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INTERNATIONALE SAMMLER - ZEITUNG
Nr. 1
nung selbst aber kann es noch erheblichen Schaden
nehmen. Man muß also Glück und viel Geld haben,
um alte Exlibris zu sammeln. Aber auch da gibt es
schon Spezialgebiete, Holzschnitte des 16. und 17.
Jahrhunderts, Kupfer des 18. Jahrhunderts, Wappen
exlibris und Symbolika des Namens und Berufes, die
natürlich besonders selten und vereinzelt sind.
Ein viel weiteres Sammelgebiet bieten die Ex
libris der Gegenwart und jüngsten Vergangenheit,
wobei solche von Klinger, Geiger usw. auch schon
wieder Seltenheitswert erlangt haben.
Hier aber muß man sich spezialisieren, will man
eine wirklich gediegene Sammlung zustandebringen.
Ein sehr einfacher und leicht zu beschreitender Weg
ist hier Schaffung einer instruktiven, historischen
Sammlung, indem man etwa 1870 bis 1875 beginnt
und bis zur Gegenwart fortschreitet. Die Jahrbücher
der Exlibrisgesellschaften sind gute Wegweiser. Für
den Laienanfänger genügt auch das Büchlein: »Deut
sche Exlibris und andere Kleingraphik« von Richard
Braungart bei Hugo Schmidt, München.
Ein dritter Weg ist, große Namen zu sammeln.
Die meisten der lebenden deutschen Künstler haben
auf dem Gebiete der Exlibriskunst Bedeutendes ge
leistet. Man wird auch hier mit Max Klinger be
ginnen können. Die Sammlung dürfte wertvoller wer
den, wenn man nicht nur den großen Namen nach
läuft, sondern Exlibris- und Graphikaspezialisten,
und diese möglichst vollständig, bringt. Man denke
nur an die zahllosen Exlibris eines Franz von
B a y r o s.
Weniger den Sinn und Zweck des Exlibris wer
den die Sammler von nur schönen Exlibris verfolgen.
Es gibt solche, die sogar nur nach der Technik der
Herstellung, also nur Exlibrisradierungen oder Stein
drucke oder Heliogravüren, Lichtdrucke, Holzschnitte
oder Farbendrucke sammeln.
Man kann aber auch, wenn man nur Exlibris
von den Neunzigerjahren an sammelt, seine Samm
lung nach dem Inhalt ordnen. Hier bietet die Sym
bolik des Exlibris den besten Anhaltspunkt. Wir
unterscheiden eine Berufssymbolik, eine Namens
symbolik, eine biographische Symbolik (des Besit
zers). Das Exlibris kann aber auch eine Spruch
symbolik bieten, indem es den kernigen Leibspruch
eines Sammlers künstlerisch deutet. Auch eine Land
schaftssymbolik ist festzustellen. Von dieser führt
aber der Weg direkt ins Freie, zur freien Graphik,
die weder mit dem Besitzer der Büchersammlung,
noch mit derem Inhalte etwas zu tun hat, sondern
nur schön sein will.
Leider muß man sagen, daß diesem Wollen das
Können nicht immer entspricht. Gar häufig vereini
gen sich Schrift und Bild nur zu einer sehr lockeren
Ehe. Es beherrschen die besten Künstler manchmal
nicht auch die Schriftkunst und die Bindung mißlingt
nicht selten vollständig. Noch schlimmer ist es, wenn
das Bild ein Ornament umrahmt; dann muß aus dem
Dreiklang: Ornament, Bild und Schrift ein Einklang
geschaffen werden. Hier hat die Exlibrisbörse gar
oft falsche Preise notiert, indem sie den Namen auf
die Goldwage legte und über Disharmonien, wie sie
eben angeführt wurden, hinwegging.
Es seien an dieser Stelle noch einige Köstlich
keiten für Spezialsammler erwähnt. Besonders selten
sind erotische Exlibris. Zu den größten Seltenheiten
gehören politische Exlibris. Finanzminister und Par
lamentarier scheinen wenig Zeit für Büchersammeln
und Exlibris übrig zu haben.
