MAK
Nr. 1/2 
INTERNATIONALE SAMMLER-ZEITUNG 
Seite B 
Blätter zerstört. Erst vor wenigen Monaten noch 
kamen mir Dubletten mehrerer staatl. Anstalten zu 
Gesicht, die samt und sonders vor noch nicht langer 
Zeit mit Anilinstemipel abgestempelt worden waren 
und das nicht einmal durchwegs an geschickt ge 
wählter Stelle, 
Gleiches sei übrigens auch den Nachkommen von 
Künstlern gesagt, die das künstlerische Erbe des 
Verstorbenen mit sog. „Nachlaßstempeln“ versehen 
wollen. Diese Nachlaßmarke sollte nie handschrift 
lich geschehen, aber man möchte immer noch lieber 
das sehen, als auch hier den Anilinfarbenstempel, 
mit einer Gummistampiglie aufgedruckt, wie sie jeder 
nächstbeste Stempelmacher liefert. Die Fälschung 
eines solchen Stempels macht überhaupt keine 
Schwierigkeiten, so daß er seinen Zweck als ein 
einigermaßen schützender Bestätigungsstempel nicht 
erfüllen kann. Es wäre Sache der Künstlerverbände, 
ihre Mitglieder auf die Gefahren der Anilinstempel 
farbe und die Sinnlosigkeit der Verwendung einer 
Allerweltsstempelform einmal hinzuweisen, 
Mag der Dublettenstempel die mit dem Besitz 
vermerke einer öffentlichen Sammlung bereits abge 
stempelten Originale für den zivilen Besitzverkehr 
also mit einiger Berechtigung herrichten, so ist und 
bleibt doch ein „Dublettenstempel“ in der Hand 
eines Sammlers eine sinnlose Wichtigtuerei, die den 
Besitzer in den Augen des wirklichen Sammlers 
seiner Ernsthaftigkeit entkleidet. 
Eine Barbarei sondergleichen war auch eine eine 
Zeit lang geübte Händlermode, das Blatt mit dem 
Firmenstempel zu versehen. Als sich die Bibliophilen 
gegen den gleichen Unfug auf ihrem Sammelgebiete 
energisch zu Wehr setzten, verschwand auch auf dem 
Gebiete der Blattkunst bald diese Untugend. Ge 
blieben ist aber immer noch die Gedankenlosigkeit 
manches Verkäufers, mit der er Blätter, mitunter 
sogar auf der Bildseite, mit Preisnotizen, Künstler 
namen, Herkunftsnachweisen etc. versieht, ohne 
daran zu denken, daß damit die Integrität des Blattes 
vernichtet wird, selbst wenn er den weichsten Blei 
stift verwendet. Meistens bleiben beim Ausradieren 
trotzdem Kratzspuren zurück, ganz abgesehen davon, 
daß nicht jedes alte Papier ein Radieren verträgt. 
Die Literatur über Sammlermarken und ver 
wandte Bezeichnungen ist der Zahl nach bis heute erst 
sehr gering und dem Inhalte nach noch erst sehr un 
vollkommen. Lange Zeit hindurch war das heute sehr 
selten gewordene und längst vergriffene Werk von 
L, F a g a n : „Collectors Marks“, London 1883, das 
einzige Nachschlagebuch. Heute verwendet man F. 
L u g h t : „Les marques de collections de dessins et 
d'estampes“, Amsterdam 1921, das ebenfalls noch 
ganz empfindliche Mängel aufweist, aber dennoch 
gegen Fagan einen wesentlichen Fortschritt bedeutet. 
Fagan ist kaum mehr erhältlich; Lught mit 100 Gul 
den viel zu teuer, so daß der Durchschnittssammler 
fast überhaupt keine Literatur zur Verfügung hat. 
