Internationale
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Zentralblatt für Sammler, Liebhaber und Kunstfreunde
Herausgeber: Norbert Ehrlich
27. Jahrgang Wien, Zweite Mai-Nummer 1935 Nr. 9
Die üfiai-Auktionen bei Sraupe.
Aus Berlin wird uns berichte!:
Am 3. und 4. Mai brachte Paul Graupe den
zweiten (letzten) Teil der Bestände der Berliner
trirmen Galerie van Diemen & Co. und Alt-
k u n s t, Antiquitäten G. m. b. H. zur Versteigerung,
Die Seltenheit und Qualität der angebotenen
Objekte hatten viele Käufer, insbesondere aber
Kommissionäre nach Berlin gelockt. Van Diemen
brachte Gemälde auf den Markf, die in wirtschaft
lich ruhigen Zeiten wohl nicht so leicht zu ersietgern
gewesen wären, wie u. a. drei bedeutende Werke
von Rubens: Die Prinzessin Spinola, eines der
tiefsten Werke des Künstlers und der Porträtma
lern überhaupt, ferner das Gemälde der Marquise
Imperiali mit F.nkelin aus der Sammlung V. D.
Heydt (Berlin), und das Bild „Romulus erscheint
dem Julius Proculus“, die 63.000 bzw. 25.500 und
5700 Mark erreichten.
Im allgemeinen zogen die Gemälde das stärk
ste Interesse auf sich, aber die Preise, die sie er
zielten, waren erheblichen Schwankungen unter
worfen. Niederländische Meister, wie Gerard Ter-
borch, Jacob van Ruisdael, Joris van der Hagen
wurden verhältnismäßig hoch bezahlt, so die Musik
szene von Terborch 3400 Mark, die „Landschaft mit
Kornfeld“ von Ruisdael 10.000 und die „Ansicht von
Amersfoort“ von Joris van der Hagen 1200 Mark.
F.in etwas unausgeglichenes Bild Rembrandis, das
Porträt eines alten Mannes in orientalischer Tracht
(Bildnis des Vaters?) wurde mil 16.000 Mark weit
unter dem Schätzungspreise verkauft. Es war un
möglich, aus den Preisen einen mehr oder weniger
festen Maßsfab zu gewinnen und Ueberraschungen
blieben nicht aus. So wurde zum Beispiel das „Be
gräbnis des heiligen Laurentius“ vom Kölner Meister
der Ursula-Legende erstaunlich billig, mit 1600 M,
ersteigert.
Unter den italienischen Meistern wurden auf
fallend stark die Florentiner, wie Ghirlandaio, Se
bastiane Meinardi und Jacopo di Sellaio bevorzugt.
So zahlte man für das „Bildnis eines Humanisten“
von Ghirlandaio (Kat.-Nr. 30) 3800 M, für Mainardis
„Madonna mit Kind“ (Kat.-Nr. 52) 10.000 und für
Sellaios Bild „Madonna das Kind anbetend“ 1120
und für dessen „Speisung der Fünftausend“ 6000
Mark. Wider Erwarten wurde für Tizians Jüng-
lingsporträt (Kat.-Nr. 100) nur die Hälfte des veran
schlagten Preises, also nur 10.500 Mark, gezahlt,
obwohl diese Jugendarbeit, unter Giorgiones Ein
fluß, ein selten schönes Werk aus der Frühzeit des
Meisters ist; „Das Bildnis Morosini“ von Tizian
(Kat.-Nr. 101) mußte sogar zurückgezogen werden.
Das gleiche Schicksal hatte auch das Porträt des
Aloisius Vendramin von T i n t o r e 11 o (Kat.-Nr.
98), dessen „Madonna mit Kind und Johanneskna
ben", von Bode als „frühes, treffliches, dem Tizian
noch nahestehendes, sehr gut erhaltenes Werk“ be
zeichnet, unter der normalen Preislage, mit 4600 M,
erhandelt wurde.
Für die „Lucrezia“ von Lueas C r a n a c h dem
Aelteren aus der Zeit um 1540, erzielte man einen
angemessenen Preis, 8200 Mark, ebenso für Anton
van Dycks einwandfrei erhaltenen „Apostelkopf“,
nämlich 4200 Mark. Die deutschen Maler des 18.
Jahrhunderts, wie J. H. Tischbein d. Ae. und
Anton ü r a f f fanden zu außergewöhnlich niederen
Preisen Absatz: das Doppelbildnis von Friedrich
von Eyben und seiner Gemahlin (Kat.-Nr. 99) ging
mit 680, Graffs Porträt der Charlotte von Schön
burg, geborenen Gräfin von Hovm (Kat.-Nr. 34) mit
1150 Mark weg.
Wenig stark war die Nachfrage nach Skulp
turen, wenn auch die Nürnberger Flolzarbeiten
des 15. Jahrhunderts Liebhaber fanden. Die Büste
eines Mitgliedes der Familie Colonna aus der Werk
statt B e r n i n i s (Kat.-Nr. 126) erreichte mit 960 M
nur ein Drittel der Schätzung. Von den sonstigen
Skulpturen notierten:
110 Weiblicher Torso, Hellenistisch, 2. bis 1. J. v. Chr. . 1600
111 Thronende Madonna mit Kind, Frankreich, 13. J. . . 120
112 Johannes, Italien, 13. J. 2300
116 Der (hl. Wolfgang, Tirol um 1500 780
119 Heilige, Süddeutschland um 1550 130
120 Ein Paar iLeuchterengel, Venedig, 16. J 210
121 Ein Paar desgl 100
122 Hl. Antonius, Süddeutschland, 16. J 170
124 [Grablegung nach Raffael, Italien um 1600 260
127 Cruzifixu®, Bayern um 4700 130
131 Hirschkopf, Schriftfeld mit Jahreszahl 1674 260
132 Hirschkopf mit Jahreszahl 1694 100
133 Hirschkopf mit Jahreszahl 1790 100
134 Hir,sclhkopf mit Jahreszahl 1797 100
G o 1 d d o s e n, Miniaturen und Uhren
fanden zu beträchtlichen Preisen Abnehmer, wie