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Hummer 14 
Internationale Sammler-Zeit an g. 
Seite 213 
sinnbildlicht hat. Gine eingehende Besprechung behalte ich 
mir für das geplante Bildwerk der Arbeiten Stammeis oar, 
Wie schon oben bemerkt rourde, schenkte 1763 Abt 
IKatthäus ein Vesperbild (mater dolorosa) oom „berühmten 
Stämel“ zu Prozessianszroecken nach Wildalpen. Ich hatte 
nach nicht Gelegenheit, diese Arbeit zu sehen. Das letzte 
datierte und mit dem ITlonogramm Stammeis oersehene 
Werk ist eine Geburt Christi, jetzt an der ITtensa des Altars 
der Betchorkapelle in Admont angebracht, Rach der Rlit- 
teilung des frater Sylnester Sulzinger sollen oier solcher 
Reliefs oorhanden geroesen sein, eines daoon stellte die 
Hochzeit zu Kana dar. Drei daoon sind seit 1865 oer 
schollen, sie mögen entweder bei dem Brande zugrunde 
gegangen oder oerschleppt morden sein, Auch das noch 
erhaltene mar in Stücke zerbrochen. Cs trägt die Jahres 
zahl 1764 und zeigt eine bedenkliche Abnahme der Phan 
tasie, der Technik und des künstlerischen Geschmacks, der 
Künstler mag damals schon ein Siebziger geroesen sein, 
ln Crmangelung jedes urkundlichen Anhaltspunktes über 
seine Geburt und Herkunft, Jugend und Tehrzeit liebte man 
es, Stammei als einen andern Giotto sein künstlerisches 
Talent beim Hüten des Weideoiehes im Rachbilden der 
Tiere offenbaren zu lassen. Ich glaube nicht daran. Bei 
der Krippe ist der Ochs die schwächste Ceistung und bei 
dem lefjten Werke ist die Rachbildung dieses Tieres so 
fehlerhaft, dafj ich mir nicht denken kann, dal) der einstige 
Hirt mit einer solchen Karrikatur zufrieden geroesen roäre. 
Das Urkundenmaterial über den Ramen Stämel oder Stammei 
in den Taufregistern der Grazer Stadtpfarre, oon R. Pein 
lich gefunden und oon Wichner und mir gelegentlich oer- 
roertet, spricht, so lückenhaft es ist, doch so sehr gegen 
dieses Histörchen, dal) auch Wichner 111 gesteht, roenn 
Peinlichs funde mit unserem Bildhauer zusammenhingen, 
dann würde die Tradition auf schwachen füljen stehen. 
Roch sind einige Werke anzuführen, die chronologisch 
nicht bestimmbar sind, roie eine kleine Tafel mit Hliniatur- 
schnit^erei in der Prälatur, eine polychromierte Beroeinung 
Christi in der Paramentenkammer, die Porträtstatue des 
Zwerges Oswald Cibegger (f 1752), einige Statuen in der 
Kirche Alt-Ötting bei Ober-Wölz, die ich noch nicht kenne, 
und oon denen J. Graus die St. Agatha im „Kirchen 
schmuck“ abgebildet bringt. Die oon Wichner als mut- 
maljlich oon Stammei herrührenden Jagdszenen im Archio 
scheinen mir nicht stammelisch zu sein, dagegen sah ich 
bei P. Crnst Corber oier polychromierte, humoristische 
Statuettchen, die Jahreszeiten, in denen oier „Gaggen“ 17 
abkonterfeit sind, die gar wohl einer munteren Caune 
Stammeis entsprossen sein können. 
Auch einer gut erhaltenen Zeichnung zu einem Kreuz 
altar will ich noch gedenken. Ich mul) es dem Zufall 
überlassen, diesen Altar oielleicht irgendwo zu finden. 
Die Zeichnung ist als solche interessant: was oon Rissen 
und entwürfen seiner Hand erhalten ist, läfjt ihn als einen 
flotten Zeichner erkennen. Cine eingehende und oerglei 
chende stilistische und technische Charakteristik des steier 
märkischen Künstlers wird erst an der Hand guter Ab- 
lfl Admont und die Kunst, 5. 87 flnm. 
