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INTERNATIONALE SAMMLER-ZEITUNG 
Nr. 19 
Seite 214 
Chronik. 
1 BIBLIOPHILIE. 
(Die ausgeraubte Bibliothek von Bergamo.) Aus B c r - 
gamo wird uns gemeldet: Durch ungetreue oder unvorsichtige 
Angestellte war die Stadtbibliothek von Bergamo und eine an- 
gesehlossene Klosterbihliothek wertvoller Bücher und Inkuna 
beln verlustig geworden, deren Wert sich auf mehr als 500.000 
Lire belief. Obwohl es sich um zahlreiche Einzelbände han 
delte, die in die verschiedensten Hände gelangt waren, war die' 
Polizei in der Lage, fast alle Bücher wieder auf zutreiben. Die 
unberechtigten Bücherentnahmeu wurden Ende August aufge 
deckt, als drei deutsche Benediktiner zu Studienzwecken ein 
wertvolles Werk aus der geistlichen Bibliothek verlangten. Der 
Bischof selbst, der das Buch erst vor kurzem an die Bibliothek 
abgegeben hatte, verwies sie an den Pater Konservator der 
Bibliothek, das Buch war aber nicht vorhanden. Die Unter 
suchung ergab, daß noch zahlreiche andere unersetzliche an- 
tike Werke, sowie Handschriften und Inkunabeln fehlten. Einer 
der Bibliotheksdiener Josef Manzoni wurde überführt, daß 
er die Schlüssel dem 32jährigen Josef Dossena überlassen 
hatte, der unter dem Vorwand, Abschriften und Nachzeichnun 
gen von Bildern vorzunelimen, zahlreiche wertvolle Bände ge 
stohlen und weiterverkauft hatte. Seine Abnehmer verkauften 
die Bücher wieder weiter, und diese gingen, für immer höhere 
Summen in das Eigentum von Privaten und Buchhändlern in ver 
schiedene Städte Italiens. Die Polizei hatte da eine labyrinth- 
artige Spur der wertvollen Einzelbände zu verfolgen, es glückte 
jedoch, fast alle Bücher, soweit sie in italienischen Händen 
geblieben waren, aufzutreiben und an ihren Ursprungsort zu 
rückzuleiten. 
BILDER. 
(Ein Raffaelfund in Budapest?) Aus Budapest wird uns 
gemeldet: Der pensionierte Lehrer Josef Lakas fand auf dem 
Dachboden eines Hauses ein altes Bild, das aus einem Familien- 
besitz stammt. Nacli der Meinung von Sachverständigen han 
delt es sich um einen Raffael, der die Befreiung des hi. 
Petrus aus dem Gefängnis darstellt. Die Gestalt des Heiligen 
auf dem ungefähr 1 Meter hohen und 90 Zentimeter breiten 
Bilde hat sehr große Aehnlichkeit mit dem berühmten St. Ge 
orgsbilde Raffaels. 
(Der Maier der Kaiser und Könige.) In London starb 
im Alter von 68 Jahren der Maler Philip de Las/Io, der in 
unserer Zeit eine ähnliche Rolle spielte, wie Winterhalter zur 
Zeit Napoleons III. Laszlo war der Maler der großen Gesell 
schaft und vor allem seiner Fürstlichkeiten. Er hat Kaiser Franz 
Josef, Kaiser Wilhelm 11., den deutschen Kronprinzen und die 
Kronprinzessin, Eduard VII. und seine Gattin, den Papst Leo 
XIII... die Könige von Bulgarien und Griechenland und viele 
andere gemalt. Die Zahl seiner Bilder beläuft sich auf 2000. 
Protz dieser riesenhaften Produktion ist es ihm aber gelungen, 
ejn gewisses Niveau zu halten, so daß seine Porträts auch' 
heute noch sehr gesucht. sind. Laszlo war gebürtiger Ungar. 
Er wanderte nach England aus und wurde dort naturalisiert. 
Gleichwohl wurde er im Kriege interniert. 1912 wurde Laszlo, 
der der Sohn eines Budapester Schneiders war, vom Kaiser 
Franz Josef in den erblichen Adelsstand erhoben. 
