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Nr. 1 
INTERNATIONALE SAMMLER - ZEITUNG 
Seite 3 
schon bei der nächsten Vente einer Depression und 
Mutlosigkeit sondergleichen Platz machen kann. Jede 
sichere Wertung des Kunstbesitzes ist verschwun 
den; auftauchende Wertungen und Preise haben 
kaum, für ihren Tag Gültigkeit. 
Mit mehr Ruhe und Stetigkeit absolvieren 
Italien und die anderen Länder ihre Krise. 
Betrachten wir aber alles in allem, ist der Schluß 
dennoch erfreulich und hoffnungsvoll. Gegen das 
Ende des Jahres zu hat sich in Oesterreich und 
Deutschland allerdings vorerst nur seismographisch 
wie ein Fernbeben merkbare Besserung konstatieren 
lassen. Die Stetigkeit der Währungen hat sich ohne 
besondere Befürchtungen über ein ganzes Jahr hin 
überretten lassen; das gibt Mut, Eine gewisse Locke 
rung der Geld- und Kreditverhältnisse wird von den 
Börsenstatistiken gemeldet. Die bisher überfüllten 
Lager des Handels und der Produktion beginnen sich 
zu leeren und es steht für das kommende Jahr zu 
erwarten, daß sich Konsum und Produktion, Pro 
duktion und Nachfrage ausgleichen werden. Das 
würde eine leichte Besserung des Arbeitsmarktes mit 
sich bringen. Das allgemeine Bewußtsein um die 
kommende Konsolidierung beeilt diese selbst. Die 
sich auf dem Markte so ungünstig auswirkende De 
pression ist etwas in den Hintergrund gedrängt wor 
den, wenn sie auch dort bereit steht, bei der gering 
sten inneren oder äußeren Beunruhigung wieder über 
uns herzufallen. Wir schließen das Jahr mit der 
Ueberzeugung, das Ende der Krise erreicht zu haben 
und uns behaupten zu können auf einem festen Bo 
den, der den Wiederaufstieg ermöglicht. 
Der Kunsthandel wird diesen Wiederaufstieg 
mit einer neuen Wertungsgrundlage beginnen müs 
sen. Die teilweise ungeheuer übertriebenen Preise 
für alte Meister zum Beispiel, hervorgerufen durch 
die Sucht nach Namen und Expertisen, werden re 
guliert werden müssen, das Starwesen auch in der 
Kunst seinem Ende zugeführl werden müssen. Auf 
diese Weise wird auch wieder ein Weg freigemacht 
für das gute anonyme, ja selbst das gute mittel 
mäßige Objekt. Dem Spekulanten wird der Boden 
entzogen, dem Sammler ein neuer Boden, ein neuer 
Mut gegeben. 
Wir stehen vor einer neuen — durchaus gegen 
wärtigen Romantik, eine Kulturstimmung, die 
dem Sammler seit je günstig gesinnt war. Das wird 
ihn wieder aufrichten — und damit den Handel. 
Unter normalen Verhältnissen ist das Kunstgut 
im Volke verteilt und der Handel hat nur die Auf 
gabe, zeitweise herrenlos gewordenes Gut aufzu 
fangen und wieder in den Volksbesitz ap anderer 
Stelle einzugliedern. Inflation und Notzeit haben in 
Oesterreich wie in Deutschland das Gut aus dem 
Besitze des Volkes abfließen lassen in die Lager 
des Handels. Eine wirtschaftlich für den Handel, 
kulturell für das Volksganze sehr bedenkliche Situa 
tion wartet heute auf die Gelegenheit, sich wieder 
abzurunden. Hoffen wir, daß das neue Jahr sich 
heilend auswirken wird! (und wir hoffen nicht ohne 
wirkliche Begründung). 
Das Cnde eines berühmten Jluktionshauses. 
