Seite 38 INTERNATIONALE SAMMLER - ZEITUNG,
Heroische fehlt den Holländern gänzlich. Im allge
meinen kann man sagen, in Belgien herrsche mehr
der Gegenstand, in Holland mehr die malerische
Form, die vlämische Malerei sei mehr kosmopolitisch,
die holländische mehr national.
Auf solchem Wege schreiten Rubens Nachfolger
weiter, von denen vor allem, der Kronprinz in die
sem Reiche der Kunst, Anton van Dyck zu nen
nen ist, der im Anfänge an Größe der Form, der
Auffassung, des Temperaments seinem Lehrer Ru
bens sehr nahe ist, später wie dieser, sich an italieni
scher Kunst weiterbildet, zuletzt aber erst den ihm
ganz eigenen, vornehmen, äußerlich ausgeglichenen
und doch innerlich nervösen Stil entwickelt, dessen
Eleganz,, zumal in den Bildnissen, ihn zum unerreich
ten Vorbild der Engländer des 18. Jahrhunderts ge
macht hat. Ihm folgen noch manche vlämische Künst
ler, darunter der kaum weniger elegante Meister
der kleinfigurigen Porträts, Gonzales Coques. Die
Trennung der Bildigattungen hat sich nun auch in der
vlämischen Kunst ganz vollzogen und besonders das
Sittenbild zeigt neben der Landschaft eine neue
Blüte in den Werken des in Holland zu einem Maler
höchsten Feingefühls ausgebildeten Adriaen Brou-
w e r in seinem, mehr äußerlichen, aber technisch
vollkommenen Nachfolger David Teniers der
Jüngere.
Museen, Sammler und Kunsthändler haben einen
lobenswerten Eifer entwickelt, der Ausstellung den
gebührenden Glanz zu verleihen. In erster Linie sind
die Museen in Brüssel zu nennen, die dank der Ver
mittlung des belgischen Gesandten in Wien, Mr.
Raymond Le G h a i t und des Legationssekretärs
Baron van der Eist eine Reihe der auserlesensten
Kunstwerke zur Verfügung gestellt haben. Ihnen
schließen sich an die Galerien Czernin und Harrach
in Wien, das Schottenstift in Wien, die Stifte St.
Florian und Kremsmünster in Oberösterreich, das
Nationalmuseum in Stockholm, das Oesterreichische
Museum für Kunst und Industrie in Wien, das Diö-
zesan-Museum in Lüttich u. a.
Baron van der Eist, selbst ein großzügiger
Sammler, hat aus seiner Galerie nicht weniger als
zehn Gemälde beigesteuert, darunter den Zyklus
„Die Taufe der hl. Dymlphna durch den hl. Gereber-
nus“ von Goossen van der Wey den. Die sieben
Tafeln bildeten mit einer verlorenen achten, auf der
das Martyrium der hl. Dymphna und des hl. Gere-
bernils dargestellt war, die, 1505 entstandenen Flü
gel des Dymphner Altars in der Abtei von Tonger-
loo, der zwischen 1724 bis 1745 auseinandergenom
men wurde. Die Tafeln wurden erst im 20. Jahrhun
dert aus der Abtei verkauft.