(„Andenken“ an den Weltkrieg.) In Pr e rau wird eine Bil 
deraffäre besprochen, die in die Zeit des Weltkrieges zurück 
reicht. Der Bruder des dortigen Fabrikanten B a r t a k Slavomir 
hatte damals aus einem italienischen Schloß 21 Gemälde heini 
gebracht, die er mit ihm teilte. Die Gemälde wurden auf dein 
Dachboden des Hauses des Fabrikanten untergebracht. Nun 
beauftragte Slavomir Bartak den Artisten Porti, die Bilder vom 
Dachboden seines Bruders zu holen. Porti tat dies, brachte aber 
die Bilder nicht zum Auftraggeber, sondern zu einem Händler, 
der sie ihm abkaufte. Von diesem Handel erfuhr die Gendar 
merie, die die Bilder beschlagnahmte und dann von Experten 
untersuchen ließ. Dabei stellte sich heraus, daß es sich um 
Werke des 14. und 16. Jahrhunderts handle, die mindestens 
500.000 Kc. wert sind. Die Prager italienische Gesandtschaft 
hat nunmehr Schritte unternommen, um eine Rückstellung der 
Gemälde an Italien zu erzielen. 
NUMISMATIK. 
(Staatsarchivdirektor Hofrat Dr. Moeser.) Am 29. Novem 
ber beging in Innsbruck der Staatsarchivdirektor i. R. Hof 
rat Dr. Karl Moeser, ein hervorragender Numismatiker, 
seinen 60. Geburtstag. Moeser hat die verschiedenen Münzstät 
ten und Geldsorten des Landes in Publikationen behandelt. Erst 
kürzlich ist ein Band seiner Lebensarbeit über das Münzwesen 
Tirols erschienen. 
(Riesengebirgs-Talisman.) Die staatliche Münze der Tsche 
choslowakei in Kremnitz hat einen Riesengebirgs-Talisman 
, Rübezahl“ nach dem Entwurf des aus dem Riesengebirge 
stammenden Bildhauers Holjrnan n geprägt. Der Talisman 
wird für Skifahrer ausgegeben. 
PHILATELIE. 
(Ausgabe der „Aerzte“-WohItätigkeitsserie und der Glück 
wunschmarken.) Wie gemeldet, gelangen in Oesterreich im 
Dezember als Wohltätigkeitsmarken eine „Ae rzte-Serie" 
und einige Tage später „O I ti c k w uns c h in arke n" zur 
Ausgabe. Die Aerzte-Serie umfaßt neun Werte und wird mit 
doppeltem Zuschlag für wohltätige Zwecke um 5.26 S erhältlich 
sein, während die ülückwunschmarken, die zur Frankierung 
von Glückwunschkarten oder üratulationsschreiben dienen sol 
len, ohne Zuschlag zu 12 und 24 Groschen verkauft werden 
sollen. Die Aerzte-Serie wird bei der Eröffnung des 
auch heuer wieder als philatelistische Propagandaausstellung 
zur Durchführung gelangenden „T a g d e r Briefmark e“ — 
am 5. Dezember — zu haben sein, die Glückwunschmar 
ken am letzten 'lag dieser Veranstaltung, am 12. Dezember. 
