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Internationale Sammler-Zeitung 
Nr. 22/23 
Mehrere dieser Auktionen sind Marksteine in der 
Geschichte des Kunsthandels So riefen die bei der Ver 
steigerung der Gemäldesammlung Dr. M. Schubart 
erzielten Preise ein lebhaftes Erstaunen auch außerhalb 
Deutschlands hervor, und der „Temps" nahm Anlaß, 
München und Paris als Kunstmarkt in Parallele zu 
stellen und darzulegen, daß gute Bilder gewisser Schulen 
in München weit bessere Chancen haben als selbst in 
Paris. Ferner ist daran zu erinnern, daß von der 
Auktion Barlow an die starke Aufwärtsbewegung der 
Spitzweg-Preise einsetzte, sowie daß von der Verstei 
gerung der Sammlung Dr. G. Hirth an das allgemeine 
Interesse für die kostbaren Erzeugnisse der süddeutschen 
Porzellanmanufakturen datiert. Die in dieser Auktion 
erreichten Preise wurden maßgebend für die Preisbil 
dung auf dem gesamten Markte. Auch die Porzellan 
preise der Sammlung von Pannwitz sind zum großen 
Teil Rekordpreise gewesen, und auch die Auktion vom 
26. Mai 1911 zeigte in ihren überraschend hohen Preisen, 
daß der Münchner Markt die Führung in der Preis 
bildung für alte kostbare Porzellane bis heute unbe 
stritten behalten hat. 
Zu sämtlichen Auktionen sind im Verlag der Firma 
schön ausgestattete, zumeist illustrierte Kataloge er 
schienen, die zum Teil von Gelehrten wissenschaftlich 
bearbeitet wurden. Diese Publikationen sind für die 
Kunstwissenschaft zu wichtigen Hilfsmitteln geworden 
und bilden zugleich ein wertvolles Quellenmaterial für 
die Geschichte des deutschen Kunsthandels und der 
Kultur. Weitere Verdienste um die Kunstwissenschaft 
erwarb sich Helbing durch die Herausgabe der illustr. 
„Monatsberichte über Kunstwissenschaft und Kunst 
handel", die mit der Beilage „Folia Helbingiana“ von 
1900 bis 1903 erschienen. Anfangs gab er sie in Ver 
bindung mit R. Freiherrn von Seydlitz und Günther 
Koch heraus, später übernahm Dr. H. Popp die Redak 
tion. Mitarbeiter dieser Zeitschrift, die in Deutschland 
der erste praktische Versuch war, ein modernes, kunst 
wissenschaftliches Organ vonseiten des Kunsthandels 
zu schaffen, waren u. a.: Bassermann-Jordan, Berenson, 
v. Frimmel, Furtwängler, Gronau, Guiffrey, Habich, v. 
Ostini, Rüttenauer, H. Thoma, Semper, Suida, Voll und 
Weese. Seit Anfang des Jahres 1912 wird von der 
Firma eine neue illustrierte Zeitschrift: „Die Mitteilungen 
der Galerie Helbing" unter der Redaktion des Dr. Georg 
L i 11 herausgegeben. In der Verlagsabteilung des Hauses 
erschienen ferner zahlreiche Kupferstiche, Radierungen, 
Photogravüren, sowie eine Reihe von Prachtwerken, wie 
„Die Königliche Gemäldegalerie, Pinakothek in Mün 
chen“, „Gemälde und Skulpturen des Nationalmuseums 
Stockholm", M. Berolzheimer, „Oscar und Cäcilie Graf"; 
Comte de Latemar, „Tini Rupprecht" und W. Wurz 
bach: Josef Kriehuber“. Ein besonderes Ruhmesblatt 
Helbings bildet die Unterstützung, die er den bayrischen 
Staatssammlungen zuteil werden ließ. 
Das Wirken Helbings blieb erfreulicherweise nicht 
ohne die verdiente Anerkennung. Nachdem er jahrelang 
den Titel eines bayrischen Kommerzienrates geführt 
hatte, wurde er 1918 vom König Ludwig III. zürn Ge 
heimen Kommerzienrat ernannt. Als Auszeichnungen 
erhielt er weiters den Michaelsorden mit der Krone und 
zahlreiche Orden für seine Zivilverdienste während des 
Krieges. 
