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INTERNATIONALE SAMMLER-ZEITUNG
Nr. 7/8
wegen der vielen Blätter von den besten Künstlern
bemerkenswert. Aber eine sonderbare Manie hatte
dieser Sammler: wo er auf ein von Gerard Edelinck
gestochenes Porträt des ehemaligen Staatskanzlers
Fürsten Kaunitz stieß, erstand er es, um es auf der
Stelle unter Zornesausbrüchen zu vernichten.
In die Zeit Josefs II. fällt die Errichtung der
Wiener Porzellanmanufaktur, die der erwachten
Sammellust eine neue Richtung gab. Wenige der
herrlichen Erzeugnisse dieser Manufaktur gingen hin
aus, die Wiener setzten einen Stolz darein, sie zu
erwerben und in den Vitrinen beizusetzen. Denn zum
Gebrauch waren sie unseren Altvorderen zu gut.
Uebrigens hat die Freude an Porzellangeräten nicht
bei der Wiener Manufaktur haltgemacht, man sam
melte nun auch gern böhmisches Porzellan. Für die
hochwertigen Erzeugnisse der berühmten Manufak
turen in Meißen, Sevres und Capo di Monte hatte
der Wiener Lokalpatriotismus nichts übrig, wie ja
auch die Bildersammlungen, die nach und nach ent
standen, keine Werke der internationalen Kunstgrö
ßen aufwiesen. Man begnügte sich mit den Werken
von Meytens, Einsle, Ranftl, Fendi, Waldmüller, die
ja freilich auch nicht von Pappe sind.
Aber gab es auch keine Rubens- und keine
Rembrandt-Sammler, Spezialsammler großen Stils
fehlten in der Folge nicht. Da ist vor allem Franz
Gräffer, der zuerst Autographen sammelte und seine
Kollektion später bei Artaria versteigern ließ, da ist
der Schriftsteller Ignaz Franz Castelli, der längst
■schon vergessen wäre, wenn er nicht eine grandiose
Dosensammlung hinterlassen hätte. Wurzbach er
zählt uns, daß Castelli eine Sammlung von Dosen —
1800 Stück — hatte, die nicht bloß als Kuriositäten
sammlung, sondern als ein Stück Wiener Kunstge
schichte seltenen Wert besaß. 300 Stück waren mit
Oelbildern von den großen Künstlern Wiens, wie
Waldmüller, Barbarini, De iPian, Wutky, Ranftl,
Krafft, Fischbach, Kobell, Dallinger, Fräulein v,
Koudella, Schwemminger, Gauermann, und von Aus
ländern, wie Cavello, Brioschi, Marco und anderen,
geschmückt. Außerdem besaß diese Sammlung andre
Kuriositäten, wie Molieres Tabaksdose, Dosen in
Steinglas, eine neue Erfindung eines böhmischen
Fabrikanten, und dergleichen.
Eine Blütezeit erlebte das Wiener Sammlertum
in der Biedermeierzeit. Man fand derartigen Gefallen
an Schränken, Tischchen und Vitrinen im Geschmack
des Onkels Biedermeier, daß man die „guten Stuben“
damit füllte, und da die Vitrinen nicht leer bleiben
konnten, begann man darauflos zu sammeln: Gläser
von Kothgasser, Mildner und Mohn, Zinngeräte,
Stickereien, Gratulationskarten von Endletzberger,
Dosen mit Alt-Wiener Ansichten von Wigand und’ so
weiter. Ein sehr beliebter Sammelsport waren die
Modekupfer, die Bäuerles „Theaterzeitung“ beigege
ben waren.
