MAK
Seite 68 
Internationale Sa mmler-Zeitu n g 
Nr. 8 
einiger weniger großer Meister handelt, das seltenste 
Material am Kupferstichmarkt. Es ist keine Ueber- 
treibung zu sagen, daß ein großer Teil der hier ange 
botenen Blätter kaum je wieder auf den Markt kom 
men wird. Die größten Kostbarkeiten enthält wohl 
zweifellos die Abteilung der Inkunabeln des 
Holzschnittes, die nicht weniger als 23 inter 
essante Einblattdrucke umfaßt und eine 
Sammlung von zirka 250 farbigen Clair- 
obscur-Schnitten aller Schulen, eine be 
sondere Liebhaberei des unseren Lesern wohlbekann 
ten Wiener Sammlers Josef Wünsch, der in der 
zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts das umfangreiche 
Material dieses Katalogs zusammengebracht hat. Bei 
der Durchsicht des Katalogs staunt man immer wie 
der, wie viele bedeutende Schnitte, auch der bekann 
ten Meister des 16. und 17. Jahrhunderts, es gibt, die 
man seit Jahrzehnten nicht auf dem Kupferstichmarkt 
gesehen hat. 
Der Katalog mit seinen ausführlichen wissen 
schaftlichen Angaben und dem reichen Bildermaterial 
wird ein Handbuch des Kunstsammlers bleiben, wie 
die Kataloge der Sammlungen Davidsohn oder 
Adalbert von Lanna. 
Extißris und Geßraucfisgrapfiik. 
‘Von tTUfred LKaufmann (‘Wien.) 
Beinahe solange wie cs Bücher gibt, gibt es auch 
Bücherzeichen, Exlibris. Das Exlibris ist aus dem Be 
dürfnis hervorgegangen, den Eigentümer des Buches 
zu verzeichnen, ohne das Buch durch eine hand 
schriftliche Eintragung zu verunstalten. Ursprünglich 
hatte man handgemalte Exlibris, das Wappen des 
Eigentümers darstellend, später wurden diese Wap 
penbilder gedruckt und um es kunstvoller zu ge 
stalten, gestochen oder radiert. Nach einem langen 
Verfall erlebte diese schöne Sitte gegen Ende des 
19. Jahrhunderts eine Renaissance, als große Künstler, 
berühmte Graphiker neben ihren anderen Werken 
auch Exlibris schufen. Zu den größten Kostbarkeiten 
gehören die Exlibris von MaxKlinger, LudwigThoma, 
Welti, dann später Bastanicr, Soder usw. Jede bessere 
Bibliothek, von den Klosterbibliotheken angefangen, 
bis herab zu den bescheidenen Bibliotheken der 
Studenten hatte in jedem Band das Exlibris des 
Besitzers. Leider ist in unseren Tagen diese schöne 
Sitte nicht mehr so allgemein, als sie um die Jahr 
hundertwende war. Es entstehen wohl auch heute 
nicht weniger Exlibris, als früher, nur die Besteller 
sind weniger zahlreich, dafür sehen wir, daß einzelne 
Personen eine große Anzahl Eigenblätter besitzen. 
Die Erklärung ist sehr einfach. Es sind Exlibris 
sammlungen entstanden, man tauscht sein eigenes 
Blatt gegen das Blatt des Anderen. Die Sammler sind 
in ständiger Verbindung miteinander und um immer 
wieder neues Tauschmaterial zu haben, brauchen die 
Sammler immer wieder neue eigene Blätter. So gibt 
es heute in Deutschland bereits einige Exlibris 
sammler, die über je 200 eigene Platten und noch 
mehr verfügen, wobei es selbstredend ist, daß auf die 
künstlerische Qualität und Ausstattung des Exlibris 
der größte Wert gelegt wird. In der schweren wirt 
schaftlichen Not der Künstler ist dies ein Lichtblick, 
haben doch unsere Graphiker seit einigen Jahren fast 
gar keinen Absatz für ihre freien, nur zur Dekoration 
dienenden Werke. 