Aus Paris wird uns berichtet: 
Mit Anfang des Jahres wird die Kunstgalerie 
George Petit in Paris verschwinden, eine Nach 
richt, die nicht nur in Frankreich, sondern bei den 
Kunstsammlern der ganzen Welt befremdendes Er 
staunen erregen wird, denn neben dem Hotel D'rouot 
war sie das bedeutendste Versteigerungshaus der 
französischen Hauptstadt. Was aus dem Gebäude 
werden wird, ist noch unbekannt. Vielleicht, daß es 
unter anderer Leitung wieder Auktionen dienen wird. 
George Petit eröffnete seine berühmte Galerie 
im Jahre 1885. Zwischen der Oper und der Made- 
laine gelegen, bildete sie einen Sammelpunkt aller 
kunstinteressierten Kreise, da hier stets Gegenstände 
von hohem. Wert zum Verkauf ausgeboten wurden. 
So waren die Galeries Petit Schauplatz der Verstei 
gerung der Doucet-Sammlung im Jahre 1912 und der 
Degas-Sammlung im Jahre 1918. Die Auktionen aus 
dem Besitze Cecilie Sorels und Gaby Deslys zogen 
ganz Paris an. Auch in den letzten Wochen haben 
in diesen Räumen noch wichtige Versteigerungen 
stattgefunden, so die der Sammlungen Georges B 1 u- 
m e n t h a 1, Jules Strauß und Charles Pacque- 
ment, 
Ueber die Sammlung Blumenthal ist in der 
„Internationalen Sammler-Zeitung“ (siehe Nr. 24 vom 
Jahre 1932) ausführlich berichtet worden. Bei der 
darauffolgenden Versteigerung der Sammlung Jules 
Strauß, die neuere französische Meister umfaßte, 
kam das Bildnis Richard Wagners zum Verkauf, 
das Renoir im Jahre 1882 in Palermo in einer 
knappen halben Stunde gemalt hat, während Wagner 
an der Vollendung seines Parsifals arbeitete. In 
seinen Erinnerungen erzählt Renoir, das Bild habe 
den großen Komponisten nicht ganz befriedigt. Wag 
ner habe nach der Sitzung einen kurzen Blick auf 
die Leinwand geworfen und geäußert: ,,Da sehe ich 
ja. aus wie ein protestantischer Pastor!" Renoir hat 
dieses Bild später noch einmal kopiert. Diese zweite 
Ausführung befindet sich in dem, Museum der Großen 
Oper, Das Original wurde jetzt für 257.000 Franken 
von dem bekannten Pianisten Alfred Cortol er 
worben. Ein anderes Glanzstück der Sammlung 
Strauß, Manets Porträt der Berthe Morizot, kam 
für 352,000 Franken nach England. Zwei Tänzerinnen 
von Degas erzielten 50.000 und 43.600 Franken, 
ein Kinderbildnis desselben Malers 52.000 und sein 
Bild Ballett 105.000 Franken. Ein bekanntes Ge 
mälde von Delacroix, Mademoiselle Rost, 
brachte 116.000 und sein Christus am Kreuz 140 000 
Franken. Drei Landschaften von Claude Monet 
brachten zusammen 428.000 Franken. Renoirs 
Badende wurde für 131.000 und Le Jardin d'essai 
4 Alger für 173.000 Franken abgegeben. 
Bei der Versteigerung der Sammlung Charles 
Pacquement erreichte ein Bild von V u i 11 a r d, 
Vase mit Blumen, 57,000 Franken; es wurde für das 
Luxembourg-Museum erworben. Das auf 200,000 
Franken geschätzte Gemälde La Meridienne von van 
Gogh erzielte 280.000 Franken; zwei Bilder von 
C ezanne, L‘Estaque und Les Pots de fleurs kamen 
für 112.000 und 168.000 Franken in französischen 
Privatbesitz. Puvis de Chavannes' Maternite 
erzielte 70.000, Renoirs Baigneuses 60.000, ein 
bekanntes Gemälde von Henri Matisse, lAnanas, 
75.000 Franken,
	        
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