MAK
rjfER SACRUM. 
Studie von 
Hans Tichy. 
KUNSTKRITIK. 
Von Wilhelm 
Sehölermann. 
E ine Abhandlung über Kunstkritik in einer von Künst 
lern herausgegebenen Zeitschrift? Das scheint para 
dox, denn Künstler müssen durch Werke, nicht durch 
Worte überzeugen und „an ihren Früchten“ sollt ihr sie 
erkennen. „Bilde, Künstler, rede nicht“ ist freilich ein Ge 
meinplatz, aber er enthält dennoch die wahrste aller Wahr 
heiten über den Künstlerberuf. 
Wozu also noch kritisch philosophieren ? Vom heuti 
gen Standpunkte freierer Kunstanschauung erscheinen uns 
alle theoretischen Phrasen über „das Schöne“ wie eine 
Sammlung unfreiwilliger Komik. Als charakteristisches 
Merkmal ästhetisierender Epochen künstlerisch impotenter 
Schöngeisterei, verdienen solche blutleere Abstractionen 
höchstens des abschreckenden Beispiels halber der Ver 
gessenheit entrissen zu werden. Die Zeiten sind dahin, in 
denen die Kritiker sich noch ob ihrer Unfehlbarkeit beneiden 
liessen, so dass nicht bloss ihnen, sondern auch den Künst 
lern vor ihrer Gottähnlichkeit bange ward! Die alte Kritik 
hat längst vor der neuen Kunst Bankerott gemacht und 
mit dem Herrgottspielen der Kritiker ist es aus. 
Mit der alten Methode kommen wir also heute nicht 
mehr durch; wir müssen es anders anfangen. Aber wie ? 
Wenn wir die Berechtigung einer modernen Kunst 
kritik unter ganz neuen Voraussetzungen zugeben, so treten 
drei Fragen an uns heran: 
An wen richtet sie sich ? 
Wer soll sie schreiben? 
Was ist ihre höchste Aufgabe ? 
Beginnen wir mit der ersten: An wen richtet sie sich ? 
An die Künstler ? Ich glaube: nein. 
Es ist ein alter Irrthum, zu glauben, dass der Kri 
tiker dem Künstler zu sagen habe, „wie er es machen solle“. 
Das ist seine Sache. Ein wirklicher Künstler, der aus einem 
inneren Zwang heraus schafft, wird durch ein paar gedruck 
te Zeilen schwerlich beeinflusst werden. Dazu ist sein Wesen 
zu tief begründet — oder sollte es wenigstens sein. 
Wer persönlich mit Künstlern verkehrt und Einblicke 
in ihr Schaffen gewinnt, wird mir Recht geben. 
Gewiss mögen auch vereinzelte Fälle Vorkommen, 
wo eine einsichtsvolle und Verständnis für seine Indi 
vidualität offenbarende Kritik einen Künstler rechtzeitig 
von Irrwegen abbringen kann, die er im schöpferischen 
Drange selbst nicht wahrnimmt, aber vielleicht erkennt, 
wenn ihm der Kritiker entgegentritt wie ein aufrichtiger, 
theilnehmender Freund. Wenn man Gelegenheit hat, den 
Künstler aus seiner Umgebung heraus zu beurtheilen, in 
den Geist seiner Werkstatt ein dringen und seine Arbeiten 
unter seiner Anleitung studieren kann, wenn Mensch zum 
Menschen unter vier Augen spricht, so geben sich die Tem 
peramente natürlicher als durch öffentliche Richtersprüche, 
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