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INTERNATIONALE SAMMLER-ZEITUNG
Nr. 7/8
die Firma Ulrico H o e p 1 i aus der von ihr käuflich erwor
benen Parma-Bibliothek die seltensten, und schönsten
Stücke ausgestellt. Es handelt sich um die berühmte Bibliothek
der Herzoge von Parma auf Schloß iSchwarzau in (Niederöster-
reich, deren kleinerer Teil im Mailänder Palazzo Parma unter
gebracht war. ;In der Bibliothek befinden sich 76 Handschriften
aus dem 14. und 15. Jahrhundert, 81 Inkunabeln und 1132 litur
gische Drucke aus dem 16. und 19. Jahrhundert.
(Ein altdeutsches Jagdbuch,) Die Württembergi-
sche 'Landesbibliothek Stuttgart hat die 1880 auf
gefundene und erstmalig beschriebene, au® der reicösgräflich
Nostitzschen Bibliothek zu Lohns bei Jauer stammende
Handschrift von Mynsyngers Buch über die Falken,
Habichte, Pferde und Hunde, eines zwischen 1442 und
1480 für den Grafen LP 1 r i c h von Württemberg geschrie
benen Jagdbuches erworben, das somit in seine alte Heimat,
Schwaben, zurückgekehrt ist. Die Handschrift zählt 116 Blät
ter, hat viele große Initialen und einen wertvollen gotischen
Ledereinband, auch Exlibris und einen eigenhändigen Besitzver
merk des Grafen Nos'titz. Eine andere Handschrift dieses auf
das Tierbuch des Albertus Magnus zurückgehenden Werkes,
die 1863 durch Häßler in dem berühmten Sammelwerk „Bi
bliothek des literarischen Vereins zu Stuttgart" herausgege
ben wurde, ist heute verschollen. Von weiteren Handschriften
sind bisher keine bekanntgeworden.
(Die Bibliothek des heiligen Synod.) Mit Hilfe des Martin
Luther-Bundes wurden für das Kircheninstitut in Erlangen
weitere 43 Kisten mit theologischen Büchern aus der Bibliothek
des heiligen Synod in Leningrad bzw, Moskau erwor
ben. Es sind im ganzen über 4000 Nummern, unter denen sich
sehr wertvolle wissenschaftliche Werke in russischer Sprache
zum Studium der russischen Kirche befinden,
(Die Bibliothek der Gräfin Rafael Zichy.) Aus Buda
pest wird berichtet: In einem Zivilprozeß gegen die Gräiin
Rafael Zichy, den diese in erster Instanz verloren hatte, ließ
der Gegner eine Sicherstellungspfändung durchführen und nahm
in erster Reihe die Bibliothek der Gräfin, etwa 300 wertvolle
Bände, auf. Gegen diese Pfändung überreichte die Gräfin Ein
wendungen mit Berufung darauf, daß sie Schriftstellerin sei und
•niese Bücher zur Ausübung ihre® Berufes brauche. Das Be
zirksgericht hob auf Grund dieser Einwendung die Pfändung
auf. Infolge Appellation des Gegners verhandelte der Gerichts
hof diese Angelegenheit, Die Gräfin berief sich darauf, daß sie
Präsidentin einer ungarischen literarischen Gesellschaft sei, eine
Monatsschrift herausgebe und auch Werke aus dem Italieni
schen ins Ungarische übersetzt habe. Der Gerichtshof wies die
Einwendungen der Gräfin ab und hielt die .Pfändung aufrecht.
In den Urteilsgründen stellt der Gerichtshof fest, der Begriff
eines Schriftstellers müsse strikt ausgelegt werden. Die Gräfin
sei nicht als Berufsschriftstellerin zu betrachten und mit Rück
sicht auf ihre gesellschaftliche Stellung gebühren ihr die Be
günstigungen nicht, die in dem Exekutionsgeset'Z für Berufs
schriftsteller vorgesehen seien.
BILDER
(Van-Dyck-Fund in Hannover,) Der Maler Schlösser
ist, wie uns aus Hannover gemeldet wird, bei der Restaurie
rung von Bildern im Vaterländischen (Museum einem
Werk auf die Spur gekommen, das seiner Meinung nadh Van
Dyck 'zuzuschreiben ist. Das 'Bild stellt eine jugendliche
Frau in königlicher Haltung dar. In einer Inschrift wird die
Frau als „Henriette Stuart, dritte Tochter Karls I. von Groß
britannien, 'Gemahlin des Herzogs von Orleans" bezeichnet.
Nach Angabe Schlossers stieß er bei Entfernung der fremden
Ue'bermalung des Hintergrundes nicht nur auf den ursprüngli
chen Hintergrund, sondern auch auf der linken Bildseite
auf die -Signierung A. v. Dyck, Da nun diese Henriette
Stuart erst drei Jahre nach dem Tode Van Dycks geboren ist,
vermutet Schlösser, daß die Dargestellte nicht die Toch
ter, sondern die Gemahlin Karls I. ist.
HANDSCHRIFTEN.
