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INTERNATIONALE SAMMLER - ZEITUNG
Nr. 10
Lemberger u. a. Ein Damenporträt von Moroni ge
hörte sogar dem bayrischen Königshause und zierte
noch im Jahre 1919 als Leihgabe die Alte Pinako
thek in München. Das Bild, auf 50.000 S geschätzt,
wird mit 12.000 S ausgerufen werden — billiger kann
man wohl nicht zu einem Meisterwerk von Moroni
kommen. Und so zeitgemäß sind auch die anderen
Preise erstellt. Rubens Bildnis der Isabella Brant.
bekanntlich die erste Gemahlin des Künstlers, wird
mit 13.000 S, des Meisters »Dame mit großem
Spitzenkragen«, aller Wahrscheinlichkeit nach ein
Jugendbildnis der Maria von Medici, mit 11.000 S,
die Halbfigur des hl. Petrus in dem für Rubens so
charakteristischen gelben Mantel mit 5000 S, eine
»Abnahme Christi vom Kreuz« von Benson wird
mit 6000 S, ein Ratsherrnporträt von Barthel
B r u y n dem Jüngeren mit 4000 S angeboten werden.
Mit diesen Beispielen ist natürlich die Abtei
lung der alten Meister nicht erschöpft: es finden sich
da ferner Werke von dem Meister von Alkmaar,
eines holländischen, in Alkmaar tätigen Künstlers
aus der Nachfolge des Geertgen tot Sint Jans, von
Nicolaes M a e s (Bildnis des Professors Gysbert
Voet), vom Meister der Katharinenlegende (Der seg
nende Heiland), von de V 1 i e g e r (Holländische
Hafenstadt), reizende Veduten von Canaletto etc.
Auch die Abteilung neuerer Meister wird die
Kauflust sehr anregen. Da ist ein prachtvolles Früh
lingsbild von Karl Haider, ein Beduinenreiter von
dem sehr geschätzten polnischen Maler Wierusz-
Kowalski, ein sehr guter Isidor Kaufmann
(Rabbiner), Qualitätsarbeiten von Danhauser, Fai
stauer, Rotta, J. B. Reiter, Thoma u. a. Unter den
Aquarellen und Miniaturen stechen Arbeiten der
drei Wiener Alt, von Daffinger, Peter Fendi, Petten-
kofen hervor. Makart ist mit einem Skizzenbuch
vertreten, dessen Echtheit von seiner Gattin beglau
bigt ist.
Sehr beachtenswert sind die Skulpturen, von
denen wir insbesondere eine große Bronzestatue
eines stehenden Faunes, eine deutsche Arbeit aus
der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts, ein Mar
morrelief mit dem Porträt des Federigo da Monte-
feltre, Herzogs von Urbino, und ein Holzrelief der
Enthauptung der hl. Barbara hervorheben möchten.
Möbel und Einrichtungsstücke aus dem 17. und
18. Jahrhundert, Waffen, Glas- und Silberarbeiten
leiten zu den Textilien über, unter denen sich Bild
teppiche von großem Wert befinden. Wir nennen
die Brüsseler Tapisserien mit Darstellungen aus dem
Don Quixote, eine von Jean F. Bouchez signierte
Tapisserie mit einer reich staffierten Waldlandschaft,
eine vlämische Tapisserie aus bunten Wollen und
reicher Blumenbordüre mit dem Wappen Leopolds I.,
eine Tapisserie derselben Provenienz mit einer Dar
stellung aus der Geschichte Alexanders des Großen
(Die Frauen des Darius flehen den König um Gnade
an) etc.
Unsere Abbildung (Fig. 1) zeigt das schon er
wähnte Bild der Isabella Brant von Rubens. Hof
rat Dr. Gustav Glück sagt in seiner Expertise über
das Bild: »Die flüssige Modellierung des Kopfes mit
leichtem Halbschatten und die Bildung der Hände
weisen mit Sicherheit auf die Hand des Meisters hin.