Als Spezialsammler erlangte einen gewissen Ruf
der Margaretner Gastwirt Franz Haydinger, der eine
einzigartige Sammlung von auf Wien bezüglichen
Büchern und Dokumenten anlegte. In seiner Samm
lung, die Josef Schöffel eingehend beschrieb, fanden
sich auch die alten und neuen Volksbücher, darunter
die Simplicissimus-Literatur in unvergleichlicher
Vollständigkeit, die Hexen- und Zaubererliteratur,
Theaterstücke älterer und neuerer Zeit mit beson
derer Berücksichtigung des Wiener Theaters, Diebs
und Gaunerliteratur, Todesurtel und so weiter.
Ende der Dreißigerjahre zählte man in Wien an
56 Bildergalerien, dazu gab es noch eine Reihe von
kunstgewerblichen Sammlungen. In der Folge nahm
die Zahl der Sammler ab, dafür hatten aber ihre
Schätze dank ihrer Qualitäten einen gewichtigen
Rang.
JCupferstiche aus der Sammlung J^ürst Oettingen-Wallerstein.
Aus Leipzig wird uns geschrieben:
Ein umfängliches R-e.m brandtwerk, eine
Serie kostbarer Blätter von Dürer, seltene Blätter
aus allen Gebieten des frühen Kupferstiches und eine
Zusammenstellung feiner englischer und französi
scher, meist farbiger, Kupferstiche des 18. Jahrhun
derts, kommen in der Mai-Auktion von C. G.Boer-
n e r zur Vensteigerung. Sie stammen aus der Fürst
lich 0 e 11 i n g e n-W a 11 e r s t e i nsehen Kupfer
stich-Sammlung in .Maihing en, ein berühmter
alter Kunstbesitz.
Die Entstehung der Sammlung reicht weit zu
rück. Der erste Kupferstichsammler des Fürstlich
Oettingschen Hauses war Wolf gang IV., der be
reits jl708 gestorben ist. Ein Neffe von ihm, der mit
einer Gräfin von Fugger verheiratet war und im
Anfang des 18. Jahrhunderts lebte, setzte die Sam
meltätigkeit erfolgreich fort. Alle seine Vorgänger
übertroffen hat aber der geistvolle Fürst Kraft
Ernst, der in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhun
derts regierte und dem die Sammlung ihren großen
Schatz an englischen und französischen farbigen
Kupferstichen verdankt. Hauptlieferanten von ihm
waren Artaria und Fontaine in Mannheim,
Zuletzt wurden die Kunstschätze im Schloß Maihin
gen bei Nördlichen vereinigt.
Heule, wo das Angebot guter Qualitäten auf dem
Kupferstichmarkt in aller Welt stark zurückgegan
gen ist, bedeutet die Boerner'sche Versteigerung ein
Ereignis, was allenthalben regste Beachtung finden
wird. Der Auktionskatalog, der anfangs Mai er
scheint, bietet eine Fülle allerbester Blätter der
Hauptmeister der alten Graphik, besonders im R e m-
brandtwerk und bei Dürer.
Von Dürer gibt es eine Kupferstich-Passion
von ursprünglicher Zusammengehörigkeit mit gleich
mäßigen, 1 cm breiten Rändern, einen herrlichen
verlorenen Sohn mit Rand und prachtvolle Exem
plare der drei Hauptblätter Ritter, Tod und Teufel,
Melancholie und Hieronymus in der Zelle. Unter den
Holzschnitten sind von ersten Qualitäten zu nennen:
Die Madonna mit den vielen Engeln, der Hieronymus
in der Zelle, die heilige Sippe. Im Rembrandt-
w e r k, einer Sammlung, wie sie bei Boerner seit
längerer Zeit nicht angeboten worden ist, finden sich
als große und kostbarste Hauptstücke Christus pre
digend, das große Ecce homo in die Quere, die drei
Bäume, die drei Hütten, ein Lutrna im ersten Platten
zustand und ein ganz jherrliches Exemplar des zwei
ten Zustandes dieses schönen Porträts auf Japan mit
tiefer malerischer Tonwirkung. Aber das ganze Rem-
brandtwerk ist von schöner Qualität alter Drucke
und noch manches kostbare und seltene Blatt wäre