Internationale
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Zentralblatt für Sammler, Liebhaber und Kunstfreunde,
Herausgeber: Norbert Ehrlich.
18. Jahrgang. Wien, 1. Dezember 1926. Nr. 22/23.
T)ie "Duß fetten Friedrich fHugusfs II. von Sacßsen.
Aus Leipzig wird uns geschrieben:
Die Firma C. G. Boerner hat soeben die große
Kupferstich-Versteigerung der Dubletten F r ie dr i ch
Augusts II. v. Sachsen abgeschlossen: Die Auktion
war mit ihrem Umsatz von 6 0 0.000 Mark (ohne
das Aufgeld), wohl eine der stärksten Kupferstich
auktionen, die je stattgefunden haben. Wiederum
erwies sich die Boerner’sche Auktion als ein sicherer
Maßstab für die Lage der Wirtschaft im allgemeinen
und des Kupferstichmarktes im besonderen.
Die kostbare und umfängliche Sammlung hatte
besonders durch ihren Bestand an Inkunab e 1 n
des Kupferstiches aus dem 15. Jahr
hundert und durch eine kostbare Rembrandt-
S a m m lung im In- u. Auland das, stärkste Interesse
erregt, sodaß am Auktionstisch wohl alles versammelt
war, was sich für den alten Kupferstich interessiert;
trotz der ungünstigen Jahreszeit waren auch mehrere
amerikanische Interessenten erschienen. Die ameri
kanische Kaufkraft erwies sich, wie zu erwarten war,
als stark überlegen, wobei man berücksichtigen muß,
daß die großen englischen Käufer heute vielfach auch
nur für den amerikanischen Markt einkaufen. Aller
dings müssen die amerikanischen Museen ja die sonst
auf dem Markt nicht mehr vorkommenden Inkunabeln
sozusagen um jeden Preis kaufen. Bemerkenswert ist
aber gegen das Frühjahr des Jahres eine stattliche
Anzahl von Privatsammlern, die persönlich anwesend
waren und eine verstärkte Kaufkraft des deutschen
Handels. Auch die Auktionsleitung schien diesmal
viele hohe Aufträge in der Hand zu haben. Das Re
sultat war — wie zu erwarten — eine Anzahl Rekord-
Preise; für die Blätter des MeistersES, von denen
die Geißelung 8200, der Evangelist Marcus 16.600, der
Apostel Petrus 13.200, die Stigmatisierung 13.000, der
Ritter und die Dame 15.200, der Buchstabe t 8600 M,
vom M e i s t e r bg, die Heiligen Antonius und Paulus
11.000 M, vom M e i s t e r B M das Urteil Salomonis
6800 M, vom Meister LCz die Versuchung Christi
10.500 M, der Einzug Christi in Jerusalem 8600 M
brachte. Von früheren Italienern erzielte der große
Stich von P o 11 a j u o 1 o 8200 M. Von den besten
Rembrandts seien die drei Bäume mit 13.900 M,
der erste Zustand des Clement de Jonghe mit 15.600
Mark, Christus predigend mit 6000 M, die Kreuz
abnahme bei Fackelschein mit 3900 M, die Landschaft
mit dem Heuschober und Schafherde mit 5100 Mark
als Hauptpreise genannt.
Im ganzen kann man sagen, daß wohl jede gute
Qualität gesucht und hoch bezahlt wurde. Die
deutschen Kleinmeister blieben wie schon im Frühjahr
im Preis gegen früher zurück, wobei allerdings hier
die geringe Qualität mitsprach. Seltene Italiener in
geringer Qualität waren schwer verkäuflich. Dagegen
waren die enormen Preise für das umfängliche Holz
schnittwerk Lukas C r a n a c h s, eine Ueber-
raschung; einzelne Blätter wurden bis zu 7500 Mark
bezahlt, wie denn überhaupt feine Holzschnitte sich
einer immer steigenden Wertschätzung erfreuen.
Ueberraschend war diesmal auch die starke Nach
frage nach Dürer, obgleich dieser Teil im ganzen
aus mittleren Qualitäten bestand. Die früheren fran
zösischen Blätter von Jan Duvet brachten sämtlich
zwischen 2000 und 4000 M, während die langen
Serien der französischen Porträts sich zwar flott ver
kauften, aber im Preise zurückblieben. Nach wie vor
waren die Blätter von M e c k e und Schongauer
sehr gesucht, obgleich auch hier die Qualität nicht
ersten Ranges war. Es brachten von Mecken die Stig
matisierung 2700 M, der heilige Lucas 2050 M, Mönch
und Nonne 2100 M, von Schongauer bezahlte man
den Tod der Maria mit 1500 M, das Wappenschild mit
dem Schwan mit 2000 M, das Wappenschild mit dem
Einhorn mit 1450 M, den Bischofsstab mit 2700 Mark.
Noch eine wesentliche Preissteigerung gegenüber
der Albertina-Auktion brachten die Landschaften von
Hirschvogel, deren beste Exemplare man dies
mal mit bis zu 4000 M bezahlte. Das umfängliche
Rembrand t-W erk verkaufte sich, obgleich nicht
durchwegs ersten Ranges, sehr gut. Die Admirals-
Sam m lung wurde mit 3200 M zugeschlagen, und
auch um den Anhang des 18. Jahrhunderts, obgleich
aus dem Gesamtbild der Sammlung herausfallend,
entspann sich eine lebhafte Konkurrenz besonders
unter den Privatsammlern, sodaß auch diese Partie,
der es an den eigentlichen Spitzen fehlte, sich aus
gezeichnet verkaufte.
Im ganzen das Bild einer steigenden Konjunktur,
wobei man allerdings berücksichtigen muß, daß diese
ganze umfängliche Sammlung sogut wie kein gleich
gültiges Blatt enthielt und vielfach eine Ware auf den
Markt brachte, die sonst nur sehr selten im Handel
noch zu sehen ist. Vor allem war es aber einer der
besten Erfolge in der langen Reihe der großen
Boe-rner’sehen Kupferstichauktionen.
Nachstehend die Preise über 500 Mark :