Für den deutschen Leser bringt H. L e p o r i n i 
in „Der Kupferstichsammler“ eine kleine Reihe der 
bekanntesten Sammlermarken in Abbildung, die er 
auch in seinem Sammlerbuche: „Die Künstlerzeich 
nung“ (ebenfalls „Bibliothek der Kunst- und Anti 
quitätensammler“) wiederholt. Sonstiges findet sich 
verteilt in aller möglichen Literatur vor und auch 
Nagler bringt einige Sammlersignets, Meders ausführ 
liches Werk über die „Handzeichnung“ (Wien 1919), 
gedenkt der Sammlermarke kaum, während es an 
anderen Stellen sehr mit Nebensächlichem belastet 
ist. Auch dem Handbuche für Kunstsammler von 
Graesse-Jaennicke wäre ein Anhang von Sammler 
signets bei seiner notwendigen und wünschenswerten 
Neuauflegung anzuraten. 
Die Literatur über die Sammlermarken ist also 
absolut ungenügend und steht in keinem Verhältnis 
zu der Bedeutung, die dem, Sammlersignet immerhin 
doch zukommen mag. Ich wiederhole daher heute 
meinen schon des öfteren gemachten Vorschlag, daß 
die Antiquariate und Auktionsfirmen die neueren 
und unbekannteren Sammlermarken in ihren Kata 
logen stets angeben möchten und event. auch die äl 
teren, die bisher noch nicht in Fagan und Lught er 
wähnt sind. Und zwar möglichst in Abbildung. Ohne 
viel Mehrarbeit schaffen sie so mit ihren Katalogen 
wichtige Quellenwerke für ein neues und komplette 
res Markenwerk, das eines Tages doch wird erschei 
nen müssen und das ihnen nicht zuletzt zugute kom 
men wird. 
Der Wiener JCunstmarkt im Jahre 133%. 
Ein hartes Jahr liegt hinter uns. Starke politische 
Erschütterungen haben die Aufwärtsbewegung, die 
in Oesterreich in glücklicher Weise von der Regie 
rung des auf so tragische Weise aus dem Leben ge 
schiedenen Bundeskanzlers Dr. Dollfuß initiiert 
wurde, unterbrochen und dem Handel und dem 
Fremdenverkehr tiefe Wunden geschlagen. 
In welcher Weise die unseligen Ereignisse auf 
dem Wiener Kunstmarkt sich ausgewirkt haben, 
darüber mögen sich die Inhaber zweier alter Wiener 
Kunstauktionshäuser äußern, die uns auf unsere 
Bitte folgendes mitteilen: 
Komm.-Rat Ferdinand Fischer. 
Der Kunsthandel in Oesterreich und speziell in 
Wien, wenn man überhaupt von einem solchen der 
zeit sprechen kann, ist vollständig lahmgelegt. Kon 
statiert muß leider werden, daß in jenen Kreisen, die 
als Käufer in Betracht kommen, einzig und allein die 
mangelnde Kaufkraft schuld ist, da die Kauflust in 
großem Maße vorhanden wäre, Diese Kauflust könnte 
mehr befriedigt und Kunstwerke, wenn, auch zu bil 
ligen Preisen, abgesetzt werden, wenn die Kunst 
auktionen in Wien nicht so behindert wären. Die 
hohen Abgaben und die sonstigen mit der Ab 
haltung von Auktionen verbundenen Lasten beein 
trächtigen die Veranstaltung von Auktionen genü 
gend, so daß die weiteren Erschwerungen die 
Durchführung von Auktionen fast unmöglich machen. 
Die Sonntagsschaustellungen wurden verboten, Auk 
tionen, mit Ausnahme der gerichtlichen und der Ver 
steigerung verfallener Pfandobjekte, wurden heuer 
im Dezember verboten und so geht es mit Verboten 
und Erschwerungen weiter. Die am Kunsthandel in 
teressierten Kreise sollten doch endlich einsehen und 
bedenken, daß die Auktionen die Kauflust wecken, 
das Geschäft beleben und daß die Auktionen den 
Antiquitäten- und Kunsthändlern indirekt und auch 
direkt die Kunden zuführen. 
Wenn in anderen Ländern, zu unserem Tröste 
sei es gesagt, für den Kunsthandel auch nicht rosige
	        
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