Nr. 14
Internationale Sammler-Zeitung
Seite 113
(Dürer-Ausstellung in Koburg.) Im Kupfer
stichkabinett der Feste Koburg hat Professor Kämmerer eine
Dürer-Ausstellung veranstaltet, die e.nen Ueberblick
über sein gesamtes graphisches Schaffen geben soll. 117 Kupfer
stiche und 200 Holzschnitte von ausschließlich vorzüglicher Be
schaffenheit sind unter Glas bequem zur Betrachtung ausgehängt,
und zwar in zeitlicher Reihenfolge ihres Entstehens, datiert nach
dem Kataloge S. R. K ö h 1 e r s (Boston 1888). So läßt sich die
fortschreitende Technik wie die Erweiterung des Gedankenkreises
Dürers leicht verfolgen. Dazu kommen als besonders wertvolle
Ergänzung sieben Handzeichnungen Dürers. Der besondere
Wert dieser Ausstellung liegt in sieben, aus dem berühmten
Imhoffschen Kabinett in Nürnberg stammenden Handzeichnun
gen. Es sind 1. die Geißelung Christi, 1502; 2. Anna Rehlingen,
eine Augsburger Patriziertochter, 1523; 3. Entkleidung Christi
und Kreuzigungsgruppe auf der Vorderseite; rückseitig säugende
Zentaurenmutter. Geburt Christi; Maria Magdalena von vier
Engeln gen.Himmel getragen; Frau mit Nelke (von Professor
Kämmerer erst kürzlich Dürer zugewiesen); Pferdehinterteil,
sämtlich Federzeichnungen, ln der Mitte dieser Reihe hängt
eine Probe Dürerscher Schrift.
(H. C. Andersen-Ausstellung in Berlin.) Die
Vorarbeiten für die im Oktober in Berlin anläßlich der
50jährigen Wiederkehr des Todestages des Märchendichters H.
C. Andersen stattfindende Andersen-Ausstellung schreiten
rüstig vorwärts. Das gesamte von dänischer Seite zur Ver
fügung zu stellende Material ist bereits unter der Leitung Prof.
Karl Larsens in Kopenhagen gesammelt. Zur Ergänzung der
dänischen Bestände werden zur Zeit die in Deutschland er
reichbarer. Anderseniana zusammengebracht.
(Emile Gillieron f.) In Athen starb der Maler Emile
Gillieron, der sich als Forscher und Darsteller auf dem Ge
biete der antiken Malerei einen ausgezeichneten Namen erworben
hat. Vom Genfer-See stammend, in Paris gebildet, kam Gil-
lidron früh als Maler und Lehrer der Malerei nach Athen. Seine
schöpferische Eigenschaft war aber nicht seine Stärke, um so
eifriger stelPe sich Gillieron in den Dienst der Wissenschaft.
Seit 1880, seit der Veröffentlichung des Kuppel-Grabes von
Menidi, zeichnete er ununterbrochen für wissenschaftliche Ver
öffentlichungen. Seine Arbeit galt ebenso dem Festhalten der
Reste antiker Malerei, wie dem der Farbspuren an antiken
Bildwerken. Er war der Mitarbeiter Theodor Wiegands bei
der Untersuchung der Poros-Skulpturen auf der Akropolis von
Athen. Die von Gillieron geschaffenen Kopien pompejanischer
Wandbilder und der Marmorbilder von Herculanum sind ein
wertvoller Besitz des Robertinums in Halle. Seine galvano
plastischen Nachbildungen von Gegenständen der mykenischen
Kunst haben anregend für den ärchologischen Unterricht und
für die Verbreitung der Anschauung dieser Kunst gewirkt. Ein
großer Teil von Gillierons Lebensarbeit ist noch nicht ver
öffentlicht und wird erst in den großen Publikationen der Funde
von Knossos, der Schachtgräber von Mykene und der Stellen
von Pagasas der Allgemeinheit zugänglich werden.
(Dresdener Kunstausstellung.) Aus Dresden wird
uns geschrieben: Am 4. Juli wurden auf der Brühlschen Terrasse
die Pforten der großen Dresdener Kunstausstellung 1925 ge
öffnet. Die Ausstellung umfaßt etwa ein halbes Tausend Ge
mälde, dazu eine Sonderausstellung von bisher in der Oeffent-
lichkeit unbekannt gebliebenen Gemälden Wilhelm Trübners.
