MAK
Nr. 24 
INTERNATIONALE SAMMLER - ZEITUNG 
Seite 249 
Juristischen Fakultät und der Notgemeinschaft der Deutschen 
Wissenschaft herausgegebene Wörterbuch der Papyri ver 
dankt seine Entstehung dem Heidelberger Rechtshistoriker 
Professor Otto Gradenwitz, der den Gedanken, ein sol 
ches Wörterbuch zu schaffen, zum ersten Male im Jahre 1905 
auf dem Philologentag zu Hamburg öffentlich ausgesprochen 
hat. Auf .seine Veranlassung hin wurde für die Ausarbeitung 
des großen Werkes der Papyrusforscher Professor Friedrich 
Preis,igke gewonnen. Nachdem die äußeren Grundlagen 
geschaffen waren, begann Preisigke im Jahre 1914 mit der 
Verzettelung des Materials (150 Kisten mit ie 2000 Zetteln 
zeugen von der ungeheuren Arbeitsleistung), Im Jahre 1922 
begann die Ausarbeitung der Allgemeinen Wörterliste, bei der 
sämtliche Belegstellen eines jeden Wortes gebucht, die deut 
sche Bearbeitung herausgearbeitet und die wichtigsten Wen 
dungen verzeichnet werden mußten. Nach Preisigkes Tod 1921 
wurde die Vollendung und Herausgabe seinem Schüler, dem 
Althistoriker und Papyrusforscher Dr, Emil Kießling, 
übertragen. Die beiden ersten Bände, die die „Allgemeine 
Wörterliste" enthalten, konnten bereits in den Jahren 1925 
und 1927 erscheinen, Mit der letzten Lieferung des dritten 
Bandes (Besondere Wörterliste), die soeben herausgekommen 
ist, ist das Wörterbuch vollendet und dieses wichtige Rüst 
zeug der Papyruswissenschaft zum Abschluß gekommen. Um 
das Werk auch sachlich vor dem Veralten zu schützen, sind 
Nachtragbände vorgesehen, für die das Material bis 1931 in 
etwa 200,000 Zetteln bereits gesammelt ist. Das Werk, das 
die von Alexander dem Großen bi® Mohammed in Aegypten 
gesprochene Sprache enthält, ist in erster Linie für den Ur 
kundenforscher, Juristen, Philologen, Aegyptologen und Hi 
storiker bestimmt; aber auch die Theologie zieht aus der 
Volks- und Rechtssprache zur Zeit Jesu Christi, wie sie die 
Wörterliste wiedergibt, Nutzen für die neutestamentische 
Textkritik. 
(Uebersiedlung der Turiner Nationalbibliothek.) Die be 
deutende Nationalbibliothek zu Turin, die bisher der Uni 
versität angegliedert war und im Jahre 1904 durch Feuers 
brunst einen; erheblichen Teil ihrer wertvollen Bestände ein 
büßte, wird mit einem Kostenaufwand von neun Millionen 
Lire in den zu seinem neuen Zweck umgebauten Staatspalast 
an der Piazza Carlo Alberto übergeführt. Die Bücherei, die 
mit 500.000 Bänden und zahlreichen, bibliographischen Schätzen 
zu den reichsten Sammlungen, des Landes zählt, erhält mo 
derne Lesesäle für 300 Personen. 
BILDER 
(Auffindung eines Werkstattbildes von Raffael.) Anläß 
lich einer Revision in den Lagerräumen des Dorotheum« 
in Wien stieß man auf ein mit 50 Schilling belehntes altes 
Gemälde, das die Experten des Amtes für ein Bild aus der 
Werkstatt Raffaels halten, Prof. Eigenberger 
neigt der Ansicht zu, daß es ein Werk des Raffael-Schülers 
Francesco Penni ist, der seinem Meister besonders nahe 
stand und von ihm oft zur Ausführung und Vollendung seiner 
eigenen Werke herangezogen wurde. So gelten zum Beispiel 
die Madonna del Impanata der Galerie Pitti in Florenz, die 
»Heimsuchung« und die »Kreuztragung des Prado« als gemein 
same Werke Raffaels und Pennis. Das Bild stellt die Verlo 
bung der hl. Katharina dar, der das auf dem Schoß der Ma 
donna sitzende Jesuskind den Ring ansteckt. Daneben steht 
der hl, Josef, ein charakteristischer Raffael-Kopf. 
