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INTERNATIONALE SAMMLER - ZEITUNG 
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zu Bethlehem zurück. Sehr schöne Bilder sind von 
dem jüngeren Brueghel, teilweise in Zusammenarbeit 
mit Hendrik van Baien, vorhanden. Von hervor 
ragender Schönheit ist insbesondere das „Gastmahl 
im Olymp“. Aus der R u b e n s sehen Werkstatt ist 
ein herrliches Bild mit drei Nymphen in der Samm 
lung, „Der Ueberfluß“ genannt; die Früchte und 
Tiere dieses Bildes sind sicher von Sny ders selbst 
gemalt. Eine sehr schöne „Anbetung der Könige“ 
stammt von Diepenbeck, von van Dyck der 
interessante frühe Kopf des Heiligen Hieronymus 
und eine Apostelstudie. Teniers ist besonders 
glücklich mit großen Bildern vertreten, darunter mit 
einer Schützengesellschaft und dem monumentalen 
„Getreidefeld bei Gewitter“. Von holländischen 
Bildnissen finden wir ein ganz hervorragendes Da 
menbildnis von Ferdinand B o 1 (Fig. 1), ein sehr 
schönes Brautpaar in Festkleidung von Adam van 
N o o r t, eine junge Dame von van der Heist, fer 
ner von Bäcker das große Hauptbild „Die Krönung 
des Mirtillo“, eine Szene aus dem Pastor F i d o. 
Auch von den kleineren Meistern ist selbstverständ- 
Jlus der Wer/cstäffe 
Wenn man von Kunstfälschungen spricht, denkt 
man unwillkürlich an die klassische Fälscher 
anekdote: Der junge, noch unbekannte Michel 
angelo schuf 1496 auf Anregung des Lorenzo 
Medici eine Amorfigur in Nachahmung der An 
tike. Der Erfolg dieser Fälschung war so groß t daß 
der Händler, der das Werk um 30 Dukaten gekauft 
hatte, dasselbe um 200 an einen der hervorragend 
sten Kunstsammler der damaligen' Zeit, den Kar 
dinal R i a r i o, als ein Originalwerk antiker Her 
kunft verkaufen konnte. Als der Kardinal dahinter 
kam, stellte er die Figur entrüstet zurück. Zu 
gleich gab dieser Handel den Anlaß zur ersten 
Reise Michelangelos nach Rom. In dieser Anekdote, 
die vielleicht nur erfunden wurde, um bereits den 
jungen Künstler als einen ebenbürtigen Rivalen der 
Bildhauer der Antike schildern zu können, finden 
wir, wie Dr. Hans T i e t z e in einem Vortrag im 
Verein der Museumsfreunde ausführte, alle Elemente 
vereinigt, die bei der Fälschertätigkeit eine Rolle 
spielen: den mystifikatorischen Trieb, die Freude, 
jemanden, der Kenner und Sachverständiger ist, 
hineinzulegen, die betrügerische Verwertung einer 
derartigen Arbeit, indem sie verhältnismäßig billig 
gekauft und als Kunstwerk einer längst vergangenen 
Kunstperiode teuer weiterverkauft wird, und noch 
dazu als drittes Element, das vielleicht die Haupt 
sache ist, der Drang des Künstlers, es der Antike 
gleichzutun. 
Einen Höhepunkt erreicht die Kunstfälschung 
im 18. Jahrhundert, im Jahrhundert der Maskera 
den, Geheimbünde und Scharlatane. Es ist selbst 
verständlich, daß in einer solchen Zeit die Fälscher 
tätigkeit allerorten im größten Maße blühte. 
