Nr. 2
INTERNATIONALE SAMMLER - ZEITUNG
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Erde; nicht auf eine bestimmte Zeit, sondern auf die
gesamte Geschichte der Druckkunst von Gutenbergs
Zeit bis in unsere Tage; nicht auf eine bestimmte
Druckart, sondern auf alle drucktechnischen Verviel
fältigungsmöglichkeiten,
Dieses Programm aber schließt den Anspruch
des Gutenbergs-Museums in sich, das W eltmu-
s e u m der Druckkunst zu sein oder es doch wenig
stens zu werden.
In keine andere Stadt der Erde aber gehört das
Weltmuseum als nach Mainz. In Mainz wurde kurz
vor dem Jahre 1400 im Hofe zum Gutenberg der
große Erfinder der Druckkunst als Sproß der altein
gesessenen Patrizierfamilie der Gensfleisch geboren;
m Mainz hat er im Schöfferhof seine unsterbliche Er
findung vollendet; in Mainz stellte er im Jahre 1445
in dem „Fragment vom Weltgericht" den ersten
lypendruck Europas her; in Mainz schuf er 1452,55
in der 42zeiligen Bibel das Meisterwerk der Buch
druckerkunst aller Zeiten; in Mainz, in der Franzis
kanerkirche, wurde im Februar 1468, was an ihm
sterblich war, zur letzten Ruhe gebettet; in Mainz
lebt das Andenken an das unvergleichliche Genie in
unverminderter Stärke fort; in Mainz erhebt sich
sein stolzestes Denkmal, das der große Thorwaldsen
dem größeren Gutenberg schuf; in Mainz lebt und
arbeitet seit mehr als einem Vierteljahrhundert das
Gutenberg-Museum, das Heimat und Vaterhaus aller
Drucker der ganzen Welt sein und werden will.
Mainz ist also der gegebene Ort für jenes Museum,
das die Kunst Gutenbergs von den ersten primitiven
Anfängen bis zu ihrer heutigen Vollendung vor aller
Augen zur Schau zu stellen berufen ist.
Mainz ist die Heimat der Druckkunst. Mag auch
in Ostasien schon mit Kupferwörtern gedruckt wor
den sein, als Gutenberg noch ein Knabe war; mögen
auch einige die Theorie verteidigen, daß Laurenz
Janson Coster in Haarlem vor Gutenberg Metall
buchstaben gegossen hat; in dem Punkte aber sind
alle Gelehrten und alle Kulturvölker einig, daß die
Druckkunsf, die sich die Welt eroberte, in Mainz
erfunden wurde und von Mainz aus ihren Siegeszug
über den Erdball antrat.
In der ganzen Welt sollte daher keiner, der sich
mit Stolz Jünger Gutenbergs nennt und der Kunst
des Meisters sein täglich Brot verdankt, fehlen, wenn
es gilt, seine Heimat zu verteidigen und sein Vater
haus zu schützen; wenn es gilt, das Gutenberg-
Museum als lebendiges Denkmal des gemeinsamen
Vaters aller Drucker am Leben zu erhalten und aus
zubauen.
Das Gutenberg-Museum soll werden; die Ruh
meshalle der Stadt Mainz für ihren größten Sohn;
die internationale Sammelstelle für alle Druckerzeug
nisse und Druckgeräte, die für die Entwicklung der
Druckkunst von Bedeutung sind; die wissenschaft
liche Zentralstelle für alle Arbeiten zur Geschichte
der Buchdruckerkunst in allen Ländern der Erde;
die Lehrstätte, an der jeder Jünger des großen Mei
sters, wo immer in der weiten Welt er auch sein mag,
sein Herz mit neuem Stolz, seinen Kopf mit neuen
Anregungen füllen kann. So soll das Museum dem
Buchdruckerstande zur Ehre und zum Nutzen ge
reichen.
