MAK
Nr. 22 
INTERNATIONALE SAMMLER - ZEITUNG 
Seite 213 
Cin JCarton der „Siuoehi di &utti“. 
Eines der Hauptstücke der Sammlungen aus 
Schloß Ottensheim an der Donau, die das 
Kunstauktionshaus C. J. Wawra in Wien in Ver 
bindung mit dem Auktionshaus Glückselig am 
26. und 27. November zur Versteigerung bringt, ist 
ein Karton der berühmten „Giuochi di Putti”, die 
für den Papst L e o X. hergestellt wurden. 
Der Karton wurde in einer Auktion der Samm 
lung eines belgischen Generalkonsuls im Jahre 1900 
bei Rudolph L e p k e in Berlin als van Thulden ver 
steigert, aber, da er übermalt war und unbeachtet 
blieb, von einem Budapester Händler billig erstanden. 
In Budapest sah Keßler das Bild, vermutete rieh 
tig, daß es mit den ,,Giuochi di Putti" in Zusammen 
hang zu bringen sei und teilte seine Vermutung dem 
Verfasser der „Histoire de la Tapisserie", Müntz 
mit, dem er auch eine Topographie des Bildes über 
sandte. Müntz war über diese Entdeckung hoch er- 
nicht als eigene Erfindung, wenn er auch den Na 
men des Erfinders, Giovanni da Udine, unterdrückt. 
Nach dem Wortlaut des Briefes kann aber anderer 
seits kein Zweifel Zurückbleiben, daß er die Kartons 
angefertigt und in Gemeinschaft mit anderen gemalt 
habe. Bei dieser Gelegenheit mag er gewisse Aen- 
derungen, die seiner Meinung nach Verbesserungen 
waren, vorgenommen haben. Als Vorlage dienten ihm 
jedoch ganz gewiß eigenhändige Entwürfe des Gio 
vanni da Udine, Dafür spricht nicht nur die außer 
ordentlich hoch stehende künstlerische Qualität der 
Kompositionen, die nur von einem sehr geschickten, 
geistreichen Künstler stammen können, sondern auch 
die Ueberlieferung V a s a r i s, die in diesem Fall 
unbedingt wenigstens zum Teil richtig ist. 
Vasari traf Giovanni da Udine, als dieser im 
März 1550 aus seiner Heimat, in die er mittlerweile 
zurückgekehrt war, als Teilnehmer an einem Pilgef- 
Fig. 1. Karton der 
freut und glaubte damit einen jener Originalkartons 
des Tomaso Vinci dor gefunden zu haben, von 
welchen in einem kurz zuvor gefundenen Brief dieses 
Künstlers an den Papst die Rede ist. Er bedauerte 
seinen bisherigen Irrtum, Giovanni da Udine 
für den Urheber dieser Kartonserie gehalten zu 
haben und setzte Vincidor feierlich als den alleinigen 
Schöpfer dieses epochemachenden Werkes ein (vgl. 
Le monde catolique illustre, Rom IV, 21902). 
Ernst Diez, der sich in der Folge mit der 
Sache befaßte, und eine Monographie darüber schrieb 
(Jahrbuch der Kgl. Preußischen Kunstsammlungen, 
1910, Heft 1), bestreitet Müntz' Ansicht. Müntz, sagt 
er, ist mit seinem Urteil zu weit gegangen. Dazu be 
rechtigte ihn selbst die briefliche Mitteilung Vinci- 
dors an den Papst nicht, die allerdings sehr selbstbe 
wußt lautet. Vincidor spricht darin von den Sujets 
„Giuochi di Putti”, 
zug nach Rom kam, um den Jubiläumsablaß zu erhal 
ten. Es ist nur natürlich, daß Vasari diese Gelegen 
heit benützte und sich von dem berühmten Künstler 
über sein Leben und seine Werke ausführlich er 
zählen ließ, um über ihn in der geplanten zweiten 
Auflage der Viten in einer seiner Bedeutung und 
seinen Ruf angemessenen Weise berichten zu kön 
nen. Deshalb ist Vasaris Vita des Giovanni da Udine 
in der Ausgabe von 1568 als Quelle besonders wert 
voll, Vasari verkehrte damals mit Udine viel und 
verschaffte ihm durch seine Fürbitte beim Papste 
eine Pension von 80 Golddukaten. 
Das untrüglichste Zeichen für die getreue Be 
nützung von Zeichnungen des Udine ist die auffal 
lende Üebereinstimmung der Kinderköpfe des Kar 
tons mit jenen der ebenfalls von Giovanni gemalten 
Putten in der Farnesina. Dort umrahmte er nicht nur
	        
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