Nr. 9
Internationale Sammler-Zeitung
Seite 69
Satiriker Blumauer und eine Reihe von Anonymen,
über welche die Kunst der „holden Finsternisse" doch
mancherlei zu vermelden vermag.
Im Anschlüsse an die Eissler-Sammung kommt
eine zweite, aus anderem Wiener Privatbesitz stammende
Porzellansammlung zur Versteigerung, die ebenfalls
Prachtstücke enthält. Dies gilt insbesondere von den
Figuren der Wiener Manufaktur. Ganz abgesehen von
Exemplaren, wie: „Der Winter" oder „Das Paar mit
den Sonnenhüten", die wohl als Unikate zu bezeichnen
sind, weisen jene Gruppen und Figuren, die nicht so
selten sind, besondere Qualität der Ausformung und
Bemalung auf. Frankenthal ist durch mehrere Haupt
stücke vertreten, von denen die „Savoyardengruppe“,
die höchst amüsante Gruppe: „Handelsherr mit dem
Hausierer", Der Quacksalber" und die für die damalige
Zeitauffassung so charakteristischen „Chinesen" genannt
seien. Unter dem Meißener Porzellan ist die Ausformung
der Tischlerfigur aus der bekanten Hancfwerkerserie
„August der Starke als Tischler", besonders hervorzu
heben. Neben dieser Porzellansammlung gelangen eine
Anzahl guter deutscher Silberpokale und Becher des
17.Jahrhunderts,ferner einige bemerkenswerte französische
und Schweizer Goldemail- und andere Dosen, sowie
schließlich eine Anzahl der anheimelnden, einst so
häufigen, jetzt fast verschwundenen Empire- und Wiener
Biedermeiergläser unter den Hammer.
Versteigerung der Exlibris-Sammtung ßangenscbeidt.
Die bekannte Exlibris-Sammlung Carl G. F. L a n-
genscheidt kommt bei Graupe in Berlin unter
den Hammer. Das Ereignis ist nicht nur deshalb wich
tig, weil sich hier eine Gelegenheit zur Ergänzung der
eigenen Sammlung bietet, wie sie seit der Auktion
Stiebei nicht gegeben war, sondern vor allem deshalb,
weil zum ersten Male seit der Neugestaltung unserer
wirtschaftlichen Verhältnisse die Preisbildung auf diesem
Gebiete geprüft werden kann.
Halten wir Umschau unter den Schätzen, die es
am 2. Mai zu erwerben gibt, so finden wir zunächst
eine Reihe von Kostbarkeiten aus der goldenen Zeit
des Bucheignerzeichens, dem 16. Jahrhundert. Von Dr.
Johann Eck, Luthers streitbarem Gegner, sind zwei
kolorierte Holzschnitte da, die man Dürers Schüler
Springinklee zugeschrieben hat, von dem be
rühmten Juristen Spiegel von Scblettstadt, der
unter Maximilian I. der kaiserlichen Kanzlei angehörte,
ein hervorragend erhaltenes, ungewöhnlich schön kolo
riertes Blatt. Auf dem in vier Varianten vorhandenen
Exlibris der Universität Wittenberg hat Lukas C ran ach
d. Ä. das Bild ihres Schirmherrn, des Kurfürsten Johann
Friedrich, angebracht. Auch das Zeichen der Uni
versität Tübingen fehlt nicht, ebensowenig das der alten
Reichsstadt Augsburg. Zu ihrem Patriziat gehörte Wolf
Rehlingen, dessen größeres Blatt wir hier finden. Eine
bedeutsame Seltenheit stellt auch das Exlibris Dern-
schwams de Hradschin dar, des neben dem
Inhaber des (hier fehlenden) Dürerblattes Tschnitta
wohl ältesten tschechischen Exlibrisherrn. Mit zwei
kolorierten Holzschnitten ist der Jurist Johann Agricola
vertreten, der sich aus einem Bäuerle latinisiert hatte
und daher einen säenden Knaben im Schilde führte.