Nicht unerwähnt sei schließlich, daß im Jahre 1913 
und 1914 unter Leitung Hugo Helbings in Venedig 
und Mailand Kunstauktionen stattfanden und seit 
dem Umsturz häufig auch in der Schweiz unter Leitung 
Helbings Kunstauktionen abgehalten werden. Der große 
Aufschwung des Kunstauktionshauses brachte es auch 
mit sich, daß es in Berlin und Frankfurt am Viain 
Zweigstellen errichtet hat 
Zu seinem Jubiläum hat Geh. Kommerzienrat Hugo 
Helbing von nah und fern warme Glückwünsche er 
halten; wir schließen uns, etwas verspätet, aber darum 
nicht minder herzlich, den Gratulanten an. 
Die Gastigfioni-SRufition in SRmsterdam. 
Ergebnis: 56 JTüfl’iarden ^Kronen. 
Vier Tage lang, vom 17.—20. November, waren 
die Blicke der Kunst- und Sammlerwelt auf Amster 
dam gerichtet, wobei Fred. Müller unter ungeheurer 
Beteiligung von Interessenten die Versteigerung des 
ersten Teiles der Wiener Castiglioni-Sammlungen vor 
sich ging. Das Ergebnis drückt sich in der imposanten 
Ziffer von 2 Millionen holländischen Gul 
den aus, was der schier schwindelerregenden Summe 
von 56 Milliarden in österreichischen Kronen ent 
spricht. Aber trotz dieser immensen Ziffer bedeutet die 
Auktion eine Enttäuschung; eine Enttäuschung für die 
Sammler und Kunsthändler und nicht zuletzt für Herrn 
Castiglioni selbst, der das Geld, das er in den Kunst 
objekten anlegte, nicht gut verwertet sieht. Von einer 
Valorisierung der Werte kann man nicht reden, ja in 
den meisten Fällen wurden Preise erzielt, die weit unter 
dem Friedensniveau lagen. So ist es bezeichnend, daß 
die schöne kleine Madonna von CriveUi 61000 Gulden 
erzielte, während erst vor wenigen Wochen ein ameri 
kanischer Händler für ein ungefähr gleichwertiges Bild 
dieses Meisters in der Galerie Oskar Huldschinsky in 
Berlin 225.000 Mark, also mehr als das Doppelte, zahlte. 
Den Nikolas Froment, unstreitig das bedeutendste Bild 
der Sammlung — der Rembrandt war nur einer, wie es 
deren viele gibt, also kein bedeutender — hatte Castig 
lioni im Jahre 1917 auf der Auktion R. v. Kauffmann 
in Berlin um 429.000 Mark gekauft, jetzt brachte er 
154.000 Gulden. Der Altar des Meisters Wilhelm von 
Köln, auf der Auktion E. Hölscher in Berlin im Jahre 
1916 mit ca 100 000 Mark bezahlt, ging jetzt um 
40.000 Gulden in den Besitz des Museums in Detroit 
über; das Bildnis eines jungen Mannes von Frans Hals, 
auf der Auktion Knaus in Berlin 1917 mit 162.00U M 
bezahlt, erzielte hier im ganzen 25.0(0 Gulden. Die Ver 
gleiche ließen sich weiter fortsetzen, sie würden, von 
wenigen Ausnahmen abgesehen, aber nur zeigen, welche 
zahlenmäßigen Verluste eingetreten sind. Rechnet man 
noch hinzu, daß Castiglioni fast immer durch Agenten 
kaufte, daß also bei der Erwerbung Auktions- und 
Händlerprozente hinzukamen, während für ihn beim 
Verkauf Auktionsprozente und Spesen abgehen, so er 
scheinen die Preisunterschiede noch beträchtlicher. 
Eine schmerzliche Erkenntnis mag es für Herrn 
Castiglioni auch gewesen sein, daß er nicht immer, wie 
er glaubte, bei den Ankäufen gut beraten war: einzelne 
Stücke erwiesen sich als schlecht, andere als Fälschun 
gen und sind, wenn sie nicht ausgeschieden wurden, 
weit unter dem Schätzungspreise bezahlt worden. Zu 
den ausgeschiedenen Objekten gehört das Stilleben von 
Claesz Heda, das unter Nr. 64 im Katalog verzeichnet 
war; nicht verkauft wurde unter anderem ein angeblich 
aus dem 16. Jahrhundert stammender orientalischer Tep 
pich. Der Preis war mit 10.000 Gulden festgesetzt, doch 
äußerten Sachverständige Zweifel an der Richtigkeit der
	        
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