Außer dem Exlibris bürgert sich in letzterer Zeit 
auch die Sitte ein, Neujahrskarten, Uebersiedlungs- 
anzeigen, Verständigungen von der' Geburt eines 
Kindes etc. in künstlerischer Weise, in Form einer 
Radierung zu versenden und bildet diese Gelegenheits 
graphik neben dem Exlibris einen ebenso beliebten 
Sammelgegenstand. 
Die Entwicklung des Exlibris ist nicht in allen 
Ländern gleich. Während England, Frankreich, Italien 
in dieser Beziehung noch sehr weit zurück sind und 
die Nordstaaten sowie Holland, wohl eine große An 
zahl Exlibrisbesitzer haben, jedoch auf die künst 
lerische Ausführung sehr wenig Gewicht legen, (hier 
ist meistens noch immer das gedruckte Klischee- 
Exlibris verbreitet), stehen in dieser Beziehung 
Deutschland, die Schweiz, die Tschechoslowakei, 
Belgien auf der höchsten Kulturstufe, in einem ge 
wissen Abstand dann Oesterreich und Ungarn. 
Vor 19 Jahren hatte Wien eine Exlibris-Aus 
stellung, wo die ganze Entwicklung des Exlibris vom 
16. Jahrhundert bis zu jenen Tagen der neuen Blüte 
überblickt werden konnte. Die Götter dieser Aus 
stellung hießen Franz von Bayros, Alois Kolb und 
Alfred Coßmann. Während der Epigone der Rokoko 
künstler, dessen Blätter die schönste Zierde einer 
jeden Sammlung sind, nicht mehr unter den Lebenden 
weilt (und bloß gewissenlose Verleger posthume 
Bayros-Exlibris fabrizieren, indem sie aus Zeichnun 
gen des Künstlers einzelne Partien zu Heliogravüren 
verarbeiten lassen,) sind Kolb in Berlin und Coßmann 
in Wien noch sehr aktiv und besonders vom Letzteren 
erscheinen jährlich die herrlichsten graphischen Blät 
ter. Außerdem haben beide als Lehrer viele tüchtige 
Graphiker herangebildet. 
Aber auch sonst ist eine neue Generation ent 
standen. So verblassen allmählich, die von den Samm 
lern früher am meisten geschätzten älteren Künstler 
Ubbelohde, Soder, Heroux, Wilm, Broel etc. und nur 
Bastanier und Willi Geiger stehen noch sehr hoch in 
Gunst. Es dominieren heute die Jungen. 
Die hervorragendsten unter diesen Jungen sind 
die Deutschen: Karl Bloßfeld, ein Kolb-Sclniler, fabel 
haft in der Technik, groß im Entwurf; der famose 
Aktzeichner M. E. Philipp, dann Karl Ritter, sehr 
originell in der Komposition; Walter Helfenbein mit 
seinen spanischen Granden, Michael Fingesten, ein 
hypermoderner Expressionist, der Kubist Karl Michel, 
Hermann Bauer, einer der witzigsten Köpfe, der 
Teufel- und Hexenzeichner Fritz Dornbusch, der 
Märchenmaler Steinecke, ferner Max Schenke, Walter 
Rehn, Gelbke und viele, viele andere. 
Von den Wienern müssen wir auch im Exlibris 
den Schöpfer der Beethoven und Mahler Zyklen Arthur 
Prinzen in die erste Reihe stellen, dessen Blätter stets ! 
geistreich und originell sind, dann den talentierten 
und phantasievollen Ludwig Heßhaimer (der den 
Totentanz schuf), ferner den technisch tadellosen 
Richard Lux. Hiezu kommen neuestens die Cößmann- 
Schüler, Woytv, Wimmer, Ranzoni jun. etc., die wie 
ihr Meister, statt der geätzten Radierung, sich dem 
gestochenen Blatt zugewendet haben. 
In der Schweiz sind als Nachfolger Söders, Con 
rad Strasser, Gilsi, Mock, Anner Gehri tätig, während 
in Belgien noch Armand Rassenfosse, Louis Titz und 
in Spanien Garcia-Falgas und Molas dominieren.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.