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Zentralblatt für Sammler, Liebhaber und Kunstfreunde 
Herausgeber: Norbert Ehrlich 
2S. Jahrgang 1. März 1937 Nr. 1 
Künstlerrecht und Sammterrechf. 
Von I)r. Leo Munk, Rechtsanwalt, Wien. 
Unter diesem Titel veröffentlichte ich in der 
Nummer der ,,Internationalen Sammler Zeitung“ vom 
15. November 1932 einen Artikel, der sich auf den 
damals vom Bundesministerium für Justiz vorgeleg 
ten Entwurf eines Gesetzes über das Urheberrecht 
bezog, soweit der Entwurf die Interessen des Be 
sitzers eines Kunstwerkes berührte. Es handelte sich 
erstens um den „Urheberanteil“, zweitens um die 
,,Pflichten des Besitzers von Werkstücken“. Jener 
Entwurf wurde nicht Gesetz. Nunmehr hat aber der 
Bundestag ein neues Urheberrechtsgesetz beschlos 
sen, welches am 9. April v. J. kundgemacht worden 
ist und am 1. Juli in Kraft getreten ist. Das Gesetz 
erscheint gegenüber dem genannten Entwurf wesent 
lich geändert. Es soll nun erläutert werden, inwieweit 
die meinerseits im Jahre 1932 kritisierten Bestim 
mungen künftighin Geltung haben werden. 
Der zuerst genannte ..Urheberanteil“ wollte (nach 
dem Vorbild des französischen (Droit de suite“) 
dem Schöpfer eines Werkes der bildenden Künste 
unter gewissen Umständen den Anspruch auf einen 
bestimmten Teil des Entgeltes einräumen, der bei der 
Weiterveräußerung erzielt würde. Ich führte diesfalls 
aus, daß eine solche Norm dem Sammler moderner 
Werke recht unangenehm werden könnte. Das neue 
Gesetz hat eine solche Bestimmung nicht aufgenom 
men, so daß eine Veräußerung seitens des Besitzers 
auch weiterhin nicht mit einer derartigen Belastung 
verbunden sein wird. 
Dagegen hat das Gesetz die ,,Pflichten des Be 
sitzers eines Werkstückes“ tatsächlich statuiert. Es 
handelt sich um folgendes: Nach wie vor ist aller- i 
dings der Eigentümer eines Werkstückes (eines Ge 
mäldes oder einer Plastik) nicht verpflichtet, es zur 
Ausübung der dem Urheber zustehenden Rechte her 
auszugeben. Das Gesetz sichert aber dem Urheber den 
Zugang zu einem in fremdem Besitze befindlichen 
Stücke seines Werkes. Gegenüber jenem Entwurf ent 
hält das Gesetz allerdings eine kleine Einschränkung. 
Während früher in Aussicht genommen war, daß der 
Besitzer eines* Werkstückes dieses dem Urheber 
zugänglich zu machen habe, soweit es notwendig ist 
zur Herstellung von Vervielfältigungen „oder Bear 
beitungen“, wird dieses Recht des Urhebers im Ge 
setz auf die Vervielfältigung beschränkt. Freilich ist 
diese Einschränkung kaum bedeutungsvoll. 
Von äußerster Wichtigkeit wird nun sein, was 
die Praxis als „notwendig“ ansehen werde. Es sei 
sogleich bemerkt, daß das Gesetz anders als der 
alte Entwurf — anordnet, es habe der Urheber die 
Interessen des Besitzers entsprechend zu berück 
sichtigen. Viel bedeutet allerdings diese Einschrän 
kung nicht. Nach den erläuternden Bemerkungen, 
welche die Bundesregierung der Vorlage bei gegeben 
hatte, soll sich z. B. der Urheber einen entsprechen 
den Aufschub der Erfüllung seines Begehrens ge 
fallen lassen müssen, wenn der Besitzer des Werk 
stückes, das sich in der versperrten Wohnung bc 
findet, gerade verreist ist. Das ist aber wohl selbst 
verständlich. Wichtiger mag der Passus jener Er 
läuterungen sein, es solle dem Urheber die Verwer 
tungsmöglichkeit geboten werden, „wenn ihm kein 
anderes Stück des Gemäldes zur Verfügung steht“. 
Es wird deshalb alles darauf ankommen, was man 
unter „notwendig“ zu verstehen habe. Der Begriff 
ist kein juristischer; es kommt also auf den Sprach 
gebrauch an. Hiebei ist aber auch der Zusammenhang: 
zwischen „Notwendigkeit“ und „Vervielfältigen-kön- 
nen“ zu beachten. Hat der Urheber Anspruch dar 
auf, etwa das Gemälde im Salon des Besitzers bis in 
die kleinsten Details kopieren zu können? Meines Er : 
achtens kann dieses Recht nicht so weit gehen; die 
Ansprüche des Malers sind genügend gewahrt, wenn 
er Gelegenheit hat, sich eine Skizze anzufertigen. Oder 
man denke an eine Plastik. Man wird dem Besitzer 
derselben nicht zumuten können, in seiner Wohnung 
das Behauen und Bearbeiten eines Marmorblocks zu 
gestatten; der Plastiker hat es wohl nur „notwendig“, 
| in Gips oder Plastilin die Vervielfältigung so vorzu 
bereiten, daß er deren Fertigstellung in seinem eige 
nen Atelier vornehmen könne. 
Unklar ist auch die Beantwortung der Frage, 
wem jenes Recht zusteht. Die erörterten Bestimmun 
gen sprechen vom Urheber. Urheber eines Werkes 
ist, wer es geschaffen hat. Das Gesetz sagt aber auch, 
daß der Ausdruck „Urheber“, wenn sich nicht aus 
dem Flinweis auf die eben genannte Bestimmung das 
Gegenteil ergibt, außer dem Schöpfer des Werkes 
auch die Person umfaßt, auf die das Urheberrecht 
nach seinem Tode übergegangen ist. Gelten also die 
Pflichten des Besitzers auch gegenüber dem Sohne 
desjenigen, der das Werk geschaffen hat, weil der 
Erbe des Urhebers gleichfalls Maler ist? Der Worts 
laut des Gesetzes erregt jedenfalls Zweifel. Der Sinn
	        
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