HANDSCHRIFTEN. 
(Die neuentdeckten Puschkin-Manuskripte.) Aus Le 
ningrad wird uns gemeldet: In der Akademie der Wissen 
schaften ist nun die Bearbeitung der vor kurzem entdeckten 
Manuskripte Puschkins abgeschlossen worden. Am inter 
essantesten ist die Gedichtesammlung „Lyzeumsanthologie" aus 
dem Jahre 1814, die seit 1863 als verloren galt. Unter den 
neuen Manuskripten befindet sich auch ein Bruchstück aus 
der Dichtung „Wadin“, 
NUMISMATIK. 
(Eine Denkmünze des Wiener Ringtheaterbrandes.) An 
läßlich der Fünfzigjahrfeier des Ringtheaterbrandes in Wien, 
einer der entsetzlichsten Katastrophen der Weltgeschichte, 
wird bekannt, daß die Eigentümerin der Tabaktrafik in der 
Mariahilferstraße 1, Frau Helene W i e r e r, im Besitze einer 
Gedenkmünze ist, die anläßlich des Ringtheaterbrandes in ganz 
wenigen Exemplaren hergestellt worden ist. Der verstorbene 
Gatte dieser Frau, Michael W lerer, war Polizeibeamter, und 
ihm oblag es, die Agnoszierung der ersten Leichen durchfüh 
ren zu Tassen, die in jener Schreckensnacht aus dem brennen 
den Theatergebäude in den Hof des Polizeidirektionsgebäudes 
auf dem Schottenring gebracht worden sind. Einer seiner 
Freunde, der ebenfalls schon verstorbene Besitzer einer Prä 
gemaschinenfabrik, Wilhelm Bittner, befand sich damals 
auch unter jenen wenigen Personen, die voll Todesverachtung 
in das brennende Gebäude eingedrungen waren, um dort die 
Rettungsaktion zu beginnen. Zum Andenken daran hat dann 
Bittner diese Gedenkmünzen hersteilen lassen, die er unter 
seinen wenigen Freunden verteilt hat. ln Bronze ausgeführt, 
haben diese Gedenkmünzen, die größer als die Mariatheresien- 
taler sind, auf der einen Seite die Aufschrift »Als bleibendes 
Angedenken an die unglücklichen Opfer bei dem Brande des 
Ringtheaters in Wien am 8, Dezember 1881«, Die andere Seite 
zeigt im Relief ein großes Kreuz, zu dessen Seiten je ein 
Engel steht und darunter die Inschrift »Friede eurer Asche, 
welch Glaubens ihr auch seid!« 
PHILATELIE. 
