von Dr. Heinrich Behrmann stammen. 
Im Maiheft 1/2 „Der Kunstwanderer“ 1924 ist es auf 
Seite 253 abgebildet mit folgender Bezeichnung: „Gio 
vanni Segantini, Savoyische Landschaft. Ausstellung bei 
Hugo Helbing, Berlin“. 
Es sind nicht die savoyischen Berge, es sind nicht 
die Toscaner Berge, die nach Norden liegen, sondern 
die Berge der Abruzzen, die von Rom aus nach Süden 
liegen. Ueber die gewaltige Ebene weht die kalte „Tra 
montana“, die den Himmel aufklärt und etwas von der 
harten strahlenden Gewalttätigkeit des römischen Im 
periums über die Tiberlandschaft bringt. Das Bild ist 
1910 bis 1911 von mir, Gottardo Segantini, gemalt 
worden. Es kam 1912 mit anderen Werken von mir 
zur Ausstellung nach Bern, dann nach Zürich. 1913 
war es mit einer Kollektion bei Hermes in Frankfurt, 
im Kunstverein in München und bei Del Vechio in 
Leipzig ausgestellt. Während des Krieges in Darmstadt, 
wurde die Kollektion 1919 im Kunstverein daselbst und 
in Gießen ausgestellt. Somit kann niemand behaupten, 
daß das Bild „Campagna Romana" nirgends öffentlich 
als ein Gottardo Segantini zu sehen war. 1921 wurde 
dieses Werk mit anderen vier Arbeiten von mir nach 
Hamburg verkauft, und zwar zum Vorkriegspreise von 
12.000 Mark für die ganze Kollektion, was kaum die 
Rahmen bezahlte. Das besagte Bild „Campagna Ro 
mana" soll jetzt, wie ich höre, für 12.000 Mark ver 
kauft worden sein. Ein zu geringer Preis für einen Gio 
vanni Segantini, ein zu hoher für einen Gottardo Segan 
tini. Wann ihm die Vaterschaft vertauscht wurde, ist 
mir unbekannt. Um jedem Irrtum vorzubeugen, unter 
zeichne ich alle meine Arbeiten mit Gottardo S., 
ohne den Namen Segantini auszuschreiben; es ist mir 
unerklärlich, wieso diese Landschaft ohne Signatur ver 
blieben ist. Man benutzte dieses Versäumnis, um das 
Bild Giovanni Segantini zuzuschreiben. Ich protestiere 
und die Gerichte werden das übrige zu tun haben. 
Für das Bild sind drei Gutachten abgegeben wor 
den von ganz kompetenten Kunstkritikern. Wer das 
Leben Giovanni Segantinis aus den verschiedenen Mo 
nographien einigermaßen kennt, weiß, daß er n i e i n 
Rom war. Dr. Servaes, sein offizieller Biograph, 
hätte dies wissen müssen. Das Bild ist kein Giovanni 
Segantini, denn dieser hat nie ein reines Landschafts 
bild in solchem Ausmaß gemalt... Meine Arbeiten 
sind bedeutend impressionistischer gemalt. Es ist mir 
darum unbegreiflich, wie Dr. Meier-Graefe und die 
anderen Herren dazu kommen konnten, mein Bild für 
einen Giovanni Segantini anzusehen. Ich habe meine 
eigene Technik, meine eigene Einstellung zur Natur, 
und empfinde es als eine Ungerechtigkeit, als sklavischer 
Nachahmer Giovanni Segantinis genommen zu werden..." 
Aus dem Vorwort zum Katalog Bangel, verfaßt von 
Prof. Dr. F. Traugott-Schultz, der allgemein geltend 
A. FÖRSTER 
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Antiquitäten 
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□ 
Bücher-Sammlung aus altem rhein, Adelsbesitz 
sowie die Bibliothek des F Geh. Reg,-Rat. Univ.-Professor 
Dr. Moriz Ritfer-Bonn. 
Rheinland-Westfalen / Ältere und moderne Geschichts 
wissenschaft / Genealogie/Heraldik/Numismatik/Chroniken - 
Handschriften / Jnkunabeln und alte Drucke / Illustrierte jsj 
n Bücher des 17.—19. Jahrhunderts / Vermischtes aus der * 
ä Kunst-, Literatur- und Kulturgeschichte. 
D Versteigerung Dienstag 11. bis Freitag 14. November 1924. □ 
¥' Katalog mit 15 Autotypien gegen Eisendung von G.-Mk. 1. .Y. 
0 M. LEMPERTZ’ ANTIQUARIAT § 
0 Inhaber P. Hanstein & Söhne 0 
Gegründet 1846: : : BONN a. Rhein Postsdiek Köln: 41 438 ^ 
acssooocsoosoöoaoanoaocsooooäooiocson 
macht, daß in jedem Falle bei einem Bild nicht der 
Name, sondern die Qualität entscheidend sei, zitiert dann 
Gottardo Segantini die Schilderung des in Frage ste 
henden Bildes: 
„.... Bei dem großen Bilde „Campagna Romana" 
(Nr. 215), das wohl mit vollem Unrecht (merkwürdiger 
Druckfehler) Giovanni Segantini (1858—1899) zuge 
schrieben wird, wissen wir nicht, was wir mehr be 
wundern sollen: die edle Gleichförmigkeit des Land 
schaftsmotivs in der in ihm wehenden und über ihm 
schwebenden reinen Luft oder die großzügige Meisterung 
der Natur und der in ihr arbeitenden und sich pla 
genden Menschen und Tiere. Hier ist ganze Arbeit ge 
leistet, und das Irdische dem Ueberirdischen genähert. 
Auch hier ist, wie bei Segantini zumeist, die Harmonie 
der Totalität herausentwickelt aus der Mannigfaltigkeit 
der Details. Einfache Größe, tiefe Gedankenbeseeltheit 
und eine weiche Melancholie liegt über der Natur, welche 
die Natur selbst ist," Gottardo Segantini fügt noch bei: 
„Es ist eine Genugtuung für die Mediokrität, daß die 
Söhne großer Väter strenger beurteilt werden als andere 
Menschen und daß man ihnen wie dem Mimen keine 
Kränze flicht.“ 
Was wohl die HH. Meier-Graefe und Franz Servaes, 
der Biograph Giovanni Segantinis, zu dieser ihre Sach 
kenntnis so wunderbar beleuchtenden Enthüllung sagen 
werden?
	        
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