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Nr. 2 
INTERNATIONALE SAMMLER - ZEITUNG 
Seite 21 
dem Szepter urteilverkündend aus. Die Zuschauer um ihn aiber 
verhalten sich recht unbeteiligt. Nur ein Schreiber sieht be- 
dienklich-überrascht auf. Die Söhne knien. Der eine hat das 
Gesicht eines Bauernjungen und sieht, das Todesurteil entge- 
genmehmend, mehr dumm-überrascht als entsetzt oder gefaßt 
aus; der andere bittet mit vorgestreckten Händen abwehren-d 
um Gnade. Während Rembranidt Einzelheiten wie den schon 
mit anderen monarchistischen Verschwörern bevölkerten 
Richtpfahl im Anschluß an Livdus wdedergilbt, ist er dem Histo 
riker doch nicht in der Wahl des furchtbaren Momentes ge 
folgt, den die Buchillustratoren hier gewählt hatten; die Voll 
streckung des Urteils. Mit 20 Jahren steht er hier noch ganz 
im Bann seines Lehrers Lastmann, so daß man meint, es müsse 
ein genaues Vorbild dieses Künstlers für Rembrandt.s Bild ge 
dient haben. Doch hat sich ein solches Vorbild offenbar nicht 
erhalten. 
(Frans Hals' „Mann mit dem Handschuh" gefunden.) In 
Lille hat man eine bedeutsame Kunstentdeckung gemacht. 
Auf dem Speicher der Familie Des ca mp fand man ein Ge 
mälde, das sich bald als ein Werk des Frans Hals heraus 
stellte. Es ist das Porträt eines Mannes mit dem Handschuh, 
das immer schon in der Kunstgeschichte bekannt, seit etwa 
einem Jahrhundert aber verschollen war. Länger als zwei 
Menschenalter befindet sich das Bild im Besitz der genannten 
Liller Familie, die ihm nie großen Wert beigemessen hatte. 
(„Der rasende Amor" von Caravaggio.) Das Berliner Mu 
seum besitzt von Caravaggio, dem großen Begründer des 
Realismus in Italien, ein altberühmtes Bild, Amor als Sieger, 
Dazu hat sich jetzt in der Sammlung C u t o in Palermo ein 
bisher unbekanntes Gegenstück gefunden, das Filippo Meli 
jetzt in der „Zeitschrift für bildende Kunst“ veröffentlicht. Es 
zeigt Amor in Raserei. Der siegreiche Amor des Berliner Mu 
seums stellt den Knaben auf dem Höhepunkt seines Glückes 
dar; er hat seine Krait in den Kämpfen der Liehe erprobt und 
schwingt den Bogen, Der rasende Amor der Sammlung Cu-to 
aber zeigt schon im Körperbau die ersten Akzente einer von 
Leidenschaft überströmenden Menschlichkeit. Der Knabe, dessen 
Akt übrigens einmal aus moralischen Skrupeln einen Messer 
stich an eine Stelle erhielt, die ein Erbe der Familie Cuto 
nicht anständig genug hielt, ist in seinem seelischen Gleich 
gewicht gestört, in den Augen flackert unheimlicher Wahn 
sinn, er rüstet sich zu neuem Kampf, Fügt man dazu den 
schlafenden Amor im Palazzo Pitti, so ergibt sich ein drei- 
aktiges Drama des Liebesgottes. 
