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Internationale 
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Zentralblatt für Sammler, Liebhaber und Kunstfreunde 
Herausgeber: Norbert Ehrlich. 
20. Jahrgang. Wien, 1. Jänner 1928. Nr. 1. 
SRusflug naefi Slfiagü. 
SRus dem „SPersiscfiert Jageßucß“ von (Staude SRnet (tParis). 
SRutorisierte Zleßersetzung von 9eorg Scßwarz (Wien). 
Vor den Toren Teherans, der modernen Stadt, 
liegt R h a g ä, nach Gobineau eine der ersten Städte, 
die auf dem Boden des alten Iran von jenen Völker 
schaften gegründet wurden, die gegen Süden vor 
dringend, die Gebirgskette des Elburs überschritten. 
Die Entstehung von Rhagä mit seinen vier Schlössern 
reicht zweifellos in die älteste Zeit, und diese Stadt 
hat in der Zivilisation Zentralasiens eine bedeutende 
Rolle gespielt. Die reizende Geschichte des jungen 
Tobias, die im siebenten Jahrhundert vor Christi 
spielt, hat den Namen dieser Stadt in der christlichen 
Welt bekannt gemacht. Wir wissen wenig von Rhagä, 
außer daß es im dreizehnten Jahrhundert durch die 
Mongolen zerstört wurde. Zwei oder dreimal wurde 
es von den Generalen Dschengis Khan und Hulagu 
so gründlich niedergebrannt, daß diese Stadt, die seit 
Jahrhunderten Ruhm und Glanz bedeutete, von der 
Oberfläche der Erde vollkommen verschwand. Rhagä 
bedeckte eine ausgedehnte Fläche. Die Häuser der 
asiatischen Städte besitzen niemals mehr als ein Stock 
werk, doch auch das ärmste unter ihnen hat einen 
inneren Hof und ein Wasserbecken. Die Wohnstätten 
vermögenderer Leute umschließen in ihren Mauern 
einen Garten. Darum stand die Flächenausdehnung 
von Rhagä hinter der von Paris nicht zurück. 
Und was blieb über der Erde davon übrig? 
Nichts, die Wüste hat alles fortgeschwemmt. 
Sand bedeckt die ganze Fläche, und vergeblich sucht 
man selbst die wichtigsten Orientierungslinien und die 
Straßenzüge der alten Stadt. Wo waren die Bazare, 
die Tempel, die Häuser der Reichen, die Palais der 
Khane, wo war die Zitadelle? Das gegenwärtige Bild 
zeigt hoffnungslose Eintönigkeit, endlos aneinander 
gereihte Dünen, manchmal ein Fluß, einige Bäume, 
eine Oase, die in der gleich einem bewegten Meer 
gewellten Wüste verloren ist. Zweifellos reichte die 
Stadt bis zu den felsigen Hügeln, die den letzten Aus 
läufer des Elburs bilden. Am Fuße der Felsen, die in 
regelmäßigen Stufen zur Ebene abfallen, findet man 
das Becken einer reinen Quelle. Einer der letzten 
Schachs, Nazr Eddin, ließ ein Relief in den Felsen 
hauen, das ihn, von den Großen seines Hofes um 
geben, in antiker Manier darstellt. Die Meinung 
'scheint berechtigt, daß dieses schöne Monument zur 
Stadt Rhagä gehörte und vielleicht innerhalb der 
Gärten des Khan lag. Unweit von hier findet sich der 
Turm der Gueber, auf dem die Nachkommen der alten 
Einwohner noch heute ihre Toten der Glut der bren 
nenden Sonnenstrahlen und den gierigen Schnäbeln 
der Geier aussetzen. 
Einige hundert Schritte südöstlich der Quelle 
steht inmitten einer Oase ein alter Turm, der vor 
einigen sechzig Jahren restauriert wurde; Er. bildet 
das einzige Monument, das von Rhagä aus dem zehn 
ten oder elften Jahrhundert erhalten blieb. Neben 
diesem Turm, der zweifellos ebenfalls der Bestattung 
der Toten diente, stehen jetzt ein Kaffeehaus und eine 
kleine Moschee. Wundervolle Bäume beschatten ihren 
Hof. Die ersten Wellen des Frühlings haben am Ende 
der Zweige Knospen hervorbrechen lassen; das frische 
Grün der jungen Blätter bildet einen scharfen Kon 
trast zu dem roten Sand, der rings um diese Gärten 
liegt. 
Wir frühstücken neben dem Turme, auf persische 
Weise auf einen Teppich gelagert, der am Ufer eines 
Flusses in einem Obstgarten ausgebreitet wurde, in 
dem weißblütige Quicken und die roten Blüten der 
Judasbäume nebeneinander stehen. Der Wirt des 
Kaffeehauses leiht uns seinen Samowar, mit dessen 
Hilfe Aziz den Tee bereitet; ein Gebinde des be 
rauschenden Weins von Kazvin kühlt in dem fließen 
den Wasser. Ein Mann bringt einen Käfig, den er bei 
uns niederstellt. Eine Nachtigall ist darin eingeschlos 
sen, doch die persische Zartheit hat ihr Gefängnis 
in reizender Weise geschmückt: zwei Schalen aus 
glasiertem Ton enthalten die eine Wasser, die ändert 
Futter, und in einem kleinen Topf aus blauer Fayence 
blühen ein Zweig weißen Flieders und einige wilde 
Nelken. Kaum hat der Käfig den Boden berührt, 
schwellt die Nachtigall, die ihre Pflicht kennt, ihren 
grauen Hals, sperrt weit ihren Schnabel auf und be 
ginnt die hellsten Läufe und Triller. Diese Nachtigallen 
erzielen auf den Märkten von Teheran hohe Preisen 
vornehme Herren und begüterte Händler wollen alle 
ihre singende Nachtigall besitzen. So halten wir am 
Fuße des alten Turmes von Rhagä unter dem Blüten 
frühling der Obstbäume ein musikbegleitetes Früh 
stück. • '
	        
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