17 Kretin 
bildungen seiner Werke am Platte sein. Dann wird man 
auch den Reichtum seiner Phantasie und das echt Künst 
lerische seines Schaffens erkennen. Stammei ist Drama 
tiker: auf seinen szenischen Darstellungen ist die Aufmerk 
samkeit aller figuren stets auf den dargestellten Vorgang 
und auf die Hauptperson gerichtet, bei der Kreuzigung 
auf den Heiland, bei der Geburt Christi auf das Kindlein; 
die Personen sind nicht akademisch für den Beschauer in 
entsprechende Stellung gebracht, sondern sie leben und 
handeln für sich in ihrer Welt. Die Blicke der Personen 
streifen nicht aneinander oorbei, sondern begegnen sich 
wirklich: jede Bitte, Klage, Bewunderung und freude findet 
ihren beredten Ausdruck im Gesichte, in der Körperhal 
tung und Bewegung der Hände und das leidenschaftliche 
in Schmerz und Hafj ist mit Kraft zum Ausdruck gebracht. 
Rlan erzählt folgende Anekdote oon dem Künstler: Stam 
mei bemühte sich bei der llladellierung eines weinenden 
Cngels für den Kreuzaltar der Stiftskirche, der 1865 ein 
Raub der flammen rourde, lange oergeblich, dem modell- 
sitzenden Knaben ein recht betrübtes Gesicht abzugeroirnen; 
endlich rif) ihm der Geduldfaden und er oersetzte dem 
Buben eine derbe Ohrfeige. Da habe der Knabe furchtbar 
geheult, der JTleister aber entzückt das Gesicht des Cngel- 
chens modelliert. 
Cr roäre aber kein echter Sohn seiner Zeit, roenn 
er nicht auch eine gewisse freude an der Technik und 
ihren Wirkungen, an barocken Cffekten und Rebendingen 
erkennen liefze, ja hie und da gerät in den früheren Werken 
der Gefühlsausdruck seiner figuren etwas ins Theatralische. 
Cinen eigenen Reiz üben mehrere seiner Werke durch 
den Humor auf den Beschauer aus, mit dem er zuweilen 
eine Gruppe zu beleben weil). U 7 elch ein köstlicher Cin- 
fall ist es, das ewig streitende Brüderpaar im Konoente, 
Amand und Willibald Grifjenböck, mit Anspielung an den 
Ramen durch stützende Böcke zu oerewigen. Cs waren 
oielleicht nur harmlose Zänkereien der Brüder, die dem 
Künstler den Anlafj gaben. Cs liefze sich denken, dal) die 
Brüder ein sonderlich Vertrauen zu dem Kleister hatten, 
der ob seiner drolligen Cinfälle als ein wunderlicher Kauz 
galt, und eifrige Besucher seines Ateliers waren; leicht 
möglich, dal) der eine, wenn sie gestritten hatten, zu 
Kleister Stammei eilte, ihm zu klagen, und der andere in 
kurzer Zeit danach gleichfalls dahin seine Zuflucht nahm 
und Stammei dann den Vermittler machte. 
Cin geniales Stück oon Shakespearschem Humor ist 
der in der linken Ccke des Reliefs in der Sakristei kauernde 
und oor Vergnügen grinsende Hirte, einer der seligen 
Armen im Geiste, deren man damals mehr in Admont 
finden konnte als heutzutage. 
Die Anatomiediener auf dem Unioersum, welche die 
Cingeroeide wegtrugen, sollen gar ergötzlich geroesen sein. 
Der Künstler habe durch die roegroendende Haltung und 
die Grimasse des Gesichtes die Beleidigung ihrer Geruchs 
organe sehr humorooll zum Ausdrucke gebracht, mit 
unter läljt Stammet auch in ernste Szenen schalkhaft 
Heiteres hineinspielen, was ihm namentlich Wichner übel 
nahm; so macht er den Pilatus (Kreuzwegrelief in Kall- 
roang) zum Ritter des goldenen Vlieijes und auch die Sym 
bole der sieben Todsünden sind zum Teil humoristisch. 
Deueruuerbungen der Berliner königlichen ffluseen. 
Das soeben erschienene Juli-Heft der Amtlichen Berichte aus 
den königlichen Kunstsammlungen bringt einige bemerkensmerte 
ITlitteilungen: 
Zunächst einen Bericht über die Aufstellung der italienischen 
Abgüsse im 6rdgeschof3 des Kaiser-^riedrich-Illuseums. Wer 
sich bisher noch nicht durch eigene Anschauung überzeugt hat, 
mit roie glücklichem Crfclg die an diese Aufstellung geknüpften 
Aufgaben gelöst morden sind, roird sich hoffentlich durch den uor- 
liegenden Bericht dazu ermuntern lassen. Keinem feinfühligen Be 
schauer oon Kunstwerken roird das Grauen unbekannt sein, das
	        
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