(Drei Selbstporträts von van Gogh.) Aus dem Haag 
wird uns berichtet: Der Gemälderestaurator Tr aas vom 
Museum Mesdag im Haag hat bei der Reinigung einer Anzahl 
von Studien Vincent van Goghs, und zwar einer Skizze der 
Kartoffelesserin, einer Vogelnesterstudie und eines Stillebens, 
nach Entfernung der Kartons, auf denen van Gogh die Skizzen 
befestigt hatte, auf der Rückseite der Leinwand sämtlicher 
drei Studien Selbstporträts van Goghs wieder aufge- 
funden, die aus der späten Pariser Zeit stammen. Die Echt 
heit der Porträts steht über jedem Zweifel, 
(Der „Totentanz“ Holbeins.) Von einem Engländer wurde 
der Stadt Feldkirch für einen spanischen Spätdruck des 
„Totentanz“ von Holbein, der einem Band aus der 
Bücherei des Hieronymus Münzer beigebimden ist, 1100 
Pfund Sterling und zwei Bücher von Münzer angeboten. Die 
Stadtverwaltung beschloß mit Mehrheit, den „Totentanz“ ohne 
das beigebundene Buch zu verkaufen. 
(Die große Matisse-Ausstellung in Berlin.) Man schreibt 
uns aus Berlin; Die große Matisse-Ausstellung der Galerien 
Thannhauser ist dank der persönlichen Unterstützung des 
Künstlers und bedeutender Sammlungen des In- und Auslandes 
nunmehr zusammengestellt und wird Mitte Februar eröffnet 
werden. Sie umfaßt etwa 80 Oelgemälde des Meisters sowie 
eine große Anzahl Zeichnungen, Bronzen und seiner graphi 
schen Werke. Die Schöpfungen entstammen den verschieden 
sten Schaffensperioden Matisses. 
HANDSCHRIFTEN. 
Die Handschriften des Prager Nationalmuseums.) Das 
literarische Archiv des Prager Nationalmuseums ist in seiner 
Handschriftensammlung auf 1 Million Stück angewachsen. In 
der Hauptsache enthält es Schriftstücke tschechischer Politiker 
und Künstler und die Dokumentensammlung aus der Ge 
schichte des tschechischen Nationalstaates. Die Sammlung ist 
aber für Deutschland sehr interessant, da zahlreiche Briefe 
Humboldts und unveröffentlichte Gelegenheitsgedichte 
Goethes darin enthalten sind. Weiterhin enthält die Samm 
lung eine umfangreiche Korrespondenz Goethes mit dem Grafen 
Stern b erg. 
(Historische Schriftstücke in Leningrad gefunden.) Wie 
aus Moskau amtlich gemeldet wird, wurden in Lenin 
grad in .einem ehemaligen kaiserlichen Schloß wichtige histo 
rische Schriftstücke aufgefunden, darunter das Tageibuch 
Kaiser Nikolaus- I. sowie Briefe der letzten russischen 
Zarin und Wil-hel ms II. Die Schriftstücke werden in 
allernächster Zeit vom russischen Staatsverlag veröffentlicht 
werden. 
NUMISMATIK. 
(Hofrat Dr. Franz Thalmayr f.) Aus Linz wird uns ge 
schrieben: Mit Hofrat Dr. Franz T h a 1 m a y r, der am 4. Jän 
ner verschied, ist ein hervorragender Fachmann auf dem Ge 
biete der Numismatik dahingegangien, Er wirkte durch viele 
Jahre als Münzreferent am Landesmuseum und verfaßte eine 
Reihe wertvoller numismatischer Schriften. 
PHILATELIE. 
(Neuheiten.) Fürstentum Liechtenstein. 10 R. oliv, 
Kimderbildnis des neuen Fürsten Franz I., 20 R. karmin, 
neues Bild -des Fürsten, 30 R. blau, Bild der Fürstin Elsa, 70 R. 
-braun, Doppelbildnis -des Fürsten und Fürstin, Die erste Auf 
lage war in einigen Tagen vollständig vergriffen, eine neue 
Auflage wird vorbereitet, — Italien. Erinnerungsmarken an 
die Hochzeit des Kronprinzen Umberto, 
In Polen steht die Ausgabe einer 75 Groszv-Marke mit 
-dem Porträt des Königs Johann S obieski bevor. — 
Schweden bereitet eine neue 85 Oere-Marke im Muster 
„Krone und Posthorn“ vor. Die Stadt des Vatikans wird 
in Bälde 16 Werte von Paketpostmarken ausgeben, 
und zwar zu 5, 10, 20, 25, 30, 50, 60 Centesimi und 1, 1.50, 2, 
3, 4, 10, 12, 15 und 20 Lire. 