Macphersons angebliche Ossiandichtungen und die 
Königinhofer Handschrift sind die bemerkenswerte 
sten parallelen Erscheinungen auf literarischem Ge 
biet. Doch auch die Gegenwart ist reich an solchen 
Erscheinungen, man denke nur an die „Funde“ von 
G 1 o z e 1, an die Arbeiten des Italieners D o s s e n a 
und an die V an-Gogh - Nachahmungen. Die Fäl 
schungen Dossenas sind vielleicht das lehrreichste 
Beispiel aus der jüngsten Zeit. Wenn man seine 
Arbeiten untereinander vergleicht, merkt man so 
fort den subjektiven Zusatz zum Wesentlichen der 
lieh eine ganze Reihe zu finden: Molenaer, van der 
Poel, Dou, Drogsloot u. a. Unter den französischen 
Bildern ist wohl eine zweifellos eigenhändige und 
sehr schöne, übrigens auch voll signierte Darstellung 
des berühmten Milchmädchens von G r e u z e da, 
die Engländer sind durch eine Reihe ausgezeichneter 
Bilder von Lely, Kneller und besonders Law 
rence repräsentiert. 
Das Charakteristikum dieser Sammlung besteht 
darin, daß von so vielen Meistern besonders monu 
mentale Stücke zusammengestellt sind. Es ist da 
durch Gelegenheit gegeben, Arbeiten zu erwerben, 
wie sie sonst sehr selten in solcher Qualität und Be 
deutung auf den Markt gelangen, da solche Bilder 
zumeist an ihren von vornherein bestimmten festen 
Plätzen zu haften pflegen. Viele der Gemälde sind 
in der Literatur bekannt. 
Der mit zirka 40 Abbildungstafeln ausgestattete 
Katalog Nr, 2011 ist durch Rud. L e p k e zu beziehen. 
Die Ausstellung ist geöffnet von Samstag, den 
27. bis Montag, den 29. April, 
des JCunstfälsehers. 
Nachbildung. Seine Ueberproduktivität wurde zum 
Verhängnis. So war die Entdeckung, daß seine 
Werke nichts anderes als Fälschungen sind, be 
deutend erleichtert. Und doch dauerte es geraume 
Zeit, bis man auf dem Züricher Kongreß der Mu 
seumsbeamten der Sache auf den Grund kam. Viel 
leicht wäre im Falle einer geringeren Produktivität 
des fälschenden Künstlers die Entdeckung erst 
einer kommenden Generation Vorbehalten gewesen. 
Die Divergenz der Auffassung, die in der Beurtei 
lung nachträglicher Aenderungen an Kunstwerken 
großer Meister heute mehr denn je zu beobachten 
ist, kam auch bei der Restaurierung des Dürer- 
schen Baumgärtneraltars, der bis vor einiger Zeit 
noch die gewaltsame Umgestaltung durch Fischer 
aufwies, zum Ausdruck; es gab nicht wenige Kunst 
kenner, die entschieden für eine Beibehaltung der 
Aenderungen Fischers eintraten und von einer Wie 
derherstellung des Dürer - Originals nichts wissen 
wollten. 
Die Kunstgelehrten werden immer wieder 
Opfer von Fälschungen, und es scheint Lippmanns 
drastisches Wort im großen und ganzen zu stim 
men: „Auf unserem Spezialgebiet sind wir alle 
Trotteln“, Es scheint insoferne zuzulreffen, als der 
Kunstforscher oft in seinem Drang, unerhört Selt 
sames zu entdecken, für jeden Einwand taub wird 
und auch noch dann, wenn alles ringsum bereits von 
der Tatsache der Fälschung überzeugt ist, mit größ 
ter Leidenschaft sein Spezialgebiet und seinen 
„Fund“ verteidigt. Die Zeit selbst ist der beste 
Richter über gefälschte Kunstwerke. Denn jede 
Fälschung trägt die Auffassung, die eine bestimmte 
Generation von vergangenen Kunstepochen hat, in 
das Werk hinein; einige Jahrzehnte später erkennen 
wir deutlich die Zeitbedingtheit einer solchen Ar 
beit. Zumeist ergibt sch die augenblicklich starke 
vVirkung aus einer bestimmten Uebertreibung stili 
stischer Eigentümlichkeiten. Künstlerisch selbstän 
dig arbeitende Fälscher sind auf diese Weise bei 
spielsweise imstande, die Renaissance „renaissanzi- 
ger zu gestalten, als sie es in Wirklichkeit, im Ori 
ginal der damaligen Schaffenden war. Bisweilen 
findet man Nebenfiguren eines Originals in der Fäl 
schung zur Hauptfigur erhoben, bisweilen auch nur
	        
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