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Internationale Sammler-Zeitung
Nr. 21
zwei kunstvoll verzierte Beschwörerdolche, P’ur-bu und
ein seltenes, Gri-gug genanntes Messer, das bei dem
alten, blutigen lamaitischen Totenritual zum Oeffnen des
menschlichen Schädels gebraucht worden sein soll.
Zu den Perlen der Sammlung gehören aber die
türkischen Säbel, wovon köstliche Klingen in
reichster Damaszierung mit zürn Teil geradezu fürst
licher Ausstattung vorhanden sind. In erster Linie ist
da ein Konstantinopler Säbel aus der 2. Hälfte des
18. Jahrhunderts zu nennen, goldtauschierter Damast
stahl, allerfeinster Arbeit; schwarzer Jadegriff mit drei
undzwanzig Diamanten und sechs Smaragden. Ferner
eine persische Damastklinge in silberbelegter Scheide
mit Wappen von Polen und Litauen, Madonnenbild und
Monogramm und Brustbild des berühmten polnischen
Staatsmannes und Hetmans Jan Zamoiski (1541—1605).
Ferner der Säbel Khussref Paschas, aus dem Anfang des
19. Jahrh., des Großvezirs und Walis von Bosnien, im
russisch-türkischen Krieg 1806 — 12 vom Fürsten Wo
ranzow (f 1856) erbeutet u. a. m.
Den vorerwähnten Kostbarkeiten kommen einige
persische und indische Waffen großer Seltenheit gleich,
namentlich zwei feine Stücke aus dem Besitz des 1875
von den Briten verurteilten Gaekwars von Baroda.
An malaischen Krissen, die lange Zeit die
Lieblingsobjekte des Besitzers der Sammlung waren,
findet der Liebhaber und der Kenner eine wahre Augen
weide zum Verkauf gestellt. Da ist vor allem eine hi
storische Waffe in kostbarer Goldscheide und einer
selten vorkommenden Form aus dem Besitze des letzten
Sultans von Lombok, der 1895 den freiwilligen Tod der
Unterwerfung unter die Holländer vorzog, und der eigen
artige Kris in Goldblechscheide, ein sog. Naga Sasra,
eine nur den Fürsten gestattete Form, den der Sultan
Mangkoe Negoro von Soerakarta (Solo, Java) dem hol
ländischen Generalgouverneur Baron van der Capellen
geschenkt hat.
Von archäologisch-interessanten Stücken seien nur
erwähnt ein chinesisches Bronzeschwert und zwei bron
zene Speerspitzen, die Ausgrabungen entstammen. Unter
den 15 japanischen Klingen befinden sich histo
risch merkwürdige Exemplare.
Wer sich für Jade interessiert, findet in diesem
an Abarten und Farben reichen Material zahlreiche Bei
spiele wundervoller Griffe. Der historisch interessierte
Sammler trifft polnische, persische und indische Sachen
an, aus der kriegerischen Vergangenheit dieser Länder.
Die holländische und die englische Kolonialgeschichte
werden durch ein paar prachtvolle Waffen in inter
essanten Einzelheiten beleuchtet. Das 17. Jahrhundert
dürfte wohl am reichsten in der, auch stellenweise in
das 14. zurückreichenden Sammlung vertreten sein, die
in ihrer Art ein Abbild ist der kriegerischen Vergangen
heit und Zerrissenheit der alten Welt, und darum nicht
zuletzt für amerikanische Sammler von höchstem Inter
esse und besonderem Wert.
Ghronik.
AUTOGRAPHEN.
(Ein Brief Rousseaus.) Im „Journal des Debats“ vom
19. Oktober veröffentlichte P.-P. Plan, der Herausgeber des
Briefwechsels Rosseaus, einen unveröffentlichten Brief Rousse
aus, den neulich die öffentliche und Universitätsbibliothek in
Genf erworben hat. Der Brief ist vom 14. September 1745 aus
Paris datiert und an Herrn Bouchau-Duplessis in Nantes
gerichtet. Erbeleuchtete die grossen Schwierigkeiten, mit denen
Rousseau bei der Aufführung seines Opernballetts „Les Muses
galantes“ zu kämpfen hatte und wovon im 7. Buche der „Con-
fessions“ die Rede ist. Rousseau beklagt sich namentlich über
Rameaus unfreundliches Benehmen ihm gegenüber in dieser An
gelegenheit. So heisst es in dem Briefe u. a.: Wissen Sie, daß
mein Ballett vollendet ist; daß ich es bei Madame de la Pop
liniere aufführen lassen mußte; dass Rameau dabei anwesend
war; dass meine Musik ihn in schlechte Laune versetzt hat;
dass er behauptet, sie sei zu gut, um von mir sein zu können;
dass ich eine Probe bestehen mußte, deren Erfolg seinen Grimm
noch vermehrt hat, und endlich dass ich, der ich stets ein An
hänger seines Eifers war, das Opfer seiner Brutalität sein
werde, falls man nichts dagegen tut?“
NUMISMATIK.
(Auktion.) Am 16. November und den folgenden Tagen
veranstaltet J. Schulmann in Amsterdam eine Miinz-
auktion. Es kommen eine bedeutende Sammlung Münzen der
Niederlande von den frühesten Zeiten bis zur Gegenwart, Not-
und Belagerungsmünzen sowie Goldmünzen verschiedener Län
der unter den Hammer.
PHILATELIE.
(Neuheiten.) Die seit einiger Zeit schon im Erscheinen
begriffene neue Freimarkenreihe der Niederlande hat kürz
lich weiteren Zuwachs erhalten: erschienen sind die beiden
niedrigen Werte zu 3 Cent (hellgrün) und 6 Cent (gelbrot), wo
von der erstgenannte in der bekannten modernen Zeichnung
der stilisierten Taube (oder Möwe?) gehalten ist, während der
andere das feingezeichnete Kopfbildnis der regierenden Königin
Wilhelmine nach links im ebenfalls schon in der Serie vertre
tenen Muster aufweist. Einige weitere, besonders schöne Muster
stehen immer noch aus; vermutlich werden die Guldenwerte
ein drittes, bisher noch unbekanntes Muster erhalten. — In der
vor vier Jahren eingeführten schönen Zeichnung (Kopfbildnis
des Königs Albert nach links nach einem Stich von Montenez)
ging uns ein neuer Freimarkenwert von Belgien zu, und
zwar zu 4 Francs (rosarot); eine Reihe weiterer, durch die
wiederholten Postkartenerhöhungen bedingter Neuheiten — vor
allem natürlich Farbenänderungen und Verschiebungen zwischen
den zwei Porträtmustern der kursierenden Serie — ist in Kürze
zu gewärtigen.
VERS CHI ED EN ES.
(Christian Krogh f.) Der norwegische Maler Christian
Krogh ist in Oslo, seiner Geburtsstadt, im Alter von 73Jahren
verstorben. Mit ihm verschwindet eine der letzten Säulen der
nunmehr klassischen norwegischen Künstlergeneration und eben-
so eine Figur der norwegischen Hauptstadt, als sie noch Christi-
ania hiess. Krogh war ursprünglich Jurist, als welcher er das
Staatsexamen ablegte, wurde dann 1873 bis 1878 Schüler von
Gussow in Karlsruhe und in Berlin, war von 1901 bis 1909 Lehrer
an der Pariser Academie Colarossi und seit 1909 Direktor der
neu gegründeten norwegischen Akademie für Malerei und Bild
hauerkunst. Er war einer der ersten und starken Begabungen
des Impressionismus in seinem Lande und gab seinen Werken
gleichzeitig eine starke soziale Note, die er auch als Schrift
steller in seinen Romanen und Erzählungen anschlug. Berühmt
ist besonders sein Roman „Albertine“ geworden. Als Journalist
brachte er für Nowegen die Neuerung der Interviews. Ver
heiratet war er mit der Malerin Oda Krogh. Auch sein Sohn
Peter gehört dem jüngsten expressionistischen Norwegen als
Maler an.
(Eine Homer-Ausstellung.) Wir lesen in der
„Frankfurter Zeitung“: Zurzeit ist im Gymnasium zu G ü n z-
b u r g a, D. eine ganz eigenartige Ausstellung zu sehen. Um
den Lehrern und Schülern anschaulich vor Augen zu führen, in
welchem Umfang die homerischen Dichtungen die Phantasie der
bildenden Künstler befruchtet haben, hat die Anstaltsleitung
Reproduktionen von Kunstwerken seit der Renaissance zusammen
gestellt, deren Motive direkt oder indirekt der Ilias oder der
Odyssee entnommen sind. Die Künstler der Renaissance und
des Barock — die mittelalterlichen Künstler standen diesen
Stoffen durchaus fern — behandelten sehr gerne homerische
Motive. Aber die Zahl dieser Motvie ist gering und scheint
nicht der Lektüre der homerischen Dichtungen selbst zu ent-