Internationale
«gamnrter-^ßifunfl
Zentralblatt für Sammler, Liebhaber und Kunstfreunde
Herausgeber: Norbert Ehrlich
21. Jahrgang Wien, 15. März 1929 Nr. 6
Wilhelm von 33ode.
Mit Wilhelm von Bode, der am 1. März im
84. Lebensjahr in Berlin verschied, ist einer der be
deutendsten Kunstgelehrten unserer Zeit dahinge
gangen. Es hat wenige Kunsthistoriker von solcher
Universalität gegeben, wie ihn — kaum ein Gebiet
der Kunstgeschichte, auf dem er nicht intensive und
erfolgreiche Forschungen angestellt hätte. Das Ver
zeichnis seiner Schriften,
das J. Both im Jahre 1915
zu seinem siebzigsten Ge
burtstage zusammenstellte,
zählte schon über 500 Num
mern und hat sich in den
dreizehn Jahren, die ihm
noch vergönnt waren, be
trächtlich vermehrt. Es
sind darunter Standard
werke, wie das gemein
sam mit Hofstede de
Groot verfaßte Buch
„Rembrandt”, das hervor
ragende Werk ,,Die Flo
rentmischen Bildhauer dei
Renaissance“, ,,Die Mei
ster der holländischen und
vlämischen Malerschulen“,
sein Buch über „Botticelli“
u. a. Seine letzte Arbeit
war Adriaen Brouwer ge
widmet.
Aber bei aller Wert
schätzung dieser gewalti
gen Geistesarbeit: Bodes
große Bedeutung liegt in
seiner musealen Tätigkeit.
Seit er im Jahre 1872 als
Assistent in den Dienst der
Berliner Museen eintrat,
die er von 1890 an als Di
rektor der Gemäldegalerie
und von 1906 bis 1920 als Generaldirektor leitete,
war sein Ziel auf die Ausgestaltung der staatlichen
Sammlungen Berlins gerichtet, die er aus lokal be
grenzten Verhältnissen zu einem ungeahnten Umfang
erweiterte. Seine Krönung erfuhr das Werk durch
den Neubau des Kaiser-Friedrich-Museums, das im
Jahre 1904 eröffnet wurde und neben der ständig
wachsenden Gemäldegalerie, die von Bode neu ge
schaffenen Abteilungen der italienischen Bronzen und
Münzen, der deutschen Bildwerke, der altchrist
lichen und byzantinischen Kunst, der islamischen
Kunst mit der Fassade von Mschatta und den von
Bode geschenkten persischen Teppichen beherbergt.
Der sofort eintretende Platzmangel erforderte wei
tere Neubauten und ließ die Idee der Museumscity
entstehen, mit dem von Messel und Hoffmann ent
worfenem deutschen Mu
seum und dem. Pergamon
museum, deren Vollendung
Bode nun nicht mehr er
leben durfte. Im Kaiser-
Friedrich-Museum brachte
er hei Ordnung und Auf
stellung der Kunstwerke
ganz neue Prinzipien zur
Anwendung, indem er für
die italienischen Altäre
eine Renaissancekirche
einbauen ließ, und indem
er die Bilder nach Schulen
und Entstehungszeiten zu
sammenstellte. Gleichzei
tig war er für eine gleich
mäßige und womöglich
vollständige Vertretung
aller Zeiten besorgt,
Bode hat als einer der
ersten das Museum zu
einem kunstpädagogischen
Institut gemacht, in dem
die Kunstwerke nicht nur
um seiner selbst willen,
sondern auch als Anschau
ungsobjekte der Kunst-
hist.orie gesammelt , und
aufgestellt wurden. Diese
Neuerung eroberte sich
die ganze Welt und erst
nach dem Kriege wurden
der Louvre, die Uffizien und der Prado nach diesen
Berliner Grundsätzen neu geordnet, wobei freilich
das künstlerische Cachet dieser alten Sammlungen
teilweise einer frostigen Schulmeisterlichkeit wich.
Bode hat aber auch in anderer Beziehung in
Berlin bahnbrechend gewirkt. Er beeinflußte den
Geschmack der Sammler und Kunstliebhaber. In
seiner reiferen Zeit und mit seiner Unterstützung
vollzog sich in der Malerei der Uebergang vom
Fig. 1. Porträt Wilhelm von Bodes von Irma Katz.