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Nr. 6 
Internationale Sammle r - Z e i t u n g. 
Qepfanie Gründung eines JTliniaturenüaßinetts. 
‘Von med. ‘Dr. Josef JCönigstein, ‘Wien. 
Im Jahre 1922 vom Magister der Pharmazie 
Robert R a d i t z und Gottfried E i s s 1 e r, bekannten 
und erfahrenen Sammlern, begründet, nahm „Die 
Gesellschaft der Bilder- und Miniaturenfreunde“ in 
Wien unter den günstigsten Auspizien einen raschen 
Aufschwung, der in dem großen Anwachsen der Mit 
gliederzahl, sowie in der Veranstaltung der „Dritten 
Internationalen Miniaturenausstellung“ zum Aus 
drucke kam. Letztere fand bereits im Jahre 1924 in 
den prachtvollen Ausstellungsräumen der „Albertina“ 
statt, war mit herrlichem Material beschickt und er 
regte durch ihre glänzende Aufmachung nicht nur 
hierorts, sondern auch im Auslande berechtigte An 
eikennung und Bewunderung. 
Nach diesem raschen Anstieg stellte sich aber 
leider bald ein Rückgang ein, als der erste Präsident 
der Gesellschaft wegen verschiedener Unstimmig 
keiten im Vorstande von der Leitung zurücktrat und 
der an seine Stelle getretene Herr Gottfried 
Ei ss ler bald darauf mit dem Tode abging. Der 
Verlust dieses um die Gesellschaft hochverdienten 
Präsidenten hinterließ eine Lücke, die nicht so leicht 
wieder voll und ganz auszufüllen war. Nach einem 
längeren Interregnum, in welchem ich die Geschäfte 
der Gesellschaft leitete, glaubte der Vorstand in der 
Person des bekannten Miniaturenkenners und Samm 
lers Baron Jean de Bourgoing den richtigen 
Mann gefunden zu haben. Doch auch diese Hoffnung 
täuschte, da Baron Bourgoing bald resignierte und 
die Gesellschaft ohne rechte Führung blieb. Der 
Mangel an letzterer machte sich immer unangeneh 
mer fühlbar und reifte bei mir die Idee, die Gesell 
schaft als Sektion dem „Verein der Museumsfreunde“ 
anzuschließen, worauf übrigens bereits Bourgoing 
hingearbeitet hatte. Doch auch dieser Plan stieß auf 
Schwierigkeiten und kam nicht zur Ausführung, so 
daß ein neuer Ausweg gesucht werden mußte. Und 
er fand sich! 
Ich kam nach reiflicher Ueberlegung, trotzdem 
bei fast allen noch vorhandenen Vorstandsmitgliedern 
eine tiefgehende Resignation platzgegriffen hatte 
und die Absicht bestand, die Gesellschaft aufzulösen, 
zu dem Entschlüsse, mich mit dem Leiter des „Oester- 
reichischen Museums für Kunst und Industrie“, Hof 
rat Dr. August Schestag, und dem Leiter der 
„Modernen Galerie“, Hofrat Haber ditzl ins Ein 
vernehmen zu setzen und sie für die „Gesellschaft der 
Bilder- und Miniatur.enfreunde“ zu interessieren. Eine 
Aussprache mit den beiden Herren führte zu dem er 
freulichen Resultat, daß die Gesellschaft vor der Auf 
lösung bewahrt wurde. Die Herren sicherten mir die 
weitestgehende Unterstützung zu und diese erhielt 
auch sofort greifbare Formen, indem der Gesellschaft 
im Oesterreichischen Museum Räume für Büro, Vor 
träge und Ausstellungszwecke zur Verfügung gestellt 
wurden und auch die Zusage gemacht wurde, den 
Plan zur Gründung eines Miniaturenkabi 
netts nach dem Vorbilde anderer Kunstzentren ins 
Auge zu fassen und zur Ausführung zu bringen. 