(Horthy-Briefmarken in Ungarn.) Aus Budapest wird 
uns gemeldet: Anläßlich des lOiährigen Reichsverweserjnbi- 
läums Horthys wird die Postdirektion im März Horthy- 
Briefmarken aus-geben, die bis Ende d. J, gültig bleiben. 
(Die Jubiläumsmarken von Island.) In diesem Jahr be 
geht das Parlament in Island -die Feier seines 1000jährigen 
Bestandes. Es ist dies das älteste Parlament der Welt, das im 
Jahre 930 von eingewanderten germanischen Kolonisten in 
Thingvellir, in -der Nähe der jetzigen Hauptstadt Reykjavik, 
gegründet wurde. Aus diesem Anlaß gibt Island eine Jubi 
läumsbriefmarkenserie von 16 Werten heraus, -die einen gro 
ßen Erfolg österreichischer Kunst bedeuten, da sie vom Wiener 
Graphiker Ludwig Heßhaimer stammen. Besonders glück 
lich ist die ornamentale Lösung der Ju-biläumsbriefmarken. 
Die Zierelemente und -die Schrift tragen nordischen Charakter, 
geben den Marken ihren eigenen Stil und passen sich in sehr 
originaler Weise dem Begriffe „Island“ an, Die jetzigen Frei 
marken wurden für die Kurszeit (1. Jänner bis 15. Februar) 
außer Kurs gesetzt. 
VERSCHIEDENES. 
(Auszeichnung.) Dem in Wien und Paris etablierten 
Kunsthändler Hugo Engel hat die französische Regierung 
unter gleichzeitiger Ernennung zum Experten für Ge 
mälde das Offizierszeic-hen -der Palme d‘A ca- 
-dern-ie verliehen. Herr Engel ist der erste österreichisch? 
Kunsthändler, dem eine derartige Auszeichnung zuteil wird. 
(Leopold Schafranek.) In Wien ist am 6. Jänner der 
Chef der bekannten Antiquitätenfirma L. Schafranek, Herr 
Leopold Schafranek, im 80. Lebensjahr gestorben. Der 
Verblichene gehörte einer alten, angesehenen Wiener Anti 
quitätenhändlerfamilie an, schon sein Vater betrieb in der Woll- 
zeile ein Antiquitätengesohäft, Er selbst hoffte in seinem ein 
zigen Sohn Max einen Nachfolger zu haben: Das Schicksal 
wollte es aber anders. Max, der jahrelang seinem Vater im 
Geschäfte zur Seite stand und sich auch durch Veranstaltung 
von Auktionen bemerkbar machte, wurde in der Blüte seiner 
Jahre durch -den Tod gefällt. Leopold Schafranek war, wie 
viele seiner Berufsgenossen, auch ein eifriger Sammler; seine 
Neigung gehörte -den Früherzeugnissen -der alten Wiener Por 
zellanmanufaktur. In einer Zeit, wo man den Fabrikaten „vor 
der Marke“ noch wenig Beachtung schenkte, legte er Stück 
um Stück, das ihm in -die Hände kam, in seine Separatvitrine 
und brachte so eine Sammlung zusammen, -die sich sehen lassen 
konnte. Erst im vorigen Jahre entschloß er sich, sich von 
ihr zu trennen; er verkaufte sie -um einen sehr bedeutenden 
Betrag — man nannte 60.000 Schilling — an den Bankier 
Tihilemann in Hamburg. Schafranek war Ehrenmitglied 
der Vereinigung -der Antiquitäten- und Kunsthändler Wiens,
	        
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