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Internationale 
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Zentralblatt für Sammler, Liebhaber und Kunstfreunde 
Herausgeber: Norbert Ehrlich 
24. Jahrgang Wien, 1. März 1932 Nr. 5 
Die &rühjahvsauktionen bei 
Aus Leipzig wird uns geschrieben: 
Zwei Auktionskataloge werden von C. G. 
B o e r n e r Ende März verschickt werden, auf die 
hin sich vom 2. bis 4, Mai wohl wiederum die ganze 
für Graphik und Zeichnungen interessierte in- und 
ausländische Welt in Leipzig ein Rendezvous geben 
wird. 
Ein stattlicher Kupferstichkatalog beschreibt 
die fast hundert Jahre alte Sammlung Graf York 
von Wartenburg, deren Bestände an kostbar 
ster deutscher Graphik des 15. und 16, Jahrhunderts 
allen dafür interessierten Kunstfreunden durch die 
unzähligen Hinweise in der Fachliteratur bekannt 
sind. Es gibt wenige Privatsammlungen in der Welt, 
die so umfängliche Bestände an Kupferstichen des 
15. Jahrhunderts aufwpisen, wie diese. In erster 
Linie sei darauf hingewiesen, daß der Hauptkünstler 
der frühesten Zeit, der Meister E. S., mit einer 
ganzen Serie von Blättern vertreten ist. Fast noch 
erstaunlicher aber ist das Schongauerwerk der 
Sammlung, das sich der Vollständigkeit nähert und 
vielleicht auch an Qualität die schönste Sammlung 
dieser Art ist, die in Privatbesitz vorhanden ist, 
Einen Hauptteil der Sammlung bildet ihr Dürer 
werk, das mit dem höchsten Maßstab gemessen 
werden kann. Blätter, wie Adam und Eva; Ritter, 
Tod und Teufel dieser Sammlung gehören ohne 
Uebertreibung zu den schönsten Exemplaren, die 
existieren. Um diese Werke herum gruppieren sich 
eine Anzahl sehr kostbarer Blätter des 15. Jahr 
hunderts, darunter zwei Blätter des Meisters W, 
mit dem Schlüssel, eines davon, dessen Hauptblatt, 
der Stammbaum Mariae, einer der bedeutendsten 
Stiche des 15. Jahrhunderts überhaupt, Blätter vom 
Meister der Berliner Passion, dem Spielkarten- 
Merster, von Bocholt, Zwott, eine Serie schöner 
Stiche von Meckenem und manches andere. Im 16. 
Jahrhundert breiten sich um Dürer die Kleinmeister 
und die deutschen Holzschnittmeister mit vielen 
Seltenheiten und in fast durchgängig ausgezeichneten 
Drucken aus. An besonderen Kostbarkeiten wäre 
noch zu nennen der große farbige Clair-Obscur- 
Schnitt der schönen Maria von Regensburg von Alt 
dorfer, das Clair-Obscur der Baldung‘schen Hexen, 
eine äußerst seltene Kreuzigung in Clair-Obscur von 
Wechtlin, eine radierte Landschaft von Altdorfer 
und anderes. 
In d en gleichen Katalog ist ein besonders inter 
essanter Beitrag aus altem Fürstenbesitz aufgenom- 
C. &. 33oerner in Ceipzig. 
men, von dem ungewöhnlich kostbare Blätter schon 
früher einmal bei C, G. Boerner verkauft wurden. 
Hier handelt es sich zunächst um eine Anzahl von 
Xylographien des 15, Jahrhunderts, seltene Blätter, 
zum Teil in der Form von Flugblättern, die bis in 
den Besitz Kaiser Rudolfs II. zurückzuverfolgen 
sind. Dann um eine Sammlung Niederländischer 
Holzschnitte des 16, Jahrhunderts, interessante, 
meist kolorierte bedeutende Schnitte von Teunissen 
und anderen Künstlern aus Antwerpener und Am 
sterdamer Druckerfirmen. Die meisten dieser 
Schnitte, die gerade augenblicklich die Wissenschaft 
beschäftigen, sind nur in wenigen Drucken bekannt. 
Eine kleine Partie französischer Farbendrucke und 
Schweizerischer Ansichten fällt ein wenig aus dem 
Rahmen des Kataloges heraus, zeichnet sich aber 
durch unberührte Frische aus. 
Einen wesentlichen Teil des Kataloges bildet 
der erste Teil der Rembrandtsammlung Massaloff. 
Der Sammler ist den älteren Graiphikfreunden noch 
durch seine Teilnahme an den bedeutendsten Ver 
steigerungen der neunziger Jahre bekannt, ein lie 
benswürdiger Russe, der für die feinsten Qualitäten 
jeden Preis bezahlte, so z. B. 5000 Mark für den 
herrlichen alten Häring der Sammlung Sträter, das 
kostbarste und am. meisten umstrittene Blatt dieser 
berühmten Sammlung, Hier kommen viele frühe 
Platlenzustände Rembrandt'scher Radierungen zum 
Verkauf, die sonst kaum mehr am Markt sind. Von 
kleineren Beiträgen für diesen Katalog ist ein Dü 
rer‘s-che s Marienleben in Probedrucken aus Privat- 
: besitz zu nennen, eine Serie von größter Vollkom 
menheit mit Rand und so ausgezeichneter Frische, 
daß das Drudkrelief noch überall sichtbar ist. 
Der zweite Auktionskatalog bringt eine weitere 
Partie von Handzeichnungen aus der Ere 
mitage in Leningrad, diesmal nur ca. 150 
Blatt, die aber noch gewählter sind, als die entspre 
chenden, die die Boernersche Versteigerung im 
Frühjahr 1931 brachte. Neun Zehntel davon sind 
französische Meister des 18. Jahrhunderts. Wieder 
sind die großen Hauptmeister Boucher, Fragonard, 
Moreau, Greuze, Saint Aubin, Lavreince, Hubert 
Robert alle vorhanden. Im einzelnen sind aber fast 
noch kostbarere Blätter zu nennen, als sie der da 
malige Katalog aufwies, so vor allem die herrliche 
große Aquarelle von Gabriel Saint-Aubin, die die 
Aufführung der Oper Armide in Paris darstellt und 
in dem großen neuen Werk über den Künstler von
	        
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