Sehr erfreulich ist die große Beteiligung der
Sammler. An der Spitze marschieren die Wiener:
Stephan v. Auspitz, Frau Pauly B a 1 d a s s, Gu
stav B e n d a, Dr. Viktor Bloch, Oskar Bond y,
Regierungsrat Dr. Paul Buberl, Graf Franz Clam-
Gallas, Kommerzialrat Willibald Duschnitz,
Professor Josef Engelhart, Frau Adele F i s c h 1,
Kommerzialrat Karl Gib i an, Direktor Dr. Gustav
Glück, Professor Dr. F. Gomperz, Rudolf Ritter
von Guttmann, Julius Kien, August L e d le' rer,
Dr. Fritz L i e b e n, Regierungsrat Herrn. R i e t s c h 1,
Baron Louis Rothschild, Fürst Joh. Schwar
zenberg, Antoine Graf Seilern, Kommerzial
rat Artur Specht, Prinzessin Marie Thurn und
Taxi s, Paul Viktor, Graf Hans Gregor W i 1 -
c z e k und Sandor Wolf. Es sind darunter Haupt
stücke der vlämischen Malerei, die jedem Museum
zur Zierde gereichen würden. Wir heben hervor:
Van Dycks „Gruppenbild der Familie Boling-
broke“, ein niederländisches Bild um 1500 „Josef
deutet dem Koch im Kerker die Träume Pharaos“,
Rubens „Ganymed“, der von der Hebe die Nek
tarschale empfängt, Rubens Reiterporträt, Van
Dycks Porträt einer Dame, Maria mit dem Kinde
eines Brügger Meisters aus dem 16. Jahrhundert, ein
in die Nähe von Nicolas Froment zu weisendes Bild
„Vera Icon“ (das wahre Antlitz Christi, wie es sich
auf das Schweißtuch der hl. Veronika abgebildet
hat), Anna von Bergen, Marquise de Veere von
M a b u s e, der hl, Lucas malt die Madonna von
Roger van der W ey den, Joos van Graes-
beecks „Dambrettspieler“, eine phantastische
Landschaft mit mythologischer Staffage, „Die Ent
führung einer Frau durch Seeräuber“. Den Wiener
Sammlern reihen sich an die Sammler Dr. Burg aus
Berlin, H. C o r a y, Erlenbach bei Zürich, Bank-
I direktor Isborn Kling aus Stockholm, August
N eurbur g, Hamburg und Dr, Fritz Rot h mann,
Berlin, an. Von Kunsthandlungen haben die Galerien
Dr. Otto Fröhlich und St. Lukas (Wien) so
wie Hugo Engel (Wien), die Berliner Kunst
handlungen Bachstitz, Blumenreich und
Haberstock, Norbert Fischmann, München,
B o e r und Goudstikker, Amsterdam und an
dere wertvolle Beiträge geliefert.
Neben den Gemälden sind auch Werke der
Plastik und des Kunstgewerbes ausgestellt. Es ist
hier, um nur einiges anzuführen, die jüngste Erwer
bung Sandor Wolfs aus der Wawra-Auktion vom
März 1928, zwei Elfenbeinreliefs aus der Mitte des
17. Jahrhunderts, Simson, im Kampf mit dem Löwen
und Simson, die Säulen des Tempels umreißend,
ferner ein niederländisches Marmorrelief aus dem
zweiten Viertel des 16. Jahrhunderts „Die Anbetung
der Könige“ aus der Sammlung Sandor Wolf.
Den Beschluß bilden die Zeichnungen der A1 -
b e r t i n a, die ein ganzes Zimmer füllen, Zeichnun
gen von Brouwer, Pieter Breughel dem Aelteren,
Jan Breughe 1 dem Aelteren, Rubens, Van Dyck u. a.
Das Filter des Porzellans.
Wann in Europa das Porzellan erfunden wurde,
ist eine vollkommen sichere und allgemein be
kannte Tatsache: 1706 stellte der Alchimist B ö 11-
g e r in Dresden zuerst das sogenannte rote Porzel
lan her; nachdem ier 1708 durch Zufall auf die Ver
wendung des Kaolin verfallen war, konnte echtes,
weißes Porzellan bereits 1709 auf der Leipziger
Messe gezeigt werden. Was jedoch durch diese
Leistung erreicht war, war, wie man weiß, lediglich
eine Nacherfindung; denn seit Jahrhunderten schon
war das chinesische Porzellan bekannt und ^— da
man das Geheimnis seiner Verfertigung nicht
kannte — berühmt und hochgeschätzt. Der Wunsch,
selbst diese reizvollen Erzeugnisse chinesischer
Keramik herstellen zu können, hatte immer von
neuem zu den allerverschiedensten Experimenten
Anlaß gegeben. Aber alle aufghwandte Mühe war
vergeblich gewesen. Man hatte schließlich einen
äußerst komplizierten, dabei unpraktischen und
schwierig iherzustellenden Stoff gefunden, das weiche
oder Frittenporzellan, das dem eigentlichen Porzellan
äußerlich sehr ähnlich war und aus dem die berühm-