Wien, die Kunststadt par excellence, dieses große 
Kunstzentrum mit seinem unschätzbaren öffentlichen 
und privaten Kunstbesitz, mit seinen herrlichen 
Museen und Galerien, besitzt kein Miniaturenkabi- 
nett. Das Wien, in dem ein Füger lebte und wirkte, 
Daffinger mit seiner ganzen Schule, den Brüdern 
Theer, Anreiter, Peter, Saar alle bedeutenden Män 
ner und schönen Frauen porträtierte, hat keine ge 
schlossene öffentliche Miniaturensammlung, sondern 
ist in dieser Hinsicht auf die privaten Sammlungen 
angewiesen, die gar nicht oder äußerst schwer zu 
gänglich sind und den traurigen Zeitläuften entspre 
chend, sich in steter Fluktuation befinden. Diesem 
Uebelstande soll nun durch Gründung eines Minia 
turenkabinetts abgeholfen werden. Die Schwierig 
keiten, die sich der Durchführung entgegenstellen, 
sind nicht zu unterschätzen, aber mit Geduld, Aus 
dauer und gutem Willen der hiefür maßgebenden 
Kreise werden auch diese mit der Zeit zu überwinden 
sein. 
Zunächst galt es aber, eine Persönlichkeit zu 
finden, die als Haupt der Gesellschaft in Betracht 
kam. Es gelang mir, den als Sammler und Kenner 
allseits bekannten Professor Dr. Enterich Ullmann 
für die Sache zu interessieren, welcher sich auch be 
reit erklärte, die Führerschaft zu übernehmen und 
seine Arbeitskraft, seine Beziehungen und seine 
Kenntnisse in den Dienst der guten Sache zu stellen. 
Die Verhandlungen mit den Musealleitern wurden 
von Herrn Professor Ullmann fortgesetzt und zu 
einem gedeihlichen Ende gebracht. Insbesondere ist 
es ihm geglückt, die Unterstützung des Leiters des 
Oesterreichischen Museums, Hofrat Dr. Schestag, in 
bestimmten Grenzen festzulegen. Ebenso gelang es 
ihm, sämtliche Leiter der öffentlichen Museen für die 
Gesellschaft zu interessieren, deren Zusage zum Bei 
tritt in den Vorstand der Gesellschaft zu erlangen, 
sowie die Zusicherung zu erhalten, die Gesellschaft 
auf jede mögliche Weise zu fördern. 
Bei der am 5. März abgehaltenen Generalver 
sammlung der Gesellschaft resignierte der alte Vor 
stand in seiner Gänze; es wurde in der Versammlung 
ein neuer Vorstand gewählt, aus dessen Mitte Pro 
fessor Dr. Ullmann zum Präsidenten und Hofrat 
Dr. Schestag zum Vizepräsidenten gewählt wurde. 
Diese Wahl gibt die Gewähr für ein weiteres 
gedeihliches Fortbestehen der Gesellschaft, die sich 
zum Ziele gesetzt hat, die künstlerischen Interessen 
unserer Kunststadt in jeder Richtung zu heben. 
( Der tTlacFifaß £mit Eisner. 
Die Versteigerung des Nachlasses des Präsiden 
ten der Slavenska Banka, Emil Eisner, und seiner 
Gattin Olga, welche durch die Kunstabteilung des 
Dorotheum s' vom 27. bis 29. Februar im Palais 
Eisner, Wien III., Reisnerstr. 3, durchgeführt wurde, 
(385. Kunstauktion des Dorotheums), hatte einen 
glänzenden Erfolg. Das Publikum, das zum größten 
Teil' aus Wiener Privatkunden und Sammlern be 
stand •— Aufträge aus dem Auslande lagen lediglich 
aus Deutschland und der Heimat des Erblassers, Jugo- 
slavien, vor — war sehr kauflustig. 
Es wurden folgende Preise (in Schilling) notiert: 
Tafelsilber. 
1 Ein kleines Körbchen, ein Flaschenuntersatz, Silber 28 
2 Zahnstocherbehälter, zwei kleine Löffel, 50 g Silber 12 
3 Zuckerstange aus Silber 20 
4 Streulöffel a. Silber, süddeutsch, mit Beingriff, ca. 20 g 20 
5 Kleines Körbchen, 60 g Silber 35 
6 Eine kleine Kanne, 105 g Silber 38
	        
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