MAK
Nr. 22/23 
Internationale Sammler-Ze itung. 
Seite 205 
eine- Judith, eine Halbfigur noch ganz im Stile des 
Quattrocento. Eine Madonna in dreiviertel Ansicht, 
nach links gekehrt, mit blau gekleidetem Kind, kann 
nur als schwache Nachahmung Giambellinos ange 
sprochen werden; eine „Santa conversazione“ von 
Lorenzo Credi, diesem graziös gefälligen Schüler 
Verrochios, für echt gelten. Nur als Frühwerk kann 
man die Anbetung der drei Könige von B i s s o 1 o 
bezeichnen; an Palma erinnert Bernardo L i c i n i o s 
farbiges Andachtsbild. 
Auch das Seicento ist ziemlich reichlich vertreten. 
Aus der Zeit vor dem Sturz der venezianischen Re 
publik haben wir ein Prokuratoren-Porträt von 
T i e p o 1 o, in rotem Gewand, weißer Perücke, vor 
architektonischem Hintergrund, mit stumpfem dunkel 
blauen Luftton; der hellste Punkt ist ein weißer 
Handschuh. Zum Vergleich können wir das Bildnis 
von Daniel Dolfin durch P. Longhi heranziehen; 
Tiepolo erscheint gegen dieses energischer, brillanter 
in der Mache. Von L o n g h i ist auch ein pikantes 
Damenporträt und ein Sittenbild in der Sammlung 
vorhanden. 
Von kulturhistorischem Interesse sind Bilder, die 
Szenen aus den Volksbelustigungen der Lagunenstadt, 
meist von Gabriele B e 11 o gemalt, darstellen. Die 
Venezianer wollten, wie es scheint, in der Zeit, in der 
diese Bilder entstanden (18. Jahrhundert), mit Tier 
gefechten, Regatten, blendenden Prozessionen und 
pomphaften Festen unterhalten werden. 
( Versteigerung der Sammlung Sn. Srreyer. 
Aus Amsterdam wird uns geschrieben: 
Die Sammlung A. P r e y e r, die bei Frederick 
Müller unter den Hammer kam, war eine typisch 
holländische. Nicht nur, daß die Sammlung durchwegs 
Werke holländischer Maler enthielt, ihre Anlage war 
von dem echt holländischen Grundsatz bestimmt, sich 
Anlagewerke zu schaffen. 
Die Preise boten, so hoch sie auch waren, keine 
Ueberraschungen: Jeder, der sich an der Auktion 
beteiligte, war sich darüber klar, daß man derlei 
Qualitäten entsprechend bezahlen muß. 
Den höchsten Preis, 39.000 Gulden, erzielte R e m- 
brandt’s Porträt einer alten Frau aus dem Jahre 
1634. Die großen Konkurrenten Rembrandts auf dieser 
Versteigerung waren Adriaen van O s t a d e, für 
dessen lebenstrotzendes „Dorffest“ 31.000 Fl. bezahlt 
wurden, und Jan Stee n, dessen mythologische 
„Opferung Iphigeniens“, ein Werk in Jan Steens 
letzter Manier, 16.500 Fl. erzielte, während die 
„Liebeserklärung“ (ein junges Paar hinter des Vaters 
Rücken darstellend) es auf 21.500 Fl. brachte. Zwei 
kleine Bildnisse von Caspar N e t sch e r (aus der alten 
Sammlung Steengracht) erreichten 17.500 Gulden; 
David T e n i e r s „Der Raucher“ 5400 Fl. Ein Strand 
aussicht von Adriaen van de Velde wurde mit 
6600 Fl. bezahlt, und Philip Wouvermanns „Jagd 
ging für 5400 Gulden fort. 
Weiters notierten: „Alt und abgenutzt“ von Josef 
Israels 7800 Gulden, Anton Mauves „Wogen 
fahrt am Strande von Scheveningen“ 10.500 Gulden. 
