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INTERNATIONALE SAMMLER - ZEITUNG
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Eine Kostbarkeit ist auch das Stammbuch des Hofadvo
katen Carl Georg Hase in Weimar, das dreizehn Eintragungen
aus den Jahren 1827 bis 1882 enthält. Goethe ist da mit der
wundervollen, für die Stammbuchweihe seines »lieben Wölf-
chens« (Wolfgang Maximilian v. Goethe) bestimmten Strophe
vertreten:
»Eile Freunden dies zu reichen!
Bitte sie um eilig Zeichen,
Eilig Zeichen, daß sie lieben:
Lieben das ist bald geschrieben;
Feder aber darf nicht weilen,
Liebe will vorübereilen.«
Es finden sich da weiters Eintragungen von Goethes
Sohn August, von seinem Enkel Walter, von Riemer, Hufe
land u. a.
William
In Innsbruck ist am 5, März der Altmeister der
Radiernadel William Unger gestorben. Er hat das
95. Lebensjahr erreicht und sich derart in eine Reihe
mit Tizian und Hokusai gestellt, Rudolf Alt, den
Dreiundneunziger, hinter sich gelassen, von dem
»nur« achtzigjährigen Menzel zu schweigen. Und es
war ein gesegnetes Alter; denn als sich William
Unger, bereits hochbetagt, von seiner akademischen
Lehrtätigkeit in Wien nach Innsbruck zurückgezo
gen hatte, war seine Arbeitskraft und Arbeitslust
noch unvermindert, die Sicherheit der Hand beinahe
dieselbe geblieben. Wenn er auch nicht mehr die
Radiernadel handhabte, so wandte er sich dafür der
Aquarellmalerei zu und hat ganz reizende Blumen
stücke und Stilleben geschaffen, die demnächst in
einer Ausstellung vorgeführt werden sollen.
In Hannover als Sohn eines hervorragenden
Kunsthistorikers geboren, hat Ungar als Autodidakt
heimlich ohne Wissen der Eltern radiert, um dann
mit ihrer Zustimmung in Düsseldorf und in München
seine künstlerische Ausbildung zu vollenden. Als er
zu Beginn der Siebzigerjahre nach Wien kam, war
die Atmosphäre dieser Stadt der Kunst besonders
günstig. Es war die Makart-Zeit, in der das Inter
esse weiter Kreise an der bildenden Kunst eine ganz
ungewöhnliche Höhe erreicht hatte. Die starken
Wirkungen, die Wien auf die Eigenart Ungers aus
übte, beweist die Fülle seiner Radierungen, die zu
den Schätzen der städtischen Galerie und der Liech
tenstein-Galerie zählen. Aber auch in Berlin und
Braunschweig, in Kassel, Harlem und Amsterdam
und in den bedeutendsten Privatsammlungen ist
Unger •f
Unger vertreten. Gab es doch eine Zeit in Wien,
da jeder Sammler sein Unger-Blatt haben mußte.
Unger hat sowohl als Originalradierer, wie auch
als reproduzierender Graphiker Hochleistungen voll
bracht. Dem Originalradierer lag die Landschaft be
sonders nahe. Als reproduzierender Künstler bevor
zugte er die Holländer und unter ihnen wieder
Rembrandt. Als 1906 das Rembrandt-Jubiläum ge
feiert wurde, erschien als Prämienblatt der Gesell
schaft für vervielfältigende Kunst eine Radierung
nach dem im Hofmuseum befindlichen Selbstporträt
des Malers.
Unger war auch als Lehrer sehr geschätzt. Zu
erst am Oesterreichischen Museum für Kunst und
Industrie, dann an der Akademie für bildende Kün
ste tätig, hat er hervorragende Schüler herangebil
det, deren Aufstieg er mit wärmster Teilnahme be
gleitete. Da ist vor allem der viel zu früh verbli
chene Ferdinand Schmutzer zu nennen, ferner
Jettmar, Kasimir, Lux, Pontini, Kempf,
Gold, Coßmann und viele andere.
Ungemein viel hat Unger für die Popularisierung
der Kunst getan. Mit Fug und Recht hat man die
Schlegel - Tieckschen Shakespeare - Uebertragungen,
den Homer des Vater Voß zum Vergleich herange
zogen. Bei Unger waren es aber, wenn man so sagen
darf, Uebertragungen der Bilder in eine andere
Sprache, die auch als selbständige Kunstwerke von
ausgesprochen persönlichem Charakter zu werten
sind. Von den zahlreichen Bildnissen, die er nach
der Natur geschaffen hat, ist eines der bekanntesten
und verbreitetsten das Bild Kaiser Franz Josefs, ein
Kniestück in Generalsuniform.
JCohe Preise für englische Sportblätter.
Aus Berlin wird uns geschrieben:
Die am 24. und 25. Februar bei H o 11 s t e i n
& P u p p e 1 veranstaltete Versteigerung der Kupfer
stichsammlung aus fürstlichem Besitz fand unter be
sonders reger Beteiligung statt. Persönlich anwe
send waren außer den zahlreichen deutschen Inter
essenten Käufer aus Amerika, England, Frankreich,
Schweiz, Tschechoslowakei u. a. Wieder zeigte sich
einmal, daß auch in einer wirtschaftlichen Depres
sion gute Ware, die dem Handel seit über 100 Jah
ren unbekannt war, zu recht guten Preisen leicht
verkäuflich ist, denn von den zirka 1200 Nummern
des Kataloges wurden zirka 1100 Nummern verkauft,
dabei sämtliche Blätter von hohem Wert. Als Ge
samtresultat betrachtet, jedenfalls ein für diese Zeit
erfreuliches Ergebnis,
Besonders lebhaft wurden die farbigen engli
schen Sportblätter, denen man selbst in England seit
Jahrzehnten in dieser Frische und Erhaltung nicht
begegnet war, begehrt. Vier Blatt von Alken:
Rennplätze in Newmarket, Ipswich, Ascot Heath
und Epsom vom Jahre 1818 gingen für 2150 RM
nach der Schweiz. Andere Folgen von Alken, meist
aus der frühen Zeit von 1818 bis 1823, vielfach so
gar in den Originalumschlägen der Zeit, erzielten
folgende Preise: Vier Blatt Fox Hunting 1100 RM,
sechs Blatt A Cockney Shooting 840 RM, sechs
Blatt My Stud 850 RM, sechs Blatt Ideas 340 RM.
Hart umstritten war ebenso eine besonders
schöne Folge von Wolstenholme, vier Blatt Fox
Hunting von 1817, welche für einen englischen
Sammler um 3600 RM erworben wurde. Die Preise
für die englischen Sportblätter waren durchweg um
zirka 50% höher, als die in den Jahren 1926 und
1928 für ähnliche Blätter in England bezahlten
Preise.
Unter den englischen Farbstichen des 18. Jahr
hunderts fanden die prächtigen Blätter von Morland-
Ward sämtlich Käufer zu hohen Preisen: Zwei Blatt
Gipsies, Travellers 2900 RM; zwei Blatt Children
Bird-Nesting, Cottagers 3000 RM, beide Paare nach
Amerika; zwei Blatt Juvenile Navigators, Children
Nutting 2300 RM; zwei Blatt The Woodcutter, The
Shepherds Boy 1250 RM. Zwei wundervolle farbige
Blätter der Folge von Wheatley »Cries of London«
Plate 4lh und Plate 3rd. wurden mit 1800 RM resp.
1450 RM von deutschen Händlern wahrscheinlich
für ausländische Auftraggeber ersteigert. Berner-