Am 500. Geburtstag Gutenbergs im Jahre 1900
in Mainz gegründet, wurde das Gutenberg-Museum
am Johannistag 1901 im Kurfürstlichen Schlosse da
selbst eröffnet. Ende September 1912 siedelte es in
den Neubau der Stadtbibliothek in der Rheinallee
über. Das erste Vierteljahrhundert widmete das
Museum dem stillen inneren Ausbau. Erst bei seinem
25jährigen Jubiläum im Jahre 1925 beginnen seine
starken Expansionsbestrebungen. Damals wurden
seine Räume durch Hinzunahme der großen Säle des
Erdgeschosses, der Halle im Zwischengeschoß und
des Raumes der anderweitig untergebrachten Guten
berg-Bibliothek mehr als verdoppelt. Gleichzeitig
konnte eine getreue Nachbildung einer vollständigen
Druckwerkstatt aus der Zeit Gutenbergs mit Gießerei,
Setzerei und Druckerei betriebsfähig eingerichtet
werden. Eine große internationale Gutenberg-Fest
schrift wurde von 78 der hervorragendsten Gelehrten
und Praktikern der Buchdruckerkunst aus allen Län
dern der Erde geschrieben. Dieser großen Festschrift
folgen seit 1926 jährlich die internationalen Guten
berg-Jahrbücher, die von der Gutenberg-Gesellschaft
in Mainz herausgegeben werden,
Zur Unterstützung des Gutenberg-Museums trat
im Jahre 1901 die internationale wissenschaftliche
Gutenberg-Gesellschaft ins Leben, die inzwischen die
wichtigsten Publikationen zur Geschichte der Buch
druckerkunst veröffentlichte, die überhaupt in dieser
Zeit erschienen sind.
Juan de Alandes.
Der Hofmaler Isabellas der Katholischen.
Der Katalog der Sammlung Dr. Eduard Simon,
die kürzlich in Berlin aufgelöst wurde, führte in dem
von Geh. Rat Max J. Fried länder verfaßten j
Verzeichnis der Gemälde bei zwei kleinen Tafeln
einen Meisternamen auf, der noch niemals in einem
Versteigerungskatalog vorkam, Juan deFlandes.
Die eine der beiden Tafeln, eine Dornenkrönung
Christi, von Geheimrat Simon in Marseille erworben,
kam dann nicht zum Ausgebot — sie war vor der
Versteigerung den Staatlichen Museen in Berlin zur
Verfügung gestellt worden, die ihre Beamten zur
Herstellung des Kataloges gestellt hatten. Die an
dere kleine Tafel mit Christus, der in einer offenen
Halle der Maria erscheint, stieg bei der Auktion nur
von 5000 auf 8500 Mark — es war bekannt gewor
den, daß auch dieses Bild von der Gemäldegalerie
des Kaiser-Friedrich-Museums erstrebt wurde, und
so übten die Vertreter des Kunsthandels gute Diszi
plin; in Paris ist solche Zurückhaltung, wenn der
Louvre ein Kunstwerk haben möchte, üblich, in
Deutschland ist sie selten und verdient besondere
| Anerkennung, da es sich um einen der seltensten
Meister der alten Malerei handelt.
Juan, der offenbar aus Nordfrankreich stammt
und die Herkunft von der Feinmalerei der dortigen
Handschriften-Ulustratoren nicht verleugnet, taucht
1496 in Simancas, am Hof der Königin Isabella
der Katholischen auf. Die Beherrscherin Kastiliens,
die als Gönnerin des Columbus eben die Herrscherin
der neuen Welt wurde, scheint diesen Künstler be
sonders geschätzt zu haben. Im Inventar ihres
Nachlasses wird eine Folge von 46 Tafeln beschrie
ben, und nach diesem Inventar hat Carl Justi, der
bekannte Bonner Kunstgelehrte, den Maler wieder
entdeckt, denn eine ganze Reihe dieser kleinen
Bilder wird noch heute im Madrider Schloß be
wahrt, während einzelne Stücke daraus weit ver
streut sind. Simon hatte die zweite Tafel in Köln