Im übrigen erzielten beträchtliche Preise die Bilder 
von Bosboom, die kleineren brachten es auf Be 
träge zwischen 1000 und 2250 Gulden, die „Kirche in 
Alkmar“ erreichte 10.800 Gulden. Auf niedrigerem 
Niveau bewegten sich die Preise für die Werke der 
drei Brüder Maris; die „Windmühlen“ von Jacob 
Maris brachten 3800 Gulden, eine kleine Arbeit von 
Mathijas Maris 2900 Gulden. Die drei kleinen Sprich 
wortbilder Pieter Brueghels gingen mit 3600 11. 
billig weg; ebenso kann man den Betrag von 3900 Fl. 
für die Landschaft von A. Cupy nicht als übermäßig 
bezeichnen. Das Musikzimmer von Pieter de. H o o g h 
brachte 9600 Fl., einen Betrag, den man heute in Hol 
land gerne für gute Bilder dieses Meisters anlegt. 
„Die Reue des Judas“, ein Bild, das viele Jahre lang 
für ein Werk Rembrandts galt, sich aber dann als 
von dessen Schüler Isaac de Jorderville heraüs- 
stellte, erzielte trotz seines Seltenheitswertes nicht 
mehr als 5400 Fl. 
Schließlich mag noch erwähnt werden, daß für 
ein Exemplar des radierten Hundert-Guldenblattes von 
Rembrandt 47C0 Gulden gezahlt wurden. 
T)ie SfnRunaßefscFiätze der PjDett. 
Der Sekretär und Bibliothekar der Argentini 
schen Akademie der Wissenschaften in Cordoba, 
Enrique S p a r n, Verfasser einer Reihe verdienst 
licher statistischer Arbeiten über die Hochschulen und 
Bibliotheken der Welt, untersucht in einer neuen 
Schrift die Verteilung des Inkunabelbesitzes auf die 
Bibliotheken der Erde. Daß Deutschland, das 
Land der Budruckerkunst, mit seinem Bestand an 
diesen kostbaren Erzeugnissen ihrer Frühzeit voran 
steht, wird nicht überraschen, wohl aber die Größe 
seines Vorsprungs. Von den 360.000 Inkunabeln, die 
sich in den größeren Bibliotheken der Welt befinden, 
besitzen die hierhergehörigen deutschen rund 160.000, 
also fast ein Drittel, während Deutschlands Anteil an 
dem auf 450.000 Stück angenommenen Weltbesitz 
mindestens den vierten Teil betragen dürfte. Weit 
hinter Deutschland reiht sich Italien mit 71.000 
Bänden an; es folgen Frankreich mit 35.000 
(einschließlich der durch die Einverleibung Elsaß- 
Lothringens neu hinzugekommenen 6000), Groß 
britannien mit 25.000, Oesterreich mit 
24.000 Inkunabeln. Die Vereinigten. Staaten, 
die ihren Besitz an Kostbarkeiten aus der Alten Welt 
in der letzten Zeit so rapid vermehrten, können an 
Inkunabeln erst gegen 8000 ihr eigen nennen. 
Unter allen Inkunabeln-Bibliotheken der Welt 
steht die Bayerische Staatsbibliothek in 
München mit 16.000 Bänden in der vordersten 
Reihe; der Inkunabelnbesitz der Stadt München allein 
wird nur von fünf Ländern der Erde übertroffen. 
Nach der Bayerischen Staatsbibliothek folgen die 
B i b 1 i o t e q u e N a t i o n a 1 e in P u r i s mit 10.000, 
die Bibliothek des B r i t i s c h e n Museums in 
London mit 9600, die Wiener National- 
b i b 1 i o th e k mit 9000, dann erst die Preu ß i s ch e 
Staatsbibliothek mit etwas über 6000, die 
Vaticana mit 6000 und die B o d leian.a in Ox 
ford mit 5000. Besonders reich an Inkunabeln sind in 
Deutschland noch die Württembergische Landes 
bibliothek in Bamberg, ferner die Bibliotheken in 
Wolffenbüttel, Freiburg, Breslau, Mainz, Köln, Trier, 
Göttingen, Erlangen, Augsburg und Frankfurt a. M.
	        
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