MAK
Seite 124 
Internationale Sammler-Zeitung 
Nr. 16 
in der Moderne fast so weit gegangen ist, daß uns 
das Buchzeichen beim Aufschlagen des Werkes zur 
inneren Sammlung und Andacht stimmt, macht auch 
den Ausspruch des Barons Jehan begreiflich: „Un livre 
sans ex libris est un corps sans äme, un noble sans 
parchemins, un imtneuble sans titre de propri£te, une 
boutique sans enseigne." 
Von ausübenden Künstlerinnen, die Exlibris ent 
warfen, muß man in erster Linie Käthe Olshaufen- 
Schönberger nennen, dann Mathilde Ade, die 
bekannte Künstlerin der Meggendorfer Blätter, deren 
poesievolle Exlibris uns oft an Märchenträume der 
Jugend erinnern. Eine ganz entzückende Radierung 
von Käthe Olshaufen-Schönberger ist das Buchzeichen 
für den Impressionisten Vincent van Gogh. Auch 
Marthe Hof rieht er in Wien, Emmy Löwen 
stamm und Alice Wanke lassen erkennen, was 
Frauen auf diesem Gebiete leisten. Und Luise Hahn- 
Frankel zeigt sich in ihren Exlibris ebenso ehrlich, 
mit einfachen Mitteln, Höchstes erstrebend und erreichend, 
wie als Malerin. 
Begünstigt durch das höhere Interesse, das die 
Graphik überhaupt in den letzten Dezennien gewonnen, 
hat das Exlibris einen Siegeszug angetreten, der ihm 
ungeahnte Perspektiven eröffnet. 
Gßarfes Sedefmeyer f. 
Hochbetagt ist jetzt in Paris, wo er seit mehr 
als einem halben Jahrhundert lebte, der bekannte Kunst 
händler Charles Sedelmeyer gestorben. 
Ein Seif made man im besten Sinne des Wortes! 
Aus sehr ärmlichen Verhältnissen — er begann als 
Lehrling im Geschäft des Wiener Bilderhändlers Georg 
Placht — hat sich Sedelmeyer durch Begabung und 
Energie zu einer der prominentesten Persönlichkeiten 
im internationalen Kunsthandel emporgearbeitet. Sein 
Urteil in Bilderfragen galt als unumstößlich. Wohl 
pflegte er hervorragende Kunstgelehrte, namentlich 
Bode, als Experten heranzuziehen, aber dies geschah 
nicht, um deren Urteil kennen zu lernen, als vielmehr 
sich das seine bestätigen zu lassen. 
Glücklich, wie als Entdecker wertvoller alter Bilder, 
war er auch beim Aufspüren von Talenten. Oester 
reicher von Geburt, brachte er insbesondere den in 
Paris lebenden österreichischen Malern das größte Inter 
esse entgegen; er trug viel dazu bei, daß die Werke 
von Jettei, Ribarcz, von Thoren und C h a r 1 e- 
mont in der französischen Kapitale rasch zur wohl- 
veidienten Anerkennung gelangten. Jettei malte mehr 
als ein Jahrzehnt ausschließlich für Sedelmeyer. Für 
August von Pettenkofen ließ er in seinem pracht 
vollen Palais in der Rue de Larochefoucauld ein eigenes 
Atelier errichten und dieser große Meister wohnte Jahre 
lang im Hause Sedelmeyers, wo er eine Anzahl seiner 
berühmten Gemälde schuf. Wir erinnern nur an den 
„Verwundetentransport“, der im vorigen Jahre unter 
ungeheurer Spannung bei C. J. Wawra in Wien zur 
Versteigerung kam. 
Besonders innig war Sedelmeyers Verhältnis zu 
M u n k a c s y. Die herrlichsten Werke dieses Künstlers 
sind auf Anregung Sedelmeyers entstanden. Sedelmeyer 
erwarb alles, was Munkacsy malte und schließlich kam 
ein zehnjähriger Vertrag zwischen ihnen zustande, der 
Munkacsy verpflichtete, alle seine Bilder für Sedelmeyer 
zu malen. Zu den Werken, die in dieser Periode aus 
der Werkstatt Munkacsys hervorgiengen, gehörte der 
„Christus vor Pilatus“ und „Die Kreuzigung“, die sich 
heute im Besitze des Sammlers John Wannaker in 
Philadelphia befinden. Die Freundschaft Sedelmeyers 
für Munkacsy übertrug sich später auch auf dessen 
Schwiegersohn Vaclav von Brozik, dem er jede mög 
liche Förderung angedeihen ließ. 
Sedelmeyer war auch Verleger sehr wertvoller 
Kupferstiche. Von den beiden Christusbildern Mun 
kacsys ließ er zwei große Radierungen ausführen, die 
eine von W a 11 n e r, die andere von K o 1 p p i n g. 
Auch ließ er andere Radierungen nach alten Meistern, 
wie solche von Rembrandt, Frans Hals, van Dyck, 
Botticelli und anderen ausführen. Auf der Weltaus 
stellung in Paris im Jahre 1900 erhielt Sedelmeyer 
hiefür die große goldene Medaille. 
Ein großzügiges Unternehmen Sedelmeyers war die 
Publikation des Rembrandtwerkes B o d e s, das in acht 
voluminösen Bänden das Oeuvre des Meisters umfaßt. 
Da die Herstellungskosten sehr hohe waren — über 
500.000 Mark pro Exemplar — konnte Bode in Deutsch 
land keinen Verleger dafür finden. Als Sedelmeyer 
davon hörte, übernahm er mit Freuden die Herausgabe 
des monumentalen Werkes, das mit seinem Namen 
dauernd verbunden bleibt. 
Wie alle großen Kunsthändler, war Charles Sedel 
meyer auch selbst ein passionierter Sammler. Im Laufe 
der Jahre schuf er sich denn auch eine Galerie, die 
zu den bedeutendsten Privatsammlungen Frankreichs 
zählt, ln seiner Galerie sollen sich herrliche Rembrandts, 
und Munkacsys befinden, darunter zwei Repliken der 
Christusbilder Munkacsys in halber Größe. 
‘Verkauf der fKunstsammfangen Gasfigfionis. 
Vor Monaten schon waren in Wien Gerüchte ver 
breitet, daß die berühmten Kunstsammlungen Kamillo 
Castiglionis ins Ausland verkauft werden. Nun 
erhalten diese Gerüchte ihre Bestätigung, ja Eingeweihte 
wollen wissen, daß die herrlichen Bronzen, die Ca- 
stiglioni in der Inflationszeit erwarb, bereits zu Geld 
gemacht sind. Der größere Rest der Sammlungen soll 
im Herbst bei Fred Müller & Co. in Amsterdam 
unter den Hammer kommen. 
Die Sammlungen Castiglionis zerfallen in drei Teile: 
in eine Gemäldesammlung, eine Sammlung von Bronzen 
und Skulpturen und in eine Möbelsammlung. Die Ge 
mälde- und Skulpturen werden versteigert, die Möbel 
bleiben einstweilen noch im Palais Castiglioni. 
Zu den Kunstwerken, die zum Verkauf gestellt 
werden sollen, gehören der große C o r r e g i o, ein 
Selbstporträt von Rembrandt, der berühmte F r o- 
ment, von welchem Künstler bekanntlich nur noch 
ein einziges Bildnis in Florenz existiert, einige große 
Donatellos, die Van Dyks, die R i c c i o s, G i - 
a m b o I i n a s usw. 
Im Besitze des Herrn Castiglioni und demnach in 
Wien sollen die fünf T i e p o 1 o s verbleiben, die bereits 
seit vierzig Jahren in Wien sind und zu den größten
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.