Seite 26 INTERNATIONALE SAMMLER - ZEITUNG
unserer Sammlung die hübschen Halsketten, bei
denen zierliche durchbrochene, aus Golddraht ge-<
fertigte Glieder mit bunten Steinen oder Glasperlen
adjwechseln. Auch auf die Armkette mit den bunt
gefüllten Kapseln und eine Reihe von Ohrgehängen,
unter denen auch nicht gewöhnliche Formen auf-
fallen, sei in diesem Zusammenhänge hingewiesen.
In starkem Gegensätze zu diesen Erscheinungen
steht eine andere, etwa gleichzeitige Richtung, die
ganz auf Buntheit verzichtet und die Wirkung nur in
dem prunkvollen Glanze des Goldes und dessen Ge
staltung sucht. Sie bevorzugt dabei einfache, große
Formen. Hierher gehören das Armringpaar mit den
Schlangenköpfen und das verwandte einzelne Stück,
bei dem zwischen diese noch die Büste der Isis ge
setzt ist. Auch die großen Ohrgehänge mit den trau
benförmigen Gebilden, eine namentlich in Syrien
und Aegypten heimische Form, und die Reifen mit
den rädchenartigen Ansätzen, zu denen sich in der
ersten Sammlung Gans und in der von Pierpont Mor
gan nahe Verwandte finden, mögen hier genannt
werden, weiter der große schwere Fingerring mit
dem Erinnerungszeichen des Ohres, der einem
Stücke des Britischen Museum« gleicht, und ein
zweiter, sehr interessanter mit dem Bilde des Kai
sers Alexander Severus, dem sich ein entsprechen
der mit Septimius Severus in der Sammlung Basser-
mann-Jordan in München an die Seite stellt. Es han
delt sich bei diesen zwei Ringen wohl nicht um
einen gewöhnlichen Schmuck, sie hatten vielmehr
eine gewisse offizielle Bedeutung und wurden als
Ehrengeschenke gegeben.
Ein fast einzig dastehendes Stück ist die lange
vierfache Halskette mit den gerahmten römischen
Kaisermünzen als Anhängern. Sie wurde, ebenso wie
ein zweites ihr entsprechendes Geschmeide, das mit
der Sammlung Bachofen von Echt in das Wiener
Münzkabinett übergegangen ist, in Aegypten gefun
den. Ebendaher stammt auch der Teil eines breiten,
gewölbten Armbandes in der ersten Sammlung Gans,
dessen Ornamente denen der Schieber beider Hals
ketten sehr gleichen, und das dazu, allerdings nur in
gepreßter Arbeit nachgeahmt, auch den Schmuck
der gerahmten Münzen trägt. Diese drei Stücke
bilden eine charakteristische enge Gruppe in der
Goldschmiedekunst der mittleren Kaiserzeit.
Verwandtschaft des Geschmackes zeigt auch
das schwere, prächtige goldene Gürtelschloß mit dem
Kopfe Alexanders des Großen, Die Form an sich
vertreten Bronzeschnallen, wie sie namentlich in den
gallisch-römischen Gräbern von Vermand (Ainse]
herausgekoramen sind. Vielleicht geben uns diese
auch einen Fingerzeig für die Suche nach der Heimat
unseres Stückes. Der Schmuck der Schnalle erinnert
uns an die im Anfänge des 3. Jahrhunderts n. Chr.
neuibelebte göttliche Verehrung des großen Make
doniers, die dazu führte, daß sein Bild lange auch
als Amulett getragen wurde, worüber sich der hei
lige Johannes Chrysostomos ereiferte. Zu Ehren des
Königs und seiner Mutter wurden in seinem Heimat
lande zu Beroia große Spiele gefeiert, und wir be
sitzen als greifbare Erinnerungszeichen an sie aus
zwei berühmten Funden herrliche Goldmedaillons,
die als Preise für die Sieger unter Gordian III, und
Philippus Arabs geschlagen worden sind. Der Kopf
auf unserer Schnalle schließt sich eng an einen Ty
pus an, der auf mehreren jener Prägungen erscheint.
In die Spätzeit des Altertums führen uns zwei
bemerkenswerte Halsketten. Bei der einen kehrt die
gefaßte Münze oder ihre Nachahmung als Schmuck
element wieder, bei der anderen weist uns die Fas
sung der einst vorhandenen Steineinlagen und der
Stil der Ornamente auf Erscheinungen der Völker
wanderungszeit hin.