Solche Namenshieroglyphe besaß auch Kratzer, der
sich originellerweise einen sich kratzenden Hirch aus
erkoren hatte, für einen geistlichen Würdenträger gewiß
ein originelles Symbol, ebenso wie der Schweinskopf
auf dem Exlibris des Passauer Suffragans Heinrich
Kurz. Dem 16. Jahrhundert gehört auch ein Exlibris
des Klosters Thierhaupten an, während die Mehrzahl
der von Langenscheidt zusarnmengebrachten Zeichen
von Klöstern und Stiften bereits dem 17. und l8. Jahr
hundert entstammt.
Das Blatt eines weiteren Nürnberger Patriziers, des
J. W. Kreß von Kressenstein, eine Arbeit Hans
Troschels, steht bereits an der Grenze des 17. Jahr
hunderts, von dessen zahlreichen Erzeugnissen die von
Wolfgang Kilian und Raphael C u s t o s gefertigten,
sowie die lange Reihe der Exlibris der Kurfürstlichen
Bibliothek in München hervorzuheben wären, die zum
Teil von Raphael S a d e 1 e r stammen. Meist dem
18. Jahrhundert gehören die vielen von Langenscheidt
zusammengebrachten Blätter mit Bibliothekinnenräumen
an, denen er besonders nachgespürt zu haben scheint.
Auch verschiedene Porträtexlibris finden wir, so das
Pettenbecks in einem glänzenden Abdruck, das
(II.) des Nürnberger Messerschmieds W e n n i t z e r
(von Heumann), das von Kißling (von G. Strauch)
und von Renz (von Striedbeck) Von bekannten Namen
aus dem 18, Jahrhundert, die in der Sammlung vertreten
sind, notieren wir aufs Geratewohl Jourdan (Fried
richs des Großen Freund), Friedrich Nicolai, Gott
sched, dessen Frau und den Verfasser des Gelehrten
lexikons, J ö c h e r. Von Chodowiecki sind drei
Blätter da, von J. W. M e i 1 eine ganze Reihe seiner
graziösen Schöpfungen, und auch das seltene Blatt von
dessen Bruder J. H. M e i 1 für die Glücksbrunner Berg
bibliothek fehlt nicht. Auch auf den schönen, alten Ab
druck des Hamburger Exlibris Meyer von Wille jun.
sei hingewiesen.
Mit ganz außerordentlicher Vollständigkeit hat Lan
genscheidt die Erzeugnisse des ersten Jahrzehnts des
19. Jahrhunderts in seinen Mappen vereinigt. Wir sehen
da die heraldischen Blätter von Hildebrandt, Hupp,
Doepler und anderen in schier endloser Reihe, sehen
die feinen Wappenstiche Carl Leonhard Beckers, sehen
die Arbeiten Thomas, Ed. von Gebhardts, Sattlers,
Wenigs. Von Max Klinger sind neben den Arbeiten
der Frühzeit schöne Abdrucke des eigenen Blattes, des
für Else Asenijeff und vor allem des vielgesuchten für
Reinhold Richter (auf großem Papier). Greiner, Albert
Welti sind trefflich vertreten; von Vogeler, Kolb, Hirzel,
Hdroux, Orlik, Bastanier sind lange Reihen von Arbeiten
da, von Fritz Erler fast die ganze Folge seiner seltenen
Originallithographien.
Die französischen Kleinmeister sind durch Fr.
Boucher, A. St.-Aubin und Choffard gut vertreten. Auch
amüsante Revolutionserinnerungen finden sich, so das
Exlibris Bourbon-B o u i s s e t s, des Angehörigen einer
bourbonischen Seitenlinie, der sich zur Rettung seines
Kopfes aus einem Prinzen in einen gänzlich unbetitelten
Citoyen verwandelte. Aus dem 19. Jahrhundert sei ferner
die umfangreiche Kollektion von künstlerisch zwar nicht
belangreichen, aber überaus fein und elegant ausge
führten Wappen und Kartuschen erwähnt, für die Agry,
Stern und andere verantwortlich zeichneten. Von
Aglaus Bouvenne, der, früher wie anderswo, schon
in den 60er Jahren des vorigen Jahrhunderts eine Ex
librisbewegung in Frankreich ins Leben rief, die frei
lich in den Anfängen stecken blieb, ist u. a. das Ex
libris Viktor Hugos in einem schönen Druck vor
handen. Auch Bracquemond, A. Legros (Exlibris
Gambetta) und von den Neueren J. C h 6 r e t, der Vater
der modernen Affiche, Henri B o u t e t, H. Somme