Die flott gemalten Blumen dürften wohl von einer
anderen gleichzeitigen Hand hinzugefügt worden
sein.«
Sraupes nächstes Programm.
Aus Berlin wird uns geschrieben:
Am 21. Mai veranstaltet Paul Graupe in sei
nen neuen schönen Räumen in der Bellevuestraße 7
die von Publikum und Künstlern schon lange erwar
tete Auktion von Werken »lebender deutscher
Künstler«. Die Auktion verfolgt den doppelten
Zweck, den deutschen Künstlern in der Krise brei
tere Absatzmöglichkeiten zu schaffen und ihnen
finanziell zu helfen, da der reine Nutzen den Künst
lern zufließt.
Das zirka 200 Gemälde, Aquarelle und Plasti
ken umfassende Material wurde von der Versteige
rungsfirma unter ständiger Mitarbeit sämtlicher maß
gebender Berliner Künstlerverbände sorgfältig aus
gewählt. Besonderes Gewicht wurde dabei auf die
Tatsache gelegt, daß sämtliche Kunstrichtungen re
präsentativ vertreten sind, daß möglicht viele und
vielartige Sujets zum Angebot kommen, und die
Kunstwerke ein gefälliges, dem heutigen Wohlstil
angemessenes Format aufweisen.
Es seien einige der besten Künstlernamen ge
nannt: Annot, Charlotte Berend-Corinth, Milly Ste-
ger, Julie Wolfthorn, Max Dungert, Ernst Fritsch,
George Grosz, Karl Hofer, Willy Jaeckel, Cesar
Klein, Bruno Krauskopf, Max Pechstein, Christian
Rohlfs, Eugen Spiro, Gert Wollheim u, a. Auf diese
Weise findet der Kunstfreund aus jeder Richtung
und in jedem Sujet in dieser Versteigerung seinem
Geschmack entsprechende Kunstwerke.
Bekanntlich hatte Graupe bereits im vorigen
Jahre eine derartige Auktion veranstaltet, die auf
größte Bereitschaft im Publikum stieß. Leider konnte
sie sich trotzdem durch die Eigenwilligkeit einiger
Künstler nicht im gewünschten Maße durchsetzen.
Bei der diesjährigen Auktion fallen alle derartigen
Hemmnisse der vorigen absolut fort, die Künstler
haben ausdrücklich auf Limite verzichtet, sodaß tat
sächlich jeder Kunstfreund den Preis anlegen kann,
den er für angemessen hält. Diese günstigen Bedin
gungen und der gemeinnützige Zweck dürften dem
Unternehmen den Erfolg sichern, den Veranstalter,
die gesamte Künstlerschaft und das Publikum von
ihm erhoffen.
Am 6. Juni versteigert Graupe in den berühm
ten Schinkelräumen des Prinz Albrecht-Palais in der
Wilhelmstraße die Gemäldesammlung. Schloß
Reinhartshausen; Rhein gau aus dem Be
sitz des Prinzen Heinrich von Preußen. Die
Sammlung wurde in der ersten Hälfte des 19. Jahr
hunderts von der Prinzessin Marianne von
Preußen, der Tochter König Wilhelms der Nie
derlande, zusammengebracht. Dem Zeitgeschmack
entsprechend, liegt das Hauptgewicht der Sammlung
auf den niederländischen Kleinmeistern des 17. Jahr
hunderts, von denen Künstler, wie Adrian O s t a d e,
Jan B o t h, Simon de Vlieger, Breckelen-
kam, Netscher, van der Pluym, Berchem
und andere durch eine Menge höchst reizvoller und
dekorativer Landschaften und Interieurszenen ver
treten sind. Daneben gibt es noch einige schöne ita
lienische Bilder, an der Spitze ein prachtvolles Ma
donnenbild L ui n i s, eine Anbetung der heiligen drei
Könige von B a s s a n o und ein mit minutiöser Fein
heit ausgeführtes Madonnenbild aus der Werk
statt Raffaels.