Bild ist Besitz. Darum sind Kin
der so reich.
Ihr Reichthum ist freilich rohes
Gold, nicht übliche Münze. Und er
scheint immer mehr an Werth ein-
zubüssen, je mehr Macht die Er
ziehung gewinnt, die die ersten
unwillkürlichen und ganz indivi
duellen Eindrücke durch überkom
mene und historisch entwickelte
Begriffe ersetzt und die Dinge, der
Tradition gemäss, zu werthvollen
und unbedeutenden, erstrebenswer-
then und gleichgiltigen stempelt.
Das ist die Zeit der Entscheidung.
Entweder es bleibt jene Fülle der
Bilder unberührt hinter dem Ein
drängen der neuen Erkenntnisse,
oder die alte Liebe versinkt wie
eine sterbende Stadt in dem Aschen
regen dieser unerwarteten Vulcane.
Entweder das Neue wird der Wall,
der ein Stück Kindsein umschirmt,
oder es wird die Fluth, die es
rücksichtlos vernichtet. D. h. das
Kind wird entweder älter und ver
ständiger im bürgerlichen Sinn, als
Keim eines brauchbaren Staatsbür
gers, es tritt in den Orden SEINER
Zeit ein und empfängt ihre Weihen,
oder es reift einfach ruhig weiter
von tiefinnen, aus seinem eigensten
Kindsein heraus, und das bedeutet,
es wird Mensch im Geiste ALLER
Zeiten: Künstler.
In diesen Tiefen und nicht in
den Tagen und Erfahrungen der
Schule verbreiten sich die Wurzeln
des wahren Künstlerthums. Sie
wohnen in dieser wärmeren Erde,
in der niegestörten Stille dunkler
Entwicklungen, die nichts wissen
von dem Maass der Zeit. Möglich,
dass andere Stämme, die aus der
Erziehung, aus dem kühleren, von
den Veränderungen der Oberfläche
beeinflussten Boden ihre Kräfte he
ben, höher in den Himmel wachsen
als so ein tiefgründiger Künstler
baum. Dieser streckt nicht seine
vergänglichen Aeste, durch welche
die Herbste und Frühlinge ziehen,
zu Gott, dem Ewigfremden, hin;
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