Während die Wohltätigkeitsmarken in einer Auflage von lum- 
dertfiinfzigtausend Sätzen ausgegeben werden, sollen die Gliick- 
wunschmarken in weit größerer Auflage, je nach Publikums- 
interesse und Nachfrage, zum Verkauf gelangen. Die Aerzte- 
Serie ist nach den Entwürfen des Professors D achauer 
ausgeführt, von dem auch die Bilder der Gliickwunschmar- 
ken stammen. Infolge der übergroßen Anzahl berühmter öster 
reichischer Aerzte, die man kaum in einer einzigen Serie hätte 
darstellen können, wird die Aerzte-Serie nur Bildnisse sol 
cher berühmter Mediziner zeigen, die vor der Jahrhundertwende 
gelebt und gewirkt haben. Es gelangen folgende Werte zur Aus 
gabe: 5-J-5 Groschen: Gerhard Freiherr von Swieten, Re 
organisator der Wiener Medizinischen Schule!, 8 j- 8 Groschen: 
Leopold Auenbrugger von A u e n b r u g g, Begründer der 
Perkussion, 12 -U 12 Groschen: Karl Freiherr von Rokitan 
sky, berühmter Anatom, 20 20 Groschen: Josef Skoda, 
Begründer der physikalischen Diagnostik, 24 -j- 24 Groschen: 
Ferdinand Ritter v. H e b r a, Reformator der Dermatologie, 30 
-) 30 Groschen: Ferdinand Ritter v. A r 11, Stifter einer welt 
berühmten Okkulistenschule, 40 f 40 Groschen: Josef Hy rtl, 
berühmter Anatom, 60 -|- 60 Groschen: Theodor B i (I r o t h, 
Meister der Chirurgie,' 64 j- 64 Groschen: Theodor Meyner t, 
berühmter Psychiater. Die Markenbilder der G I ii c k w unsc h- 
marken, für die ein künstlerisch besonders gelungener Ent 
wurf vorlag, zeigen eine Vase mit Blumen und zu beiden Seiten 
die Zeichen des Tierkreises. 
(24 Millionen Masaryk-Trauermarken verkauft.) im Budget 
ausschuß des tschechoslowakischen Abgeordnetenhauses teilte 
der Postminister T u c n y mit, daß die Emission von Masaryk- 
Trauermarken zu 50 Heller und 2 Kc. einem unerwartet großen 
Interesse begegnet sei. Während der Staatstrauer seien 2 4 
Millionen dieser Marken verkauft worden. 
(Neue tschechoslowakische Sondermarken.) Man berichtet 
uns aus Prag: Die Postverwaltung bereitet Sondermarken 
zur zehnten Sokoltagung in Prag vor. Die erste Ausgabe wird 
den Winterspielen gewidmet sein, die vom 6. bis 13. Februar 
in der Hohen Tatra stattfinden. Die Marken, die beschränkte 
Geltungsdauer haben werden, werden in drei Werten erschei 
nen, und zwar: 50 Heller grün, 1 Kr. rot und 1 Kr. 20 h in 
einer Farbe, über die noch keine Entscheidung getroffen 
wurde. Eine zweite Ausgabe wird anläßlich der eigentlichen 
Sokoltagung erscheinen. 
(Eine Kuttenberg-Marke.) Am 4. Dezember wird in der 
Tschechoslowakei eine neue Marke im Werte von 1.60 Kc. aus- 
gegeben werden. Die Marke, die die Barbarakirche in Kut 
tenberg, das bedeutendste Werk der böhmischen Spätgotik 
(1388 von Peter Parier begonnen, 1565 vollendet) zeigen wird, 
wird am ersten Tage in Kuttenberg zum Verkauf gelangen, 
wo die Eröffnung der vom 4. bis 6. Dezember angesetzten 
philateiistischen Ausstellung stattfindet. Ab 6. Dezember wird 
diese Marke auch in den übrigen Gebieten der Tschecho 
slowakei zu haben sein. 
VERSCHIEDENES. 
(Hofrat Dr. Reichel, ein Sechziger.) Hofrat Dr. Anton 
Reich ei, der verdienstvolle Direktorstellvertreter der Alber 
tina, hat am 20. November sein 60. Lebensjahr vollendet. Er 
ist 1877 als Sohn eines Apothekers, der einer alten Grazer 
Bürgerfamilie angehörte, geboren und sollte nach Absolvierung 
seiner Gymnasialstudien wie sein Vater Apotheker werden. Nach 
zweijähriger pharmazeutischer Praxis hat er auch die Tirozinial- 
prüfung abgelegt. Nun aber wandte er sich, seiner Neigung 
folgend, dem Studium der Archäologie und Kunstgeschichte 
an der Grazer Universität zu. Nach der 1905 erfolgten Pro 
motion hat er noch seine Studien in Berlin bei Professor 
Kekule und Wölfflin erweitert und hielt sich dann ein Jahr lang
	        
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