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Volltext: Industrie der Stein-, Thon- und Glaswaaren, Wiener Weltausstellung Heft 10

402 Gruppe IX. Industrie der Stein-, Tlion- u. Glaswaaren. 
namentlich in ihr hätte sich einer der grössten Reize der Weltausstel 
lung — das Nebeneinanderstehen der nationalen Elemente ergeben. 
Freilich ist nichts thätiger und wirksamer eben diesen nationalen Cha 
rakter zu zerstören, alle Eigenthümlichkeiten über die ganze Welt zu 
verbreiten, also aufzuheben und glattzutreten, als eben diese Aus 
stellungen. Am schmerzlichsten konnten wir dies in der japanischen 
Ausstellung bemerken, denn wir sahen ausser der national japanischen 
Waare bereits ganz correcte Nachahmungen englischer Fabrikate, und 
auf unsere Bemerkung, dass man dadurch sein Bestes, was den Lieb 
haber anlocke, daran gäbe, wurde uns erwidert, dass nicht die Lieb 
haber den Markt machten; — wolle man fabriciren und in den Welt 
handel eintreten, so lnüsse man das bieten, was das grosse Publicum zu 
kaufen gewohnt sei, nicht pikante Curiositäten, die sich bald abnutzten, 
sondern Tafel- und Theeservice, wie sie in Staffordshire zu Tausenden 
fabricirt würden. Dass die das Nationale vorzugsweise heranffördernde 
Hausindustrie der Töpferwaaren so mangelhaft vertreten war, ist zu 
bedauern, nicht etwa nur aus wissenschaftlichem ethnographischen 
Interesse — auch dem mercantil interessirten Fabrikanten würden die 
dadurch ertheilten Fingerzeige, die ihm gesagt hätten, was das Land 
erzeuge, was es liebt und was es bedarf, sehr erwünscht und wohl auch 
gewinnbringend gewesen sein. 
Mehr als auf irgend einer früheren Ausstellung sahen wir Fabri 
kate, die wir historische und ethnographische nennen möchten; Nach 
ahmungen von Stücken, wie sie vor Jahrhunderten gemacht worden, 
mit allen ihren guten und schlechten Eigenthümlichkeiten, ihren Schön 
heiten und Fehlern, und namentlich mit ihren Uebertreibungen, oder 
solche, wie sie in entfernten Gegenden früher oder jetzt producirt wur 
den. Man muss diesem Beginnen nur seinen vollen Beifall zollen und 
darin eine treffliche Schule für die eigene Erfindungskraft und 
Geschmacksbildung erkennen, allein man darf dabei nicht stehen blei 
ben. Ist es gelungen, das Alte oder Fremde treu nachzuahmen, sich 
in dem dazu nöthigen Verfahren volle Freiheit erworben zu haben, 
dann ist es genug mit der Erzeugung von Sonderbarkeiten, die wie 
manche Palissy-Repräsentanten arge Geschmacksverirrungen sind. Es 
ist durch das Alte zum Neuen vorzuschreiten; unsere technischen Kennt 
nisse , unser Geschmack, unsere Bedürfnisse sind zu Rath zu ziehen, 
und was diese lehren durch Neues, unserer Zeit Würdiges dem gros 
sen Publicum willkommen, dienlich und käuflich zu machen. 
Die Betrachtung der grossen Fülle von Gegenständen, welche 
äusserlich schon durch Stoff, Form und Decoration in hohem Grade 
interessant war, war es oft noch mehr durch die über die Fabrikations 
weise gepflogenen Besprechungen mit den Fabrikanten; und der Ver 
such, das Gesehene und Erfahrene auch für weitere Kreise anregend
	            		
Gruppe IX. Industrie der Stein-, Thon- u. Glaswaaren. 403 und nutzbringend zu machen, schien uns eine Pflicht, der wir durch diesen Bericht nachzukommen hoffen. Wer es weiss, wie aus einem glücklich aufgegriflfenen Worte eine grosse Industrie erwachsen kann, wird die Länge und manche Details unseres Berichtes entschuldigen. Mögen die Fabrikanten die gegebenen Winke aufgreifen und wei ter ausbilden. Wir haben nicht angestanden auch mancher kleinen Industriellen Erwähnung zu thun, theils um sie anzufeuern, theils um ihre Adresse weiter zu verbreiten. 2(5*
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