(Neuheiten.) Wie Boreks Neuheiten-Berichte melden, sind 
von den neuen A 1 b a n i e n - Flugpostmarken für die Linie 
Tirana—Rom nur 25 Prozent der Auflage am Schalter verkauft 
worden, während der Rest, also drei Viertel der gesamten Auf 
lage, durch den Adria-Aero-Lloyd vertrieben wurden. Angeb 
lich beträgt die Auflage bis zur 50 Qu. je 18.000, von den 
weiteren Werten je 5000 Stück. Die 75 Prozent Anteil an jeder 
Markenemission sind durch einen Staatsvertrag festgelegt und 
gelten stets als staatliche Subvention, — Ueber die neue 
2-Fr.-Marke von Frankreich mit dem Triumphbogen wird 
aus Paris berichtet, daß die Zeichnung zuerst Anlaß zu An 
stößen gab, da die untergehende Sonne genau über der Mit 
telachse des Triumphbogens angebracht ist. Sternwarte und 
Oeffentlichkeit ereiferten sich über diese astronomische Un 
möglichkeit, und der Künstler war Zielscheibe verschiedener 
Angriffe, Zu seiner Rechtfertigung berief sich der Künstler 
auf die Tatsache, daß dieser selbst von der Sternwarte ne 
gierte Fall des Sonnenunterganges genau über der Mittelachse 
des Are de Triomphe tatsächlich, aber nur ein einziges Mal 
im Jahre, stattfinde; am 5. Mai, genau zu der Stunde, als 
Napoleon auf St. Helena starb. Man erinnerte sich allerdings 
erst nach dieser Kampagne daran, daß dieser Umstand seiner 
zeit bei Erbauung des Triumphbogens wohl mitgespielt haben 
dürfte. — Griechenland gibt in nächster Zeit vollamt 
liche Flugmarken aus, die bisherigen Marken des »Aero Ex 
preß« kommen außer Kurs. Auch die Steindruckausgabe soll 
außer Kurs kommen und nicht mehr neu gedruckt werden. —- 
Südslawien soll nun auch die Museumsausgabe, über 
druckt mit »YUGOSLAVIA«, herausbringen wollen, 
VERSCHIEDENES 
(Rudolf Schiestl f.) Im Alter von 53 Jahren starb in 
Nürnberg der Kunstmaler Rudolf Schiestl. Rudolf 
Schiestl, ein Bruder des in München lebenden Malers Mat 
thäus Schiestl, wurde 1878 in Würzburg geboren. Sein 
Vater stammte aus dem Zillertal, hätte als Aeltester den 
väterlichen Hof übernehmen sollen, war aber Bildschnitzer ge 
worden und dann nach Würzburg gezogen. Auch Schiestl ar 
beitete zunächst in der Werkstatt des Vaters, brachte aber 
schon damals von seinen Wanderungen im Maintal mit Zeich 
nungen gefüllte Skizzenbücher nach Hause. Nach Absolvierung 
der Münchener Akademie arbeitete er ein halbes Jahr in der 
Glasmalereianstalt in Innsbruck. 1910 zog er nach Nürn 
berg, wo er bis zu seinem Tode Professor an der Staatsschule 
für angewandte Kunst war. Schiestls Kunst ist Millionen von 
Kriegsteilnehmern durch seine Zeichnungen in der Liller 
Kriegszeitung bekannt geworden, von denen seine Volkslied 
illustrationen als die schönsten gelten. Schiestl nähert sich 
in seiner Malweise den Formen der primitiven Bauernkunst, 
zeigt sich durchaus dem Volk zugewandt und, wie Leo Weic- 
mantel von ihm sagt, »der Gebärde unserer Zeit fernstehend«. 
So entstanden Werke von altmeisterlicher Kraft, wie »Singen 
der Schäfer«, »Fränkische Dorfkapelle«, »Maria in der Wiese«, 
»Das wandernde Gnadenbild«; die farbigen Kohlezeichnungen: 
»Der Teufel reitet einen Bauern« und »Zug des Todes«; die 
PinseLsteinzeichnung »Anbetung der Hirten«; der Holzschnitt 
»Kreuztragender Heiland« und viele Radierungen und Hinter 
glasbilder, Von sehr illustrativen Märchenbildern seien ge 
nannt: »Die Prinzessin und der Schweinehirt«, »Die Schild 
bürger«, »Till Eulenspiegel«. Beim Brand des Münchener Glas 
palastes wurden zwei Bilder R. Schiestl® vernichtet. Es han 
delte sich um den »Kuhhandel« und ein Landschaftebild aus 
der Würzburger Maingegend. 
(Hans Fechner.) Wie aus Schreiberhau gemeldet 
wird, ist dort der blinde Maler und Schriftsteller Hans 
Fechner an den Folgen einer Lungenentzündung im Alter 
von 71 Jahren gestorben. Fechner war ein Schüler Def- 
freggers und ein Freund Wilhelm Raabes. Er malte haupt 
sächlich Studienköpfe, Sittenbilder und Porträts. In seinen 
Werken hat er viele literarische Persönlichkeiten in Bild 
nissen verewigt, so Wilhelm Raabe, Theodor Fontane, Rudolf
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.