(Unbekannte orientalische Handschriften.) Im Vorjahre
unternahm der bekannte Historiker der Mathematik und be
deutende Bibliophile Professor Dr. David Eugene Smith eine
Forschungsreise nach Persien, wo es ihm gelang, eine große
Anzahl seltener Handschriften nahorientalischer mathematischer
Autoren zu erwerben, Kürzlich hat er nun alle seine reichen
Schätze der Columbia-Universität in Kew -York
geschenkt. Unter den Handschriften befinden sich mehrere
frühe Uebertragungen des Archimedes, (Eukleides und anderer
griechischer Mathematiker ins Persische, eine Handschrift des
Omar Khayyam aus dem 14. Jahrhundert, sodann prächtig illu
minierte Manuskripte des iSaadi, (Hafis, (Nizami und Firdusj so
wie des Korans. Ferner spendete Professor Smith der Colum
bia-Universität seine reichhaltige Privatsammlung von Keil-
ischriftentafeln mathematisch-physikalischen Inhaltes,
(Ein antikes hebräisches Archiv aufgeiuhöen.) Eine außer
ordentliche archäologische Entdeckung wurde im alten L a -
c h i s c h, jetzt Tel Adduweri zwischen Bathseba und Gaza,
gemacht. Die von S t a r k y geführte englische Expedition fand
Altertümer aus der Zeit eines der Könige von Juda, Der inter
essanteste Fund ist ein Archiv hebräischer Inschrif
ten, das( einem 'Fürsten Judas gehörte, auf Porzellan graviert,
in antiker hebräischer Schrift, ein Datum vor der Zeit des
ersten Tempels tragend. Einen Teil des Archivs bildet die
Korrespondenz zwischen (dem Vizekönig von Lachisch und dem
König von Jerusalem.Namen von Israeliten der damaligen Zeit,
die in der Bibel Vorkommen, sind auch in den Tafeln genannt.
Die englischen Wissenschaftler bezeichnen den Fund als einen
der wertvollsten und wichtigsten, die je im Nahen Orient ge
macht wurden.
PHILATELIE
{Zwei Millionen Muttertags-Marken.) Die österreichische
'Postverwaltung hat, wie von uns schon gemeldet, für den heu
rigen Muttertag die Ausgabe einer Muttertags -Marke
beschlossen. Der Marke, die von (Hans Ranzoni entworfen
und in dunkelblauer Farbe gestochen ist, diente als Vorwurf
das Gemälde „Mutterliebe" von 'Danhauser. Sie wird in
einer einzigen Wertstufe, zu 24 g, in der Anzahl von zwei
Millionen Stück zur Ausgabe gelangen. (Die 'Erstausgabe
erfolgt am 1. Mai in der Muttertagsausstellung des Alt-Wiener
Bundes im Wiener Messepalast, wo auch ein eigener
Muttertags Stempel zur Verwendung gelangt. Ab 2. Mai
wird die iMuttertagsmarke auch in den Trafiken und übrigen
Verschleißsteilen ausgegeben.
(Aenderung der österreichischen 2-S-Brieimarke.) Die
österreichische |2-)S-Briefmarke der taufenden Briefmarkenreihe
mit den Trachtenbildern wird in einer etwas geänderten Aus
stattung aufgelegt. Die Aenderung betrifft lediglich das in der
rechten unteren Markenecke angebrachte Staatswappen, das
künftighin je sieben (bisher fünf) Schwungfedern zeigen wird.
Außerdem wird die Druckfarbe von 'Graugrün auf Blaugrüu
geändert. Die 2-S-Brieimarke der laufenden Briefmarkenreihe
mit Trachtenbildern der bishergen Ausstattung verbleibt bis auf
weiteres im Verkehr. Die vorhandenen Bestände werden auf
gebraucht.
(Die 'entwertete Einlviertelgroschenmarke von Mecklen
burg-Schwerin.) 'Der Privatier Karl Nebohay in Wien, ein
begeisterter Markensammler, hatte sich vor dem Döblinger
Stralrichter Dr, Rehm wegen Uebertretung des Betruges zu
verantworten, Nebohay war von einem Frankfurter Marken
haus die seltene Einviertelgroschenmarke von Mecklenburg-
Schwerin (1864) zum Preis von ,200 Mark offeriert worden,
welches Angebot er um so freudiger annahm, als die Marke
laut Michel-Katalog einen Wert von 600 Mark hat. Er über
wies- dem Haus sofort 100 Mark als Anzahlung, worauf ihm
dieses die Marke zusandte. Bei Ueberpriifung durch die E u P e
stellte aber Nebohay fest, daß die M.arke einen winzigen, mit
-freiem Auge nicht sichtbaren Nadelstich aufwies. Dadurch war
sie nach den geltenden Usancen nur mehr den zehnten Teil,
also höchstens 60 Mark wert, weshalb er das Frankfurter Haus
umgehend verständigte, daß er -nicht mehr gewillt sei, den
'Restbetrag von 100 (Mark zu überweisen und die Rücknahme
der Marke verlangte. Diese wurde ihm jedoch verweigert, und
als einige Zeit der Restbetrag in Frankfurt nicht einlangte, die
Betrugsanzeige erstattet, Nebohay ließ bei der Verhandlung
-eine Reihe prominenter Markenhändler als 'Zeugen dafür auf
marschieren, daß der Wert der (Marke unter den gegebenen
Umständen höchstens 60 (Mark sei, er daher bei der Firma noch
ein Guthaben von 40 Mark habe. Im übrigen sei seine Zahlungs
willigkeit in ganz Wien bekannt, und er habe als bekannter
Markensammler auch noch nie ein ausländisches Markenhaus
zu übervorteilen versucht, Nebohay wurde .freigespro
chen.
VERSCHIEDENES
(Regierungsrat Ritschel gestorben.) Der bekannte Wiener
Bilderrestaurator akademischer Maler .Regierungsrat Hermann
Ritschel ist gestorben. Er hatte als Restaurator alter Ge
mälde einen hervorragenden Namen, Wo es möglich war, zog
man den. anerkannten Fachmann zur Beratung heran; so war er
in ständiger Fühlung mit dem Bundesdenkmalamt, und überdies
widmete er einen großen Teil seines Wissens und seines Kön-