Seile 70 INTERNATIONALE SAMMLER - ZEITUNG
Landschaft schildert, Dann Kritiken, Essays, die meisterhaften
Übersetzungen von Gedichten Michel Angelos, der Sonette
von Elizabeth Barrett-Browning und der Sonette von Louise
Labe. Auch Uebersetzungen von Gedichten Jens Peter Jacob-
sens liegen vor, von denen auch Rilke-Kenner bisher nichts
gewußt haben. Dazu Literatur über Rilke, Kompositionen von
Hindemith und Krenek, Rilke-Parodien. Der Mensch Rilke ist
repräsentiert durch Photographien des Knaben, des Kadetten,
Rilkes' und seiner Frau aus der Worpsweder Zeit. Photos aus
der Kriegszeit, einem schönen Oelbild Olkar Zwimtschers und
einer charaktervollen Büste, die Frau Clara Rilke-Westhoff
geschaffen hat. Auch allerlei Kuriosa enthält die Ausstellung,
Wer weiß etwas von Rilkes Mutter, dieser .seltsamen Frau,
die man seil Jahrzehnten in Prag, wo sie noch lebt, nie
anders als in Trauer gesehen hat. Hier ist ein Büchlein von
Phia Rilke „Ephemetlden", das Aphorismen enthält und ihrem
„theuren Sohne Rene zugedacht” ist (Rilke vertauschte später
den Namen Rene mit Rainer). Wer kennt Rilke als Zeichner?
Hier sehen wir, daß er auch auf diesem Gebiet etwas leisten
konnte. Möchte man wohl glauben, daß Rilke noch 1920 in
einer „Zeitschrift zur Pflege des monarchistischen Gedankens"
als „Schriftstellerin" bezeichnet worden ist? (Rainer Maria!)
Und welches mag wohl .sein erstes gedrucktes Gedicht gewesen
sein? Es ist betitelt „Schleppe oder keine Schleppe?" und ist
die Antwort auf ein Preisausschreiben, das .Das interessante
Blatt“ über diese damals aktuelle Frage veranstaltet hat, . . .
(Geheimrat Philipp Rosenthal als Jubilar.) Der Gründer
der Porzelianmanufaktur Rosenthal in Selb, Geheimrat Philipp
Ro.senthal beging seinen 75, Geburtstag. Dem Verständnis
mit der Materie, sowie die Energie, mit der er die modernen
Plastiker für das Porzellan heranzuziehen verstand, hat der
Entwicklung der Porzellane die stärksten Antriebe gegeben,
Rosenthal ist auch passionierter Sammler des Porzellans aus
dem 18. Jahrhundert.
(Für George Grosz.) Aus Berlin wird gemeldet: Der
„Kampfausschuß gegen Zensur”, dem unter anderem die Aka
demie der Künste, die Genossenschaft Deutscher Bühnenange
höriger, der Goethebund, der Reichsverband des Deutschen
Schrifttums, der Schutzverband Deutscher Schriftsteller und
der Verband Deutscher Erzähler angehören, wendet sich mit
der folgenden Entschließung an die Oeffentliclhkeit: „Der
Maler George Grosz hat eine Zeichnung geschaffen, die'
unter dem Namen „Der Christus mit der Gasmaske“ in der
Oeffentlichkeit bekannt ist. Die Reinheit und der künstlerische
Charakter dieser Darstellung ist unzweifelbar: sie sollte darum
nach dem Geiste der Verfassung auch den Schutz des Staates
und der Behörden genießen. Statt dessen ist dieses Kunst
werk schon früher und neuerdings wieder Gegenstand der
Verfolgung durch staatliche Organe gewesen, obwohl es schon
einmal in einem bemerkenswerten Gerichtsurteil zweiter In
stanz freigegeben worden war, Der Kampfausschuß gegen
Zensur, der alle wichtigen Verbände künstlerischer und lite
rarischer Urheber umfaßt, erhebt aus grundsätzlichen Erwä
gungen Einspruch gegen diese Verfolgungen, die geeignet
sind, dem Wesen Deutschlands als eines Kulturstaates Abbruch
zu tun. Die Fortdauer und Erneuerung behördlicher Angriffe
gegen das Schaffen eines hervorragenden und anerkannten
Künstlers ist eine Gefahr für die Freiheit des geistigen Lehens.
(Der Mährische Kunstverein in Brünn) eröffnet im März
eine Frühjahrsausistellung mährischer Künstler. Im Mai veran
staltet er gemeinsam mit der tschechischen Künstlervereinigung
„A 1 e s“ in seinem Künstlerhause eine Ausstellung japanischer
Kunst und im Ales-Kunstbaus eine Ausstellung chinesischer
Kunst.
(Das Graphische Kabinett in München) eröffnele eine
Ausstellung „Arbeitsstadien in Max Beckmanns graphi
schem Schaffen”. Es wird in der Ausstellung, die sich aus
Beständen des Archivs des Graphischen Kabinetts und der
Sammlung Reinhard Piper zusammemsetzt, eine vergleichende
Uebersicht von Zustandsdrucken .Probedrucken, Handdrücken
neben den endgültigen Zuständen der Auflage gewonnen.
Gleichzeitig sind einzelne Originalplatten und Holzstöcke auf
gelegt.
(Sein Steckenpferd.) Der durch seinen Roman „Caesar"
zu internationaler Berühmtheit gelangte Wiener Schriftsteller
Dr. Mirko J e 1 u s i c h gab auf die Frage einer Zeitschrift,
ob er ein Steckenpferd habe, folgende interessante Antwort:
„Ja welches? Ich hatte zeitlebens dais Unglück oder das Glück,
mehrere Steckenpferde zu besitzen, zwischen denen mir die
Wahl sehr schwer fiel, um so mehr, als sie meist ziemlich
kostspielig waren. So hatte ich schon als ganz junger Mensch
Interesse für Waffen, Teppiche, Kunstgegenstände, Antiqui
täten; später, als ich die Kulturwelt Ostasiens kennen lernte,
die mich für lange Zeit vollkommen beherrschte, waren es
hauptsächlich japanische Farbenholzschnitte und chinesische
Bronzen, denen mein Interesse galt. Noch später war es das
Flugzeug, das mich so ganz in seinen Bann zog. Dazu kam
die schließlich bei jedem geistigen Arbeiter selbstverständliche
Bücherliebhaberei, die wohl mit dem Augenblick begann, da
ich mein erstes Bilderbuch in die Hand bekam und wohl erst
mit dem letzten Augenblick meines Lebens enden wind.
Diese eher äußerlichen Liebhabereien grenzen gleichsam
den Raum ab, in dem sich meine geistigen Steckenpferde be
wegen. Die Sehnsucht nach den schönen, gleißenden Dingen
war nur der Ausdruck meines lange Jahre gehegten und mir
unter Schmerzen begrabenen Wunsches, Maler zu werden;
meine Beschäftigung mit Asien fand ihren Niederschlag in
einem jahrelang ernsthaft betriebenen Studium des Sanskrit
und das Chinesischen; die hiebe: gewonnene geistige Ausbeute
wieder führte mich, zwar nach Europa zurück, aber in ein ab
seitiges Europa, das des Okkultismus, der Astrologie, der
Chiromantie, das der Heraldik, der Siegelkunde, das endlich
der — um einen glücklichen Ausdruck des Forschers Dr.
Kemmerich zu gebrauchen — Kulturkuriosa. Diesem
Steckenpferd nun hin ich treu geblieben. Was immer in irgend
einem Kulturkreis irgendwie aus dem Rahtnen des Herkömm
lichen fällt, kann meines Anteils gewiß sein, schon darum,
weil es anders ist, keine Schablone, ein aus den Gesetzen
fallendes Ding, Vielleicht äußert sich darin ein leidenschaft
licher Individualismus, getreu den Worten Goethes; „Höchstes
Glück der Krdenkinder ist doch die Persönlichkeit!” — Der
Schluß der Antwort gehört zwar nicht hieher. aber wir wollen
ihn nicht unterdrücken. Jelusich sagte noch:
,,Ungerecht wäre es von mir, eines Steckenpferdes nicht
zu gedenken, das mir schon viel Mißbilligung, Unverständliches
und Spott eintrug; meiner nun auch bald dreißig Jahre alten
Leidenschaft für das Patiencenlegen. Ja. ich betreibe dieses
„Altweiberspiel", es ist mir in Stunden der Abspannung, der
Gedrücktheit die beste Ablenkung und Erholung, es macht
mich wieder frisch und überlegen. Denen gegenüber, die mich
verurteilen, habe ich immerhin den Trost, dabei in guter Ge
sellschaft zu sein: in der Napoleons und Bismarcks.“
MUSEEN.
(Angebliche Entdeckungen in der Galerie Kassel.) Eine
Berliner Zeitung verbreitete die sensationelle Meldung, daß
bei Bilderrestaurierungen in der Gemäldegalerie in Kassel
Arbeiten von Tintoretto, Rubens und van Dyck ent
deckt worden sind. Auf eine Anfrage teilte der Direktor der
Kasseler Galerie mit, daß ihr Leiter, Professor Dr. Luthmer,
nur die Vermutung ausgesprochen habe, es könnte sich um
andere Autoren handeln als um iene Namen zweiten und
dritten Ranges unter denen die betreffenden Bilder bisher
„gegangen" sind.
VOM KUNSTMARKT.
(Eine Reichenberger Sammlung unter dem Hammer.) Am
8. April gelangt im „Internationalen Kunst- und Auktionshaus"
in Berlin die Sammlung E. Conrath (Reichenberg) zur
Versteigerung. Wohl seit langem, ist keine so reichhaltige
Kdllektion an deutschen Fayencen, böhmischem
Glas und mittelalterlichem Kunstgewerbe auf den
Markt gekommen.
(Auflösung des Münchener Kunsthauses Brakl.) Wie der
„Vossischen Zeitung" aus München mitgeteilt wird, soll
die dortige Galerie Brakl demnächst aufgelöst werden: ein
Symptom nicht nur der wirtschaftlichen Nöte der Zeit, sondern
auch des Geschmackwandels breiter Käuferschichten. Brakl
hat sich seit etwa zwei Jahrzehnten nahezu ausschließlich für
die Künstler der „Scholle" eingesetzt. Immerhin dankt Mün
chen seiner Initiative die ersten kollektiven Ausstellungen von
van Gogh, Slevogt, Weisgerber, Th. Th. Heine, und wie er
damals, zu Beginn des Jahrhunderts mit entscheidenden Ver
anstaltungen der deutschen und europäischen Kunst diente,
so hat er auch späterhin manche beachtliche Begabung tat
kräftig gefördert. Das von Emanuel Seidl 1913 erbaute Haus
wird in Zukunft wissenschaftlichen Zwecken dienen.
(Neuere Meister.) Bei der am 18. Februar in der Galerie
Hugo Helbing in München albgehaltenen Versteigerung
von Oelgemälden, Aquarellen und Handzeichnungen neuerer
Meister des 19. und 20. Jahrhunderts wurden folgende Preise
(in Mark) notiert:
3 A j d u k ie w i t s ch, Fahrt zur Jagd 295
4 Theodor A11, Studienkopf eines fränkischen Bauers 290
5 Toni A r o n, Neuigkeiten 155
6 Herrn. Baisch, Zwei Kühe auf der Ailmweide . . 300
9 Best, Niederbayerischer Bauer 220
13 B och mann, Im Zwiegespräch 465
14 Ludw. Bock, Blumenstildeben 18Q
16 Anton B r a i t h, Jungvieh in der Mittagshitze . . . 4850