Ganz in das Mittelalter gehört schließlich der
große kahnförmige Ohrring, dessen Verzierung eine
aufmerksame Betrachtung verdient. Die durchge
hende enge Verbindung von Granulation und Filigran
erzeugt ein eigentümliches Flimmern der Linien.
Marc Rosenberg hat dieser Art der Arbeit ein ganzes
Kapitel in seinem großen Werke gewidmet.
Den zweiten Hauptteil der Sammlung bilden die
Gläser. Ein hervorragendes Stück aus dem Stamm
ende der Glasarbeit, Aegypten, ist eine zweihenklige
Flasche mit linsenförmigem Körper, die aus opakem,
dunkelblauem Glase frei über einem Tonkern ge
formt Ist. Auf die Oberfläche sind Bänder aus hell
blauer, weißer und gelber Masse aufgelegt, mit einem
Stäbchen zu Bogenmuster ausgezogen und schließ
lich sorgfältig eingedrückt. Die Arbeit des Gefäßes,
das wir in die zweite Hälfte des 2. Jahrtausends v.
Chr., also in die Frühzeit dieses Kunstzweiges zu
setzen haben, verrät große Vollendung. Jahrhunderte
hindurch wurden mannigfaltige kleine Glasgefäße in
derselben Technik gefertigt. Sie blieb nicht Allein
besitz der Aegypter. Auch phönikische und orien
talisch-griechische Werkstätten beteiligten sich an
der Herstellung dieser hübschen Salbfläschchen,
Kännchen, Amphorisken, die im ganzen Mittelmeer
gebiete begehrt waren. Von diesen sind hier eben
falls gute Beispiele vorhanden, die uns die Entwick
lung der Formen bis in die römische Kaiserzeit hin
ein verfolgen lassen, Ja, die Uebung, aufgelegte Glas
fäden auf der Gefäßwandung durch Stecken oder
kammartiges Werkzeug zu Bogen-, Feder- oder
Farnkrautmuster zu ziehen, hielt sich durch das
ganze Altertum, ging in das Mittelalter und die neu
ere Zeit über und ist auch heute noch lebendig. Un
sere Sammlung enthält gerade zwei interessante
Vertreter aus dem späten Altertume, das in wunder
barer Irisation leuchtende kugelige Töpfchen aus
dem Besitze des Herrn von Gans, wohl eine östliche
Arbeit, und den fußlosen, hellblauen Becher, aus der
Völkerwanderungskultur, der wohl einem fränki
schen Grabe entstammt.
Eine andere Gattung, die sich auch vornehmlich
des opaken bunten Glases bedient, aber von der
vorhin betrachteten nach der Technik durchaus ver
schieden ist, bilden die sogenannten Millefiorigefäße,
auch sie vorwiegend in Aegypten erzeugt, meist
wohl von griechischen Werkstätten der späthelleni
stischen Periode und der frühen römischen Kaiser
zeit. Stäbe und Bänder aus Glas in allerlei Farben
sind in Mosaikart zu den mannigfaltigsten Mustern
zusammengesetzt. Diese liegen aber nicht nur auf
der Oberfläche der Gefäße, sondern gehen durch und
durch und erscheinen ebenso auf der Innenseite wie
außen. Man erkennt jetzt in diesen Gläsern die im
Altertume so hochgeschätzten vasa murrina wieder.
An derartigen Stücken ist die Sammlung Schiller ge-
ladezu reich. Sie besitzt einen größeren halbkugeli
gen Becher, zwei niedere Schalen, drei zierliche
Tassen, zu denen sich nach ihrer übereinstimmen
den Form vier Exemplare aus einfarbigem, opakem
Glase, dem sog. päte de verre, gesellen, ein feines
Fläschchen, bei dem zu dem bunten Glase noch farb
loses mit eingelegtem Blattgolde tritt. Gekrönt wird
die Gruppe durch zwei große flache Schalen, die
ehemals auch im Besitze des Herrn von Gans ge
wesen sind.
Wie die heutige Glasindustrie bediente sich auch
die Antike der Hohlform zur Herstellung einfacher