Seite 194 INTERNATIONALE SAMMLER - ZEITUNG
stian von Andrea R i c c i o, eine vollrunde Tonpla
stik, die nach Planiscig wahrscheinlich zu einer
Gruppe von vier Skulpturen in ganzer Figur ge
hörte, von denen heute noch drei in der Kirche
S. Canziano in Padua sind. Das fehlende vierte Stück
soll eben das in der Sammlung Figdor sein. Unter
den Bildstücken der Renaissance und des Barocks
steht an erster. Stelle eine männliche Flalbfigur des
Ulmers Adolf Daucher aus dem Chorgestühl der
Fuggerkapelle in SL Anna zu Augsburg von 1518,
dessen übrige figurale Teile das Deutsche Museum
in Berlin besitzt.
Am umfangreichsten ist die Abteilung der
Kleinkunstwerke, die Kästchen und Schach
teln des 14. bis 16. Jahrhunderts, die Glocken, Mör-
! ser, Bronzegeräte und -platten des Mittelalters, die
Wappen und Totenschilder, die den Inhalt des drit
ten, beziehungsweise fünften Kataloges bilden.
Odyssee eines Jlubens
Aus Berlin wird uns geschrieben:
Die Entdeckung eines Gemäldes von Rubens, ,,Der
heilige Paulus mit dem Schwert”, im Berliner staatlichen Leih
haus, die seinerzeit in der Kunstwelt ungeheures Aufsehen
erregte, beschäftigte jetzt in einer Strafverhandlung das Schöf
fengericht Berlin-Mitte
Es ist eine förmliche Odyssee, die das Kunstwerk auf seinem
Weg ins Leihhaus durchgemac.ht hat. Sein rechtmäßiger Eigen
tümer ist der Philharmoniker Lohse, der das Bild auf einer
Konzerttournee in Amsterdam um den lächerlichen Preis von
2500 Mk. erstand. Allerdings wurde ihm das Bild lediglich als ein
Werk aus der Rubens-Schule verkauft. Bei der Restaurierung
kam man jedoch darauf, daß es sich um einen echten Rubens
handelt, und Geheimrat v. B o dl e bestätigte in einer Expertise
die Echtheit und erklärte das Bild für ein sehr wertvolles
Gemälde aus der früheren Schaffensperiode des Meisters.
Lohse versuchte, das Bild durch Vermittlung der Kom
missionäre Rosenthal und Maikowski um 20.000 Mark
ZU verkaufen. Seine Auftraggeber traten mit dem Grafen
Schach-Wittenau in Verbindung, der das Bild tatsäch
lich — in der Absicht, es günstig weiterzuverkaufen - um
40.000 Mark kaufte und mit vier Vierteljahr Wechsel zu je
10.000 Mark bezahlte. Die Wechsel gingen allerdings später zu
Protest. Graf Schach-Wittenau übertrug dann das Eigentums
recht einem gewissen Kondor, der einen Käufer zu haben
vorgab. Kondor aber versetzte das Rubens-Bild um 1500 Mark
und hob darauf später weitere Darlehen bis zur Höhe von
16.000 Mark ab.
Diese Geschichte des Bildes wurde in der Strafverhand-
lung erörtert, die nach der Nichteinlösung der Wechsel gegen
den Grafen Schach-Wittenau wegen Unterschlagung ange
strengt worden ist. Die Kommissionäre erklärten nämlich, daß
sie das Bild dem Grafen unter Eigentums-vorbehalt übergeben
hätten. Der Angeklagte bezeichnete sich als ein Opfer Kon
dors, der ihn betrogen habe. Die Verhandlung wurde schließ
lich zur Vernehmung eines wichtigen Zeugen vertagt.
Cuzerner Sommerauktion.
Aus Luzern wird uns geschrieben:
Wie in den letzten Jahren, hat auch die heurige
Sommerauktion, die die Galerie Fischer veran
staltete, Interessenten aus aller Welt hieher gezogen.
Hotels und Pensionen waren in den Tagen vom 21.
bis 23: August von Sammlern und Kunsthändlern voll.
Die Versteigerung begann mit schweizerischen
und französischen antiken Möbeln, die zu sehr guten
Preisen abgingen. Es erzielten (in Francs):
14 Barockfauteuil mit Darstellung der Jagd
der Diana 650
34 Sitzgarnitur der Louis-XV.-Zeit 3100
35 Möbelgarnitur, Schweizer Arbeit aus der
Zeit Louis XV 9600
36 Bündner Barockbett aus Ahornholz, 1714 . 1650
37 Bündner Wiege aus Nußbaumholz, Renais
sance-Arbeit 850
40 Bett der Louis XVI.-Zeit 1600
42 Eingelegter runder Bauerntisch, dat, 1721 . 960
59 Barockkommode mit Aufsatz, Schweiz,
18. J 520
63 Schreibkommode, Basler Möbel 1200
64 Franzos. Kommode der Louis XV.-Zeit . 10.000
66 Franzos. Kommode aus der Uebergangszeit
Louis XV. XVI 1750
67 Ein Paar Eckm'öbel (Encoignures), französ.
Louis XVI 5200
69 Kommode der Louis XVI.-Zeit 990
74 Schreibkommode, Louis XVI.-Zeit, Basel . 1050
91 Luzerner Klapptisch mit Wappen der Fa
milie Gloggner 1050
92 Schweizer Klapptisch mit Holzscharnier 780
93 Luzerner »Löwentischchen«, Louis XIII.-
Zeit 580
96 Umlegetisch, Emmental, 17. J 910
103 Ovaler englischer Tisch, 18. J., Chipendale 490
123 Gotische Truhe aus Graubünden 3700
128 Waschkasten aus Graubünden 1020
131 Schweizer Buffet (datiert 1602) 9000
132 Desgl 1200
177 Französ. Wanduhr in Boulee-Arbeit mit
signierten Caffieri-Bronzen 2550
183 Kronleuchter der Empire-Zeit 850
Den höchsten Preis der Versteigerung, nämlich
175.000 Francs, brachte Nr. 175, ein Bildteppich
aus Tournai um 1515 mit Szenen aus der Okta-
viansage. Die sechs flandrischen Tapisserien des
frühen 17. Jahrhunderts (Nr. 189) erzielte 26.500,
die flandrische Tapisserie des 17. Jahrhunderts, Ge
sellschaftsszene im Park am Meer (Nr. 190) 5200 und
der handgestickte Berner Allianzteppich aus dem
frühen 17. Jahrhundert (Nr. 192) 18.000 Francs.
Von den Rüstungen ging Nr. 198, eine kom
plette italienische Turnierrüstung um 1550, für 53.000
Francs über das große Wasser, wohin auch sonst
manch interessantes Stück wanderte.
Die Hellebarden (Nr. 200—209) wurden
durchschnittlich zu 500 Francs verkauft.
Von den Glasscheiben erreichte:
218 eine große Kirchenscheibe c. 1530 .... 920
221 Bauernscheibe, 1617 221
224 Figurenscheibe mit Wappen, Braun und
Holtzhalb von Zürich, um 1594 1650
227 Bauernscheibe vom Glasmaler Abraham
Wirt in Lichtensteig 1100
228 Figurenscheibe von Andreas Hör in St.
Gallen (?) 900
235 Spätgotische Kirchenscheibe von Hans J.
Stillhart in Konstanz 5600
Der Hauptpreis unter den alten Gemälden
fiel mit 85.000 Francs auf van Dycks Brustbild
eines Prinzen Doria (Nr. 245 des Kataloges). Nam
hafte Preise wurden weiters gezahlt für:
238 Belnstraaten, Winterlandschaft . . 2200