Um die Jahrhundertwende leisteten sich einige
berühmte Exlibrisradierer etwas Besonderes. Sie
brachten neben dem bestellten Bilde auf dem freien
Kupferrande (seitwärts oder unten) kleine Zeichnun
gen, Gebilde ihrer eigenen Phantasie, an, die der
Kenner Remarquen nennt. Solche Exlibris sind be
sonders gesucht. In jüngster Zeit ist noch ein Ex
librissammelgebiet entstanden: Exlibris für Kinder,
und da gibt es wieder solche von Künstlern und
solche von Kindern selbst hergestellte.
Zum Schlüsse sei den Sammlern noch empfoh
len, was Franz von Bayros in einem kleinen Auf
sätze über die Aufbewahrung gesammelter Exlibris
sagt. Er unterscheidet zwischen dem wirklichen
Zweckexlibris, das ist dem reinen Buchexlibris, und
dem Sammlerexlibris. Dieses soll zunächst als selb
ständiges Gebilde, als künstlerische Schöpfung, einen
viel breiteren Papierrand haben als das Zweck
exlibris. Wer also tauscht, sollte daher schon bei
der Drucklegung sein Sammlerexlibris splendider
hersteilen lassen. Dann soll jeder Sammler nur ein
Exlibris auf einen Karton aufkleben und diese Kar
tons in Mappen aufbewahren, wobei die Farbe des
Kartons wieder dem Exlibris, d. h. dessen Farbton
Rechnung tragen müßte.
Eine solche Sammlung wäre dann selbst wieder
ein Kunstwerk.
Zwei Jintoretto- Cntdeckungen in Sraz.
Es ist ein seltsamer Zufall, daß in Graz fast gleich
zeitig zwei Gemälde von Tintoretto entdeckt
wurden.
Ueber Auftrag des dortigen Denkmalamtes wurde
ein in der Stadtbildausstellung' ausgestelltes altes Ge
mälde aus der Stadtpfarrkirche durch die Universitäts
professoren Egger und Suida und durch den Vor
stand des Kupferstichkabinetts in Graz Gargarolli
untersucht und einwandfrei als ein Tintoretto aus seiner
letzten Zeit festgestellt. Das Bild, das bereits früher als
italienischer Meister, vermutlich als Tintoretto, in der
Kunstgeschichte bekannt war, war durch schlechte
Uebermalung und Vernachlässigung derart entstellt, daß
seine Provenienz zweifelhaft geworden war. Der Landes
restaurator von Steiermark Richter-Binnenthal
hat es nun vorerst von seinem jahrzehntealten Staub
und von der Uebermalung befreit.
Das Bild stellt eine Himmelfahrt Christi dar von
selten schöner Komposition in dem bei Tintoretto
üblichen gelb-violetten Ton und repräsentiert einen
Riesenwert. Es schmückte seinerzeit den Hauptaltar der
Stadtpfarrkirche und ist bei einer Renovierung der
Kirche an einen Seitenaltar im Presbyterium gehängt
worden und allmählich in Vergessenheit geraten.
Im zweiten Falle handelt es sich um ein Beutestück
aus dem Kriege gegen Italien. Der Landesrestaurator
Richter-Binnenthal verständigte kürzlich die
Landesamtsdirektion, daß ihm sechs große italienische
Gemälde aus dem 17. und 18. Jahrhundert zur Restau
rierung übergeben wurden, die aus dem seinerzeitigen
-italienischen Kriegsgebiete, -und zwar aus B e 11 u n o,
stammen. Das wertvollste sei ein unzweifelhafter Tin
toretto, der die ,.Anbetung des Kindes" darstelle; die
übrigen fünf Bilder seien Werke unbekannter Maler, und
zwar zeigen die drei aus dem 17. Jahrhundert die „Grab
legung Christi", „Jupiter und Danae" und ein Blumen-
Stilleben, die zwei aus dem 18. Jahrhuqd-ert „Herkules
am Scheidewege" und „Herkules und Omphale“.
Die Bilder sind eingerollt und vollkommen mit Lein-
I öl durchtränkt in der Landesrestaurationsanstalt einge-