(Statuenfund in Eleusis.) Kürzlich wurde im mo
dernen Dorf Eleusis, unmittelbar am Fuße des natürlichen
Hügelchens eine Marmorstatue gefunden. Sie stellt eine weib
liche Gestalt dar, die nach links — vom Beschauer aus ge
sehen — läuft. Sie ist tadellos erhalten, abgesehen von den
beiden Armen, deren rechter am Ellenbogen, der linke an der
Schulter abgebrochen ist. Das Antlitz ist vollständig; es ist
rückwärts gerichtet. Als Gewandung trägt sie einen dünnen,
fließenden jonischen Chiton, der aber länger ist als üblich bei
Statuen dieses Typus. Der rechte Arm hielt wahrscheinlich die
Gewandung am linken Knie, während der fehlende linke Arm
wohl ausgestreckt war. Die Haltung scheint darauf zu deuten,
daß die Gestalt vor einem Verfolger floh und rückwärts blickte.
Kein einziges archäisches Werk ist bekannt, aus dem soviel
Kraft und Realismus spricht wie aus dieser neuen Statue. Bei
Vergleichen mit irgendeiner der archäischen Siegesgöttinnen,
die laufend dargestellt sind. — in den verschiedensten Museen
Europas — kommt man zum Schluß, daß die Bewegungshaltung
einer Periode angehört, die mindestens 10 Jahre später liegt,
als die Periode, welcher der allgemeine Stil und die Natur der
Statue angehören. Die Delikatesse der Behandlung von Gesicht
und Faltenwurf weist auf die attisch-jonische Schule, die von
510 bis 475 blühte.
(Amsterdamer histori sehe Ausstellungen.)
Aus A m s t e r d a m wird gemeldet : Im Reichsmuseum
und im städtischen Museum wurden die großangelegten histori
schen Ausstellungen zur Feier der sechshundertfünfzigsten Jähr
ung des 1275 durch Floris V. dem werdenden Staat verliehenen
Zollprivilegs in Anwesenheit zahlreicher, auch deutscher konsu
larischer und diplomatischer Vertreter in ausführlichen und form
vollendeten Ansprachen von Professor Brugmans, Bürgermeister
de Vlugt und Minister de Visser eröffnet. Die Ausstellung
bietet in ihrem künstlerischen Teil eine so leicht nicht wieder
kehrende Gelegenheit, Rembrandt als nationalen Historien
maler zu würdigen, da ausser der „Nachtwache“ und den
„Staalmeesters“ auch noch der merkwürdige allegorische Ent
wurf „De Eendracht van’t lant“ (aus Rotterdam), die Tulpsche
Anatomie (aus dem Haag und die seinerzeit für das Rathaus
Jacobs van Campen bestellte, dann aber nicht abgenommene
„Schüler der Bataven von Claudius Civilis“ (aus Stockholm) für
zwei Monate hier vereinigt sind. — Das städtiche Museum
zeigt vor allem eine eindrucksvolle Uebersicht der sozialen,
städtebaulichen und kulturellen Leistungen der Stadt Amsterdam
in neuerer und neuester Zeit.
MUSEEN.
(Ein unbekanntes Meisterwerk im Prado.) Das
Prado-Museum in Madrid hat seine berühmte Sammlung alt
niederländischer Gemälde durch eine Neuerwerbung von hohem
Werte bereichert. Es handelt sich um ein soeben aufgefundenes
Gemälde von Rogier van der Weyden, das Christus am
Kreuz, von der Jungfrau und Johannes beweint, darstellt. Zur
Rechten des Kreuzes sieht man eine Gestalt, zu der ein be
kannter Höfling am Hofe Philipps des Schönen Modell gestanden
hat. Den Hintergrund bildet eine Landschaft von hoher Schön
heit. In der Farbengebung herrschen die violetten Töne vor, die
für die Gemälde der alten Niederländer charakteristisch sind.
Eine schöne Kopie dieses Bildes befindet sich in Berlin, je eine
Variante in Brüssel und London. Das kostbare Original, das das
Prado-Museum jetzt erworben hat, stammt aus der Hinterlassen
schaft des Herzogs von Man das. Van der Weyden, der 1464
in Brüssel starb, gehörte zur Schule Jan van Eyks, seinen Wer
ken ist indessen ein herberer, leidenschaftlicher dramatischer
Zug zu eigen. Sein Hauptwerk bildet die große Darstellung der
Kreuzabnahme Christi im Museum zu Madrid.
(Vatikanisches Geschenk fü’r die Berliner
Abgußs a m mlun g.) Als Geschenk der Generaldirektion der
Vatikanischen Museen hat die Abgußsammlung in der Berliner
Universität kürzlich die Abgüsse mehrerer Köpfe erhalten, die
zu den von Professor Walter A m e 1 u n g, dem Leiter des
Deutschen archäologischen Instituts in Rom, in den Magazinen
des Vatikans gefundenen Köpfen gehören. Es sind unter anderen
die Köpfe der Athene des Myron, zu der Athene-Marsyas-Gruppe
gehörig — eine Wiederholung der ganzen Figur der Göttin steht
seit einiger Zeit in der Frankfurter Sammlung — die Wieder
holung des Dresdener Athletenkopfes aus Perinth mit Satyrohren
und der Hermenreplik des sogenannten Hertzschen Kopfes.
(Ein Müller-Guttenbrunn-Museu m.) Gelegent
lich der Zweihundertjahrfeier der Gemeinde Guttenbrunn
im Banat wurde dort im Geburtshaus Adam Müller-Gutten-
brunns zu seinem Gedächtnis ein Museum eingerichtet, in dem
der von der Familie des Dichters zur Verfügung gestellte Nach
laß an Möbeln, Handschriften, Urkunden und Büchern unter
gebracht worden ist.
(DieDiebstähleinderKönigsbergerSchloß-
g a 1 e r i e.) Aus Berlin wird uns berichtet: Die Kriminalpolizei
hat den Diebstahl von sechs Gemälden aus der Königsberger
Schloßgalerie aufgeklärt. Es gelang, die sechs gestohlenen Bilder,
die sich in einem Koffer in einer Charlottenburger Pension be
fanden, zu beschlagnahmen. Zwei Gemälde fehlen noch. Der
Dieb, der Kunsthändler W o h lg e m ut h, ist anscheinend ins
Ausland geflohen.
VOM KUNSTMARKT.
(Die Sammlung Coray-Stoop), die am 29. Juli in der
Galerie Fischer in Luzern unter den Ifammer kommt, enthält
eine Reihe wertvoller niederländischer Meister, Italiener der
Renaissance, zahlreiche deutsche, englische und französische
Meister des 17. und 18. Jahrhunderts, sowie eine kleine Serie
von Franzosen des 19. Jahrhunderts (Corot u. a.). „Das qualitäts
bedeutendste Stück“ der Sammlung nannte Georg Gronau die
Coray-Stoop-Madonna des Meisters von Flemallc. In der
Kunstliteratur heißt sie die „Madonna in der Apsis“, und es
existieren von ihr 12 Repliken. Von Mabuse besitzt die
Sammlung ein signiertes Bild „Herkules und Antäus“. Die jün
geren Zeitgenossen Mabuses, Bernaert van Orley und Jan van
Scorel sind gleichfalls in der Sammlung Coray-Stoop gut ver
treten. Ebenso Scorels glanzvoller Schüler Antonis M o r von
Utrecht (f 1576), zu dessen Hauptwerken das aus der Wiener
Gemäldegalerie bekannte Bildnis Gran Vellas, des Kanzlers von
Philipp II. von Spanien, gehört. Diesen Altniederländern reihen
sich noch die zeitgenössischen Italiener an: Tizian, von dem
man ein Bildnis sieht, das nach Grona „gewiß echt, wenn auch
nicht rein erhalten“ ist, ein Paolo Veronese, ein Bischof
bildnis, das im Katalog der Züricher Ausstellung unter dem
Namen Dosso Dossi ging, schließlich Maroni und Bronzino.