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INTERNATIONALE SAMMLER - ZEITUNG
Nr. 24
<Markenfund in Bordeaux.
Durch die Presse ging in den letzten Tagen die
Nachricht, daß ein Markensammler in Bordeaux
eine Serie von vier Marken zu j e einemFran-
k en aus dem Jahre 1849 entdeckt habe, deren Wert
2 Millionen Franken betrage.
Nach unseren Informationen ist der Fund größer.
Es handelt sich nicht um vier Marken, sondern um
einen Block von acht Marken. Von Paris aus
ist der Block zahlreichen Markenfirmen in Wien
und im Ausland angeboten worden, ohne daß jedoch
ein Preis genannt worden wäre. Der Offerent wollte
sich offenbar nicht auf einen bestimmten Betrag fest
legen, sondern abwarten, welche Anbote ihm ge
macht würden. Die eingelangten Antworten haben
den Entdecker der Marken anscheinend nicht be
friedigt, denn die Marken sind, wie wir hören, bis
jetzt nicht verkauft worden.
Einen Preis von 500.000 Franken für das Stück
hält man auch in philatelistischen Kreisen für über
trieben. Man weist darauf hin, daß in dem franzö
sischen Briefmarkenkatalog von Yvert unter der
Nummer 7 a eine Einfrankenmarke aus dem Jahre
1849, die sogenannte Vernilloun Terne, verzeichnet
sei, deren Wert mit 10.000 Franken angegeben ist.
Ein Achterblock hätte wohl den Reiz der außer
ordentlichen Seltenheit, aber auch er würde nicht
einen Preis von zwei Millionen Franken recht-
fertigen.
Auch reiche Philatelisten werfen nicht so mit
den Millionen herum. Eine Marke, die eine Million
gekostet hätte, ist überhaupt nicht bekannt. Auch
von den blauen Mauritiusmar ken hat bisher
keine diesen Riesenpreis erreicht. Der höchste
Preis, der je für eine gezahlt wurde — im ganzen
kennt man bisher neunzehn, deren Besitzer in
dem von Georges Brunei herausgegebenen Werk
»Les Timbres Poste de l'ile Maurice« registriert sind
— betrug 720.000 Franken. Es handelte sich um eine
ungebrauchte Ausgabe, die aus der berühmten
deutschen Sammlung Ferrari stammte, die in den
Jahren 1922 und 1923 in Paris auf Reparations
konto versteigert wurde. Ersteher war der ameri
kanische Milliardär H i n d in Utica, der vorher schon
für ein gebrauchtes Exemplar derselben Pro
venienz 500,000 Franken gezahlt hatte. Sonst be
wegten sich die Preise der Mauritiusmarken zwi
schen 40.000 und 160.000 Franken.
Nächst den Mauritiusmarken notieren heute am
höchsten die Missionärmarken von H a w a i
und die Zweicentmarke von Britisch-
Guyana. Erstere ist in dem Yvert-Katalog mit
250.000, letztere mit 300.000 Franken taxiert, doch
wird erzählt, daß der schon genannte Sammler H i n d
für eine ungebrauchte Zweicentmarke von
Britisch-Guyana, allerdings ein Unikum, 900.000
Franken erlegt habe.
Cin Unikum.
In London unterhält man sich zur Zeit über
einen Hereinfall des Britischen Museums,
für den Bibliophile Verständnis haben werden,
Da gibt es eine im 16. Jahrhundert erschienene
gereimte Satire von Robert Crowley ,,Die Fabel
des großen Riesen Groß-Britanniens“, deren Quali
tät darin bestand, daß sie nur in einem einzigen
Exemplar vorhanden war. Dieses einzige Exemplar
war in der ganzen englischen Bibliographie seit dem
18, Jahrhundert berühmt, und man kann sich den
ken, wie glücklich das Britische Museum war, als
ihm Gelegenheit geboten wurde, es zu kaufen. Aber
acht Tage, nachdem dies geschehen war, tauchte ein
zweites Exemplar auf; jetzt, vier Wochen später,
ist schon das dritte da, und man kann wohl an
nehmen, daß im Laufe eines Jahres noch andere
Exemplare auftauchen werden. Natürlich ist das
Unikum dadurch stark entwertet.
Aber kann man dem Britischen Museum einen
Vorwurf machen? Und wie kommt es, daß jahrhun
dertelang ein Exemplar bekannt war, und dann mit
einem Male mehrere angeboten wurden? Die Lösung
ist einfach: Gerade für die Bücher, die nur in einem
Exemplar bekannt sind, pflegt im allgemeinen ge
ringes Interesse vorhanden zu sein, kein Mensch
achtet darauf. Im Augenblick aber, als das Wunder
verkündet und der außerordentliche Geldwert fest
gestellt ist, machen sich auch Bücherbesitzer und
Antiquare an das Suchen, und das Resultat ist fast
immer das Auftauchen einer größeren Anzahl von
Exemplaren. Vielleicht gibt es überhaupt kein Uni
kum unter den Büchern, vielleicht höchstens ein
Vierteldutzend. Eines der merkwürdigsten Beispiele
hiefür war ja bei uns Goethes Ossian-Ueber-
setzung. Trotzdem man literarisch von ihr wußte,
kannte seltsamerweise kein Mensch das Buch. Als
es zum erstenmal auf der Auktion Deneke auf
tauchte, wurde es bestaunt und. trug die feierliche
Bezeichnung: wahrscheinlich einziges Exemplar! Der
Preis war dementsprechend. Seit Deneke sind aber
über zweihundert Exemplare des Werkes
in den Handel gekommen.
Chronik.
AUTOGRAPHEN.
(Goethe und sein Kreis.) Auf der unter diesem Titel von
J. A. Stargardt in Berlin abgehaltenen Versteigerung
brachte die Goethe-Zeichnung „Fischer im Kahn" mit Album
blatt (Kat.-Nr. 34) 2030 Mark. Das Schriftstück mit einigen
handschriftlichen Zeilen Goethes (Kat.-Nr. 6) erzielte 220, ein
Billet (Nr. 26) 215, ein Brief an Ottilie (Nr. 28) 385 Mark.
Ein Brief der Marianne von Willemer an Ottilie von Goethe
(Nr. 535) wurde mit 225 Mark, eine herrliche farbige Ansicht
von Frankfurt (Nr. 554) mit 310 und eine seltene Ansicht von
Weimar (Nr, 563) mit 330 Mark bezahlt.
(Wagner-Autogramme nach Amerika.) Die vor zwei Jahren
von den Erben der Engländerin Mrs, Burrell zum Ver- j
kauf ausgebotene Sammlung von über 400 ungedruckten
Briefen und musikalischen Urschriften Richard Wagners
hat jetzt ihren Weg nach Amerika gefunden. Die Gründerin
des Curtis-Musikinstituts in Philadelphia, Mrs. Cuirtis-Bok,
hat die anfänglich zum Preise von 1 % Million Dollar ange
botenen Schätze erworben, nachdem die Wagner-Erben ihr
die Erlaubnis zu deren Veröffentlichung erteilt haben. Die
meisten Briefe sind an Wagners erste Gattin, Minna, ge
richtet.
BIBLIOPHILIE.
(Das Wörterbuch der Papyri vollendet.) Das mit Unter
stützung der Straßburger Wissenchaftlichen Gesellschaft, der
Heidelberger Akademie